Augsburger Allgemeine (Land West)
Der falsche Polizist
Prozess Wie ein betrunkener Partygänger zwei nüchterne Münchner „veräppeln“wollte und sich als Zivilbeamter ausgab. Jetzt landete er wegen Amtsanmaßung vor Gericht
Wie es halt so ist: Da taucht man nach einer Betriebsfeier noch tief in die Nachtszene in der Maximilianstraße ein, ist morgens um 4 nicht nur promillemäßig gut drauf. Und dann zeigt man seinen Freunden, wie supercool man ist: Als selbst ernannter Zivilpolizist will man zwei Passanten auf den Arm nehmen. Doch der angebliche „Polizeieinsatz“in der Maximilianstraße geht schief.
Die echte Polizei wird gerufen. Und der falsche Ordnungshüter muss bitter büßen. Wegen Amtsanmaßung hat Amtsrichterin Rita Greser jetzt einen 31-jährigen Autoverkäufer zu einer Geldstrafe von 3600 Euro (60 Tagessätze zu je 60 Euro) verurteilt.
Die beiden jungen Münchner, 19 und 21 Jahre alt, hatten in jener Märznacht – stocknüchtern – das Partygeschehen auf der Augsburger Ausgehmeile beobachtet. Der 19-Jährige, zwei Köpfe kleiner als der Angeklagte, erinnert sich nun im Prozess: „Wir rauchten gerade. Da kam der Angeklagte auf uns zu. Er sagte, er sei Polizist und ich solle meinen Ausweis zeigen, mein Freund solle Führerschein und Fahrzeugpapiere vorweisen. Außerdem sollte ich meine Taschen leeren.“
Es sei hin und her gegangen. Der angebliche Zivilbeamte habe sich seinerseits geweigert, den Dienstausweis zu zeigen. Um Ruhe zu haben, folgte der junge Münchner schließlich den „Anweisungen“des vermeintlichen Polizisten.
Am Ende habe dieser in etwas derberen Worten gesagt, dass er sich gut auf den Arm habe nehmen lassen. Er habe die Ausweiskontrolle zunächst schon ernst genommen, sagt der Münchner. Zum Schluss habe er dann schon gemerkt, dass der „Polizist“alkoholisiert war. Dies hatte der Spezl des 19-Jährigen allerdings sofort gespannt, wie er dem Gericht erzählt. „Ich merkte, dass er betrunken ist und habe ihm das nicht abgekