Augsburger Allgemeine (Land West)
Er ist gerne ein Missionar
Den evangelischen Pfarrer Alan Büching haben seine sieben Jahre in Papua-Neuguinea bis heute geprägt. Er probiert in der Kirchengemeinde Diedorf gerne neue Ideen aus. Warum der 55-Jährige an seine Grenzen stößt
Der Diedorfer Pfarrer Alan Büching probiert gerne neue Wege aus, um Menschen in die Kirche zu locken. Er kann unter dem Begriff „Missionar“nichts Negatives verstehen. Woher diese Einstellung kommt, und welche Rolle die Musik für ihn spielt, lesen Sie auf
Diedorf Sieben Jahre seines Lebens haben den evangelischen Pfarrer Alan Büching geprägt: Im Auftrag der Kirche lebte und arbeitete er in Papua-Neuguinea. Die Zeit in dem fremden und so anderen Land hat seine Werte verändert und seinen Antrieb verstärkt, andere Menschen für den Glauben zu begeistern. Die Rolle eines Missionars wird von den Bewohnern der Insel im Pazifik nicht negativ gesehen. Büching hat die Aufgabe als Ehre empfunden und bezeichnet sich bis heute als einen „missionarischen Menschen“. Für diese Aufgabe nutzt der Diedorfer Pfarrer gerne die Musik und neue Gottesdienstformen.
Seit vier Jahren ist Alan Büching Pfarrer für die Gemeinde DiedorfFischach. Vorher wirkte er elf Jahre lang in Königsbrunn. Die Augen des 55-Jährigen fangen an zu leuchten, wenn er von der Zeit davor erzählt: Mit 33 Jahren ging er in den Neunzigerjahren für die evangelisch-lutherische Kirche nach Papua-Neuguinea. Er besuchte und unterstützte Menschen, bildete als Dozent an einem Seminar Diakone aus.
Doch sein Engagement ging über das Theologische hinaus. Büching baute im Dschungel als Entwicklungshelfer Schulen mit auf. Er setzte sich gegen eine rücksichtlose Rodung des Regenwalds ein. Seine Frau Edith, Krankenschwester von Beruf, half Menschen bei Infektionen weiter.
Als Tochter Lea geboren wurde, beschloss das Paar, nach Deutschland zurückzukehren. Doch die Umstellung war hart. „Das erste Jahr war die Hölle“, erinnert sich Büching. Die Werte in seinem Heimatland waren nicht mehr die seinen. „Hier geht es ums Geld, Perfektion, jeder schaut nur auf sich“, so sein Eindruck. Ihm selbst seien viele dieser Dinge nicht mehr so wichtig. So legt Büching wenig Wert auf eine perfekte Buchführung, dafür sind ihm Beziehungen zu Menschen wichtig. Er versuche, so viel wie möglich zu delegieren, sieht sich nicht als „Chef“in der Kirchengemeinde. Die große Zahl an Ehrenamtlichen erleichtere ihm diese Haltung, betont er.
Der Zusammenhalt und die Menschlichkeit in Papua-Neuguinea trotz vieler widriger Umstände haben den Pfarrer nachhaltig beeindruckt. Büching sagt mit einem Stück Wehmut in der Stimme: „Wir waren dort sehr, sehr glücklich.“Bis heute hat seine Familie enge Bande nach Papua-Neuguinea. Zu Büchings Freude wünscht sich seine Tochter nach dem Abitur eine Reise in das Land, in dem sie ihre ersten Lebensjahre verbracht hat. Mit Freunden, die ebenfalls in dem Land gelebt haben, wird Familie Büching daher im Sommer für gut drei Wochen dorthin auf Reise gehen.
Die Koffer werden in Diedorf gepackt, wo der Pfarrer mit Ehefrau und seinen zwei Töchtern lebt und sich sehr wohlfühlt. Von der Leben- digkeit der evangelischen Gemeinde ist er begeistert. Der Pfarrer freut sich, dass in die Immanuelkirche ungewöhnlich viele junge Menschen kommen. Vor allem die Gottesdienste, die auf moderne Art gestaltet werden, seien „knallvoll“. Einmal im Monat findet sonntags ein sogenannter „Die-Go“-Gottesdienst statt mit Anspiel, Projektionen auf eine Leinwand und Musikgruppen. Vorbereitet wird alles in Teams. Zweimal im Monat findet aber auch ein traditionell gestalteter Gottesdienst mit Orgelmusik in der Immanuelkirche statt.
