Augsburger Allgemeine (Land West)
So aufregend kann Digitalisierung sein
Test Fahrmaschine und Rechenmaschine in einem: Der 5er BMW zeigt, wohin die Reise geht. Warum sogar der Diesel zu dieser Zukunft passt
Schon mit dem Schlüssel des 5er BMW können sich Technikfreaks minutenlang beschäftigen – wobei man dazu sagen muss, dass es sich um einen Schlüssel handelt. Eher erinnert das futuristische Teil von der Größe einer Kinderhand an ein kleines Smartphone. Das Farbdisplay auf dem „Schlüssel“lässt sich gleichfalls entsperren; per Wischbewegung werden die einzelnen Funktionen durchgeschaltet.
So kann der 5er-Besitzer aus der Ferne nachschauen, ob alle Fenster geschlossen sind oder wie lange der Sprit im Tank noch reicht. Selbst die Klimaanlage kann er damit bequem programmieren. Natürlich funktioniert das heutzutage alles auch per Smartphone-App. Aber ein Schlüssel mit Bildschirm hat den doppelten Coolness-Faktor.
Das Teil ist nur ein Detail, aber es zeigt, wohin die Reise geht in der automobilen Business-Klasse: eindeutig in Richtung Digitalisierung. Wie dieses Ziel umgesetzt wird, darin unterscheiden sich die PremiumHersteller durchaus. Mercedes zum Beispiel setzt im Cockpit der auf ein Skateboard-großes Widescreen-Display, das sich über das halbe Armaturenbrett ausdehnt. Es vereint nahezu alle Funktionen und Informationen auf sich. BMW wiederum baut ein alleinstehendes Display auf den Instrumententräger und garniert den Fahrer-Arbeitsplatz tendenziell mit mehr Tasten, Ecken und Kanten. Das eine wirkt ruhiger und edler, das andere sportlicher und anregender – was wieder- der DNA des 5ers entspricht, sieht er sich doch als das Fahrer-Auto im Segment. Hier will man einfach alles aktiv anfassen, ausprobieren, selbst in die Hand nehmen.
Dabei ist die Fahrarbeit, unspektakuläre Strecken natürlich vorausgesetzt, noch am ehesten zu vernachlässigen. Mit Abstands-Tempomat und Lenkassistent bleibt der BMW so stoisch in der richtigen Spur, dass der Pilot sich darauf beE-Klasse schränken kann, seine Anwesenheit zu signalisieren: Er legt eine Hand ans Lenkrad – und das war’s.
So bleibt Zeit, sich dem üppigen Infotainment-Angebot hinzugeben. Das beginnt bei der herausragenden Surround-Anlage von Harman Kardon (die übrigens mit Gesten gesteuert werden kann) und ist mit der Erkundung der zahlreichen OnlineServices noch nicht zu Ende. Die nahezu unerschöpfliche Funktionsum vielfalt alleine verdient schon Respekt, aber dass die Bedienung so intuitiv und selbstverständlich von der Hand geht, ist das wahre Verdienst der Entwickler. Features vom Wetterbericht bis zur WellnessMassage sind in kürzester Zeit ausfindig gemacht, ebenso schnell führt der Weg zurück ins klare StandardMenü. Highlight der großen „Made-in-Bavaria“-Multimedia-Show: das Einparken beziehungsweise Einparkenlassen. Ob Vogelperspektive, 360-Grad-Draufsicht oder der Blick auf Front- und Heckstoßfänger – das System beamt immer die richtige Ansicht automatisch auf das Display und hilft dem Fahrer, das 4,94 Meter lange Gefährt auf den Zentimeter genau zu rangieren.
Die Rundum-sorglos-Ausstattung (unglaubliche 55 Extras umfasste die Liste des 80800 Euro teuren Testwagens!) verführt den Fahrer dazu, sich mit der Rolle des Passagiers zufriedenzugeben. Was ein Fehler wäre. Denn selbst mit dem Basis-Diesel legt das Schiff einen souveränen Auftritt hin, lässt sich äußerst direkt dirigieren und gewinnt gefühlt die Querbeschleunigungs-Wertung seiner Klasse.
Diesel, Sie haben richtig gelesen. Und der passt nicht nur perfekt zum Auto, sondern durchaus in die Zeit. Keine fünf Liter Normverbrauch, gute acht in der Praxis – was sollte daran falsch sein? Solange das Automobil nicht komplett neu erfunden worden ist, steht ein so voll digitaler, geräumiger, dynamischer und sogar ökologisch vertretbarer Wagen wie der BMW 520 d Touring jedenfalls mehr für die Zukunft als für die Vergangenheit.