Augsburger Allgemeine (Land West)
Schöner schwitzen mit Meerblick
Strandsaunen an der Nordsee
Der nackte ältere Herr trägt nur Sonnenbrille, Kappe, Golduhr und ein nettes Lächeln – in der Schlange an der Café-Kasse der Strandsauna Borkum völlig normal. Sonnenanbeter neben Saunafreunden, FKK-Urlauber neben Strandspaziergängern. Und über allem: Meeresbrise. „Wir kommen seit 35 Jahren nach Borkum – und in die Sauna hier auch schon jahrelang. Es ist schön, in der freien Natur zu sein, von der Sauna direkt ans Meer laufen zu können“, erzählt Paul Schulze, 69. Dieses Erlebnis kostet einigen Aufwand. „Die Strandsauna wird jedes Jahr um den 15. September ab- und zum 1. Mai wieder aufgebaut“, berichtet Dino Tetzlaff, 40, Lebensgefährte der Inhaberin. Wellness im Container, sozusagen. „Entworfen und umgesetzt hat das mein Schwiegervater vor 27 Jahren“, berichtet Tetzlaff. Mit Erfolg. Zuerst geht es durch ein Fußbad, damit der Sand draußen bleibt. Die weiße Tür links: Umkleide. Ein Außenbereich mit Duschen und Liegen, eine Ruhezone innen, Decken zum Einkuscheln. Rechts geht es zur eigentlichen Sauna, 80 Grad hat sie, Aufguss zu jeder vollen Stunde. Dino erscheint in der Saunatür, mit Orange-Menthol-Aufguss. So muss Urlaub riechen. Zum Meer laufen wollen gleich alle, auch wenn es ein gutes Stück weit ist. „Das macht es ja aus, im Kontrast zu den Wellnesstempeln“, sagt Saunagast Joachim Eickhoff, 54. „Bei steifer Brise, bei richtig Wind, kriegste noch ein Naturpeeling gratis dazu“, fügt der charmante, grauhaarige Holzbank-Nachbar an.
Atempause mit Hochseeklima
Heute ist eher Flipflop-Wetter. Am Strand vor der Wasserkante steht ein Pfahl mit Holzhaken für die Handtücher. Salzwasser prickelt auf der Haut. Dazu feinsandiger Strand, sanft geschwungene Dünen und das scheinbar endlose Meer. Die anwesende Saunagemeinde schwört auf Borkum, die Nordseeinsel mit Hochseeklima. Doch die Atempause vom Alltag gibt es natürlich nicht nur auf Borkum. Auch Niedersachsens Festlandküste etwa hat eine Strandsauna, in Hooksiel am Jadebusen. Mitten auf dem Strand steht ein umgebauter Zirkuswagen mit freiem Blick aufs Meer. Bei Flut lockt nach der Sauna die Abkühlung im wohl größten Tauchbecken der Welt – der Nordsee. Einen gesonderten Ruhewagen gibt es ebenfalls. Norderney, sagen die BorkumFans, sei nicht so entspannend. Wegen einer „Bar voller Ballermanntouris“direkt an der Strandsauna. Die Stammgäste der Thalasso-Insel Norderney, mitten im Unesco-Welterbe Wattenmeer, dürften das anders sehen. Jedenfalls erfreut sich auch die Strandsauna der ostfriesischen Insel großer Beliebtheit. „Oase“heißt der feine, weiße Strand mit FKK-Abschnitt, an dem in jedem Frühjahr ein kuscheliges, kleines Saunadorf entsteht. Auf Sylt findet der Urlauber ebenfalls etliche Strandsaunen. Eine erreicht man nach einem kurzen Weg durch die Dünen am Campingplatz Rantum. Auch am Weststrand wartet eine Strandsauna. Und nur einen Spaziergang entfernt liegt die nächste: Samoa am gleichnamigen Strandabschnitt, einem FKK-Strand. Drei weitere Wellness-Oasen gibt es in Hörnum, Kampen und Listland. Wer am Strand schwitzen und danach gleich in die Fluten steigen will, findet an der Nordsee also jede Menge Angebote.