Augsburger Allgemeine (Land West)

Gestohlene Dachauer KZ Tür entdeckt

Ermittlung­en Das Eingangsto­r zum Konzentrat­ionslager war zwei Jahre verschwund­en. Jetzt ist es in Norwegen aufgetauch­t. Doch es wird noch dauern, bis es an seinen Platz zurückkehr­t

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Dachau

Sie suchten mit Hubschraub­ern. Sie verglichen Gen-Spuren in ganz Europa. Sie waren in der Sendung Aktenzeich­en XY. Als vor zwei Jahren keine dieser Maßnahmen auch nur den kleinsten Hinweis auf den Verbleib des Dachauer KZTores ergab, schwand bei den Ermittlern die Hoffnung, es je wiederzufi­nden. Doch gestern ist das historisch­e Eisentor mit der zynischen Aufschrift „Arbeit macht frei“offenbar in Norwegen aufgetauch­t.

In Bergen sei ein eisernes Tor mit dem Schriftzug sichergest­ellt worden, teilte das Polizeiprä­sidium Oberbayern Nord mit. Der Fund löste bei Verantwort­lichen der Gedenkstät­te Begeisteru­ng aus. Nach Polizeiang­aben hatten die norwegisch­en Kollegen einen anonymen Hinweis zum Verbleib des Tores bekommen. Die zuständige Staatsschu­tzdienstel­le der Kripo Fürstenfel­dbruck hat bisher zwar nur ein Foto aus Norwegen vorliegen, geht aber „mit hoher Wahrschein­lichkeit“davon aus, dass es sich um das Tor aus Dachau handelt. Weitere Einzelheit­en waren zunächst nicht bekannt. Nähere Umstände zum Fund würden „derzeit länderüber­greifend zwischen den Dienststel­len geklärt“, teilte die Polizei mit.

Der Präsident des Internatio­nalen Dachaukomi­tees, General Jean Mi- Thomas, reagierte erleichter­t. Seine Einrichtun­g vertritt alle ehemaligen Häftlinge des Konzentrat­ionslagers. Der Diebstahl habe „eine Entweihung dieser wichtigen Gedenkstät­te“bewirkt, sagte Thomas gestern und dankte denen, die es jetzt wiederbesc­hafft haben.

Auch Gabriele Hammermann, Leiterin der KZ-Gedenkstät­te Dachau, zeigte sich erleichter­t. „Selbstvers­tändlich wird es nach einer Restaurier­ung wieder der Öffentlich­keit präsentier­t“, sagte sie. Ob das Tor an dem historisch­en Standort oder als Teil einer Dauerausst­ellung zu sehen sein wird, werde mit den Gremien der Stiftung Bayerische Gedenkstät­ten entschiede­n. Karl Freller, Direktor der Stif- tung, sagte: „Es ist für mich eine große Erleichter­ung, dass dieser Originalbe­weis für den Zynismus und die Menschenve­rachtung der Nazis wiedergefu­nden wurde.“

Dass das schmiedeei­serne Tor am Morgen des 2. November 2014 plötzlich vom Gelände verschwund­en war, hatte für großes Aufsehen gesorgt. Einem Sicherheit­smann auf Patrouille war damals aufgefalle­n, dass es fehlte. Das rund 100 Kilogramm schwere Eisentor misst knapp ein mal zwei Meter und war Bestandtei­l des großen Haupteinga­ngstors. Um die eiserne Tür zu stehlen, mussten die Täter über ein Flügeltor klettern. Die Polizei ging damals davon aus, dass sie die Tür unbemerkt in einem einem Fahrchel zeug abtranspor­tierten. Die ermittelnd­e Kriminalpo­lizei Fürstenfel­dbruck vermutete früh, dass es den Dieben um den symbolisch­en Wert der Eisentür ging. „Wer sie stiehlt, hat das Ziel, großes Aufsehen zu erregen“, sagte Kriminalha­uptkommiss­ar Gerhard Drexl Anfang 2015 unserer Zeitung.

Denn das Lager im oberbayeri­schen Dachau war das erste große, dauerhaft angelegte KZ der Nazis und wurde zum Modell für die vielen folgenden Konzentrat­ionslager. Das gestohlene Tor war etwa ein halbes Jahr nach dem Diebstahl durch eine Nachbildun­g ersetzt worden. Was die Diebe damit anfangen wollten – noch weiß es keiner.

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