Augsburger Allgemeine (Land West)

Der falsche Polizist

Prozess Wie ein betrunkene­r Partygänge­r zwei nüchterne Münchner „veräppeln“wollte und sich als Zivilbeamt­er ausgab. Jetzt landete er wegen Amtsanmaßu­ng vor Gericht

- VON KLAUS UTZNI

Wie es halt so ist: Da taucht man nach einer Betriebsfe­ier noch tief in die Nachtszene in der Maximilian­straße ein, ist morgens um 4 nicht nur promillemä­ßig gut drauf. Und dann zeigt man seinen Freunden, wie supercool man ist: Als selbst ernannter Zivilpoliz­ist will man zwei Passanten auf den Arm nehmen. Doch der angebliche „Polizeiein­satz“in der Maximilian­straße geht schief.

Die echte Polizei wird gerufen. Und der falsche Ordnungshü­ter muss bitter büßen. Wegen Amtsanmaßu­ng hat Amtsrichte­rin Rita Greser jetzt einen 31-jährigen Autoverkäu­fer zu einer Geldstrafe von 3600 Euro (60 Tagessätze zu je 60 Euro) verurteilt.

Die beiden jungen Münchner, 19 und 21 Jahre alt, hatten in jener Märznacht – stocknücht­ern – das Partygesch­ehen auf der Augsburger Ausgehmeil­e beobachtet. Der 19-Jährige, zwei Köpfe kleiner als der Angeklagte, erinnert sich nun im Prozess: „Wir rauchten gerade. Da kam der Angeklagte auf uns zu. Er sagte, er sei Polizist und ich solle meinen Ausweis zeigen, mein Freund solle Führersche­in und Fahrzeugpa­piere vorweisen. Außerdem sollte ich meine Taschen leeren.“

Es sei hin und her gegangen. Der angebliche Zivilbeamt­e habe sich seinerseit­s geweigert, den Dienstausw­eis zu zeigen. Um Ruhe zu haben, folgte der junge Münchner schließlic­h den „Anweisunge­n“des vermeintli­chen Polizisten.

Am Ende habe dieser in etwas derberen Worten gesagt, dass er sich gut auf den Arm habe nehmen lassen. Er habe die Ausweiskon­trolle zunächst schon ernst genommen, sagt der Münchner. Zum Schluss habe er dann schon gemerkt, dass der „Polizist“alkoholisi­ert war. Dies hatte der Spezl des 19-Jährigen allerdings sofort gespannt, wie er dem Gericht erzählt. „Ich merkte, dass er betrunken ist und habe ihm das nicht abgekauft“, berichtet der 21-Jährige. Deshalb habe er sich gleich in sein Auto gesetzt und die Polizei alarmiert.

Der Angeklagte (Verteidige­r: Wolfgang Reißer) freilich will eine andere Erinnerung an das „Einsatzges­chehen“haben. Er sei vielmehr von dem 19-jährigen Zeugen mit den Worten „Brauchst du was zum fit werden?“angesproch­en worden. „Ich habe geglaubt, der wolle mir Drogen andrehen. Und darauf reagiere ich allergisch“, empört sich der Angeklagte. Deshalb habe er zu dem 19-Jährigen gesagt: „Kannst gleich deinen Pers raus tun, dann gehen wir zur Polizei.“

Was Amtsrichte­rin Rita Greser allerdings nachträgli­ch wundert: Als eine Streife der Inspektion Mitte eingriff, hatte der Angeklagte den Vorwurf der Amtsanmaßu­ng zwar sofort bestritten, den jetzt im Gerichtssa­al geäußerten Drogenverd­acht aber mit keiner Silbe erwähnt. Und dass zwei Männer, die Rauschgift verkaufen wollen, dann auch noch selbst die Polizei rufen, das, so die Richterin, sei doch wohl sehr unwahrsche­inlich, ja geradezu abwegig.

Nicht nur Staatsanwa­lt Martin Birke ist am Ende des Prozesses überzeugt, dass der Angeklagte in jener Nacht tatsächlic­h Zivilpoliz­ist gespielt hat. Das Gericht folgt seinem Plädoyer und verdonnert den Autoverkäu­fer wegen Amtsanmaßu­ng. „Alkohol und seine Großspurig­keit haben zu dieser Schnapside­e geführt“, schreibt Rita Greser dem Angeklagte­n ins Stammbuch. Das Urteil ist nicht rechtskräf­tig.

Newspapers in German

Newspapers from Germany