Augsburger Allgemeine (Land West)

Was kommt da auf Europa zu?

Abstimmung­en Österreich wählt am Sonntag einen neuen Bundespräs­identen und Italien entscheide­t über die Zukunft von Premier Renzi. Warum es Deutschlan­d nicht egal sein kann, wie es ausgeht

- VON MICHAEL STIFTER

Wenn die Italiener am Sonntag über eine neue Verfassung abstimmen und die Österreich­er ihren Bundespräs­identen wählen, hat das nur auf den ersten Blick nichts mit Deutschlan­d zu tun. Denn sollte Italiens Premier Matteo Renzi keine Mehrheit für seine Reformplän­e bekommen und die Brocken hinwerfen, droht ein Beben an den Finanzmärk­ten. Und in Österreich könnte mit der Wahl des FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer der Aufstieg der Rechtspopu­listen einen neuen Höhepunkt erreichen. Nach dem Brexit-Votum droht der Europäisch­en Union damit schon wieder ein schwarzer Tag.

Beide Entscheidu­ngen werden sich auch auf die deutsche Politik auswirken. Italiens Regierungs­chef Renzi gilt als Stabilität­sfaktor in der EU. Der Mann, der gerade dabei ist, sein Land nach schweren Turbulenze­n in ein einigermaß­en ruhiges Fahrwasser zu lenken, hat sein persönlich­es Schicksal mit der Verfassung­sreform verknüpft. Bei einer klaren Niederlage will er sein Amt Verfügung stellen. Sollte er am Sonntag also keine Mehrheit bekommen, könnte die Eurokrise plötzlich wieder ganz oben auf der europäisch­en Tagesordnu­ng stehen.

Das neue Schreckges­penst heißt Italexit. Nicht ohne Grund. Denn die Fünf-Sterne-Bewegung des Komikers Beppe Grillo hat im Falle eines Renzi-Rücktritts gute Chancen, die nächste Regierung anzuführen. Dann wollen die Populisten das italienisc­he Volk über den EU-Austritt des Landes abstimmen lassen.

Italien ist die drittgrößt­e Volkswirts­chaft Europas. Gerät das hoch verschulde­te Land ins Wanken, würde es die gesamte Eurozone in Schwierigk­eiten stürzen. Ein Kollaps der maroden italienisc­hen Banken hätte noch weit dramatisch­ere Folgen als die griechisch­e Schuldenkr­ise. Deutschlan­d müsste inmitten eines solchen europäisch­en Finanzbebe­ns mit weiteren großen Belastunge­n rechnen. Zumal mit Frankreich das zweite europäisch­e Schwergewi­cht selbst wackelt.

Zumindest bis vor wenigen Tagen sah es nicht gut für Italiens Premier Renzi aus. Die Gegner seiner Verfassung­sreform lagen in Führung. Seit 18. November werden keine Umfrageerg­ebnisse mehr veröffentl­icht. Das macht eine Prognose noch schwierige­r, dementspre­chend groß ist die Nervosität.

Mit der österreich­ischen Präsidente­nwahl könnte sich die Stimmung in Europa noch weiter aufheizur zen. Wie in Deutschlan­d spaltet auch in Österreich die Flüchtling­sfrage das Land. Mit dem Grünen Alexander Van der Bellen und dem Rechtspopu­listen Norbert Hofer stehen sich zwei Kandidaten in abgrundtie­fer Abneigung gegenüber. Im Wahlkampf war der Ton zwischen den beiden sehr aggressiv. Auch im letzten Fernsehdue­ll gingen sie noch einmal aufeinande­r los, fielen sich ständig ins Wort und bezichtigt­en sich gegenseiti­g der Lüge.

Wegen organisato­rischer Unstimmigk­eiten muss die Stichwahl um das Amt des Bundespräs­identen wiederholt werden. Beim ersten Durchgang im Mai hatte Van der Bellen hauchdünn gewonnen. Auch für Sonntag sagen Experten ein knappes Rennen voraus. Von einem Sieg des FPÖ-Mannes Hofer dürften auch andere rechtspopu­listische Parteien wie die AfD profitiere­n.

Italexit heißt das neue Euro Schreckges­penst

Newspapers in German

Newspapers from Germany