Dass dort oft die Musik spielt, ist in Büchings Sinne. Das Musizieren gehört zu seinem Leben. Parallel zum Theologiestudium hatte er am Konservatorium ein Gaststipendium. Mit Studenten hat er in PapuaNeuguinea Bands gegründet und Musikclips aufgenommen. „Ich bin immer so ein Netzwerker“, sagt er schmunzelnd. Auch heute spielt er in mehreren Bands, im Königsbrunner Kammerorchester oder in der Pfarrerband Querton.
Die Geige ist das wichtigste Instrument für ihn. Er setzt sie in Musikund Filmproduktionen ein. So kann man Büching und sein Instrument in einem Spot hören, mit dem ein bekannter Münchner Kaffeeröster die neuesten Geschmacksrichtungen seiner bunten Kaffeekapseln bewirbt. Eingespielt hat Büching die für David Hüger im Studio in Hammel. Der 27-Jährige komponiert Musik für Werbespots, er schreibt und arrangiert Songs für andere Künstler. Aktuell macht er die Musik für das neue virtuelle Museum von Reinhold Messner und hat dafür Büching mit seiner Geige engagiert.
Musik hat für den 55-Jährigen neben dem Spaß eine spirituelle Komponente. „Das ist für mich Gottesbegegnung.“In Zeiten von Stress hilft ihm das Spielen eines Instruments. Stress kennt Büching seit zwei Jahren zur Genüge. Er betreut nicht nur die evangelische Gemeinde Diedorf-Fischach mit rund 2500 Gläubigen, sondern macht zusätzlich die Vertretung der vakanten Pfarrstelle in Zusmarshausen. Zu der Kirchengemeinde gehören etwa 3000 Protestanten und die vier Gemeinden in Zusmarshausen, Dinkelscherben, Adelsried und Welden. Erschwerend kommt hinzu, dass die zweite Pfarrstelle in Diedorf seit Längerem unbesetzt ist.
Büching hofft, dass sich für die Stelle in Zusmarshausen bald jemand bewirbt. Problem sei der Nachwuchsmangel für Pfarrer in der evangelischen Kirche. Büching: „Es gibt immer mehr freie Stellen.“Er selbst komme mit der Doppelbelastung, die er seit zwei Jahren hat, an seine Grenzen, sagt Büching offen. „Ich kann das auf diese Weise nicht mehr lange machen.“Zu den rund 50 Wochenstunden in Diedorf kämen noch zehn bis 15 Stunden für die Gemeinde Zusmarshausen obendrauf. Sowohl Büching selbst als auch Vertreter der evangelischen Gemeinde Diedorf hätten inzwischen einen Brief an den Dekan Stefan Blumtritt geschrieben. Vereinbart sei, dass er bis Ostern die Vertretung in Zusmarshausen mache, berichtet Büching. Sollte sich bald ein Nachfolger finden, wäre er auch bereit, die Aushilfe für eine Übergangszeit zu verlängern.
Um etwas zur Ruhe zu kommen, hat er sich Anfang des Jahres eine Woche ins Haus der Stille der Diakonissen in Neuendettelsau zurückGeigenstücke
gezogen. Kein Terminkalender, kein Handy. Was wünscht sich Büching für dieses Jahr außer ein Ende der Doppelbelastung mit zwei Gemeinden? Der Pfarrer würde gerne öfters Jubilare oder seine rund 200 ehrenamtlichen Mitarbeiter besuchen. Büching träumt auch davon, wieder Zeit für seine Idee der „wandernden Kirche“zu haben. Mit einem Team und Instrumenten würde er gerne wieder durch kleine Orte ziehen und zum Beispiel in einem Wirtshaus oder einem Fest eine Andacht machen. Zu den Leuten zu gehen, sie zu begeistern und nicht nur zu warten, dass sie in die Kirche kommen, gefällt ihm. Sie passe zur Arbeit eines Missionars.