Augsburger Allgemeine (Land West)
Budapest auf neuen Wegen
Mit einem Tuk-Tuk sieht man Seiten der Hauptstadt, die einem sonst vielleicht verborgen bleiben würden. Eine Tour durch viele schmale Gässchen – aber nicht nur
Auf dem Gellértberg kommt das Tuk-Tuk dann doch etwas ins Schnaufen. Mit einiger Anstrengung schiebt es sich und seine Fracht dem höchsten Punkt des sich am Westufer der Donau steil erhebenden Berges entgegen. Während die anderen Touristen die letzten Meter zu Fuß erklimmen müssen, ist mit dem Tuk-Tuk die Fahrt bis ganz nach oben erlaubt. An der Zitadelle angekommen, bietet sich ein atemberaubender Ausblick. Ganz Budapest liegt einem zu Füßen.
„Beeindruckend, stimmt’s?!“, sagt Bertalam Torok grinsend. Mehrmals die Woche bringt er Touristen mit seinem knallroten Piaggio-Roller hier hinauf und die Reaktionen seien immer die gleichen: „Wow!“Die Donaubrücken, die Technische und Wirtschaftswissenschaftliche Universität, der Burgpalast, die Donaupromenade, das Hotel Gellért mit dem Gellértbad – wer sich einen ersten Überblick über die Stadt verschaffen will, hat hier oben die beste Gelegenheit. Nur noch die Freiheitsstatue thront noch höher.
Dann heißt es wieder einsteigen. Die Fahrt geht weiter – bei schönem Wetter gerne oben ohne. Mit zwei Handgriffen hat Bertalam das Verdeck des Tuk-Tuks geöffnet. Gekonnt schiebt er das dreirädrige Piaggio an den sich so gut wie immer stauenden Autos in der Innenstadt vorbei, biegt ab in Gässchen und zeigt den Gästen Budapest weitab der Touristenströme. „More bohemian“, nennt es Bertalam, „unkonventioneller“.
Budapest hat in den vergangenen Jahren eine rasante Entwicklung hingelegt. Vom verstaubten Kommunimus-Image ist nicht mehr viel übrig. Heute präsentiert es sich jung, modern und durchaus westlich. Deswegen ist es nur logisch, dass es Alternativen gibt zur typischen Donauschifffahrt mit großen Ausflugsdampfern. Wer es spritziger will, mietet sich ein Speedboot und brettert – falls gewünscht – mit durchaus ordentlicher Geschwindigkeit die Donau entlang. Der Genießerfaktor mag dabei vielleicht etwas auf der Strecke bleiben, aber man sieht mehr in kurzer Zeit und: Es macht Spaß.
An lauen Sommerabenden wird das Donauufer zur Partymeile. DJs stellen ihre Mischpulte auf und die Menschen genießen in Liegestühlen und mit Cocktails in der Hand die fantastisch beleuchtete Skyline des Budaer Burgviertels oder das markante Parlament, um das sich die Innenstadt gruppiert. Das typisch deftige ungarische Essen muss man in der Landeshauptstadt suchen. Erfrischend anders, leicht und kreativ kommen die Gerichte daher, die in den Szene-Restaurants im Zentrum angeboten werden. Gulaschsuppe findet man zwar auch hier und da auf einer Karte, aber die Budapester wollen sich nicht darauf beschränken lassen lassen.
Die Ungarn sind ein stolzes Volk, das unter den Besatzungen der vergangenen Jahrhunderte gelitten hat, erzählt Bertalam den Gästen in seinem Tuk-Tuk. Daher rührt wohl auch der starke Nationalstolz. Dennoch sind die Überbleibsel aus jenen Zeiten noch überall zu sehen. Die Ungarn haben sie übernommen, haben sie Teil ihrer Identität werden lassen. In vielen Straßen findet man altehrwürdige Kaffeehäuser, Relikte aus der Zeit der K.- u. -k.-Monarchie. Viele der Heilbäder Budapests wurden von den Türken erbaut. Heute sind sie Wahrzeichen der Stadt. Die berühmte Fischerbastei
Die Weltmeisterin hat einen sehenswerten Reitpark
erinnert an die einstige Wehranlage der Fischer aus dem Mittelalter, und im Jüdisches Viertel vereint sich ein Jahrtausend wechselvoller Geschichte zwischen Zuwanderung, Ausgrenzung, Blüte, Holocaust und dem Wunsch der Menschen nach einem normalen Leben.
Wer eine typische ungarische Tradition erleben will, der muss die Hauptstadt verlassen. Eine knappe Stunde außerhalb, im Herzen des Domonytals, liegt der Reitpark Lázár. Gegründet wurde er von Vilmos und Zoltán Lázár, vielfachen Weltmeistern im Gespannfahren. Mehrmals täglich präsentieren die „Csikos“ihre Reiterschau. Die Ungarn, die Magyaren, waren ein Reitervolk. Deswegen gehören Pferde und Rinder zu Ungarn wie Fleisch in die Gulaschsuppe. Einheimische wie Touristen kommen gerne in den Lázár-Reitpark, um in dem malerischen Tal mit seinen Stauseen zu entspannen und zu genießen. Über neun Hektar erstrecken sich Weiden und Unterstände für 95 Pferde und ein Dutzend ungarischer Rinder, ein Streichelzoo und drei Restaurants.
Wem das noch nicht genug Kultur ist, der kann auf dem Rückweg in Schloss Gödöllö einbremsen. Es ist eines der größten barocken Schlösser Ungarns. In der Zeit der österreichisch-ungarischen Monarchie diente das Schloss Königin Elisabeth als Erholungsort. Sisi liebte die Ruhe dort und das weitläufige Gelände rund um das Schloss, weit ab von höfischen Verpflichtungen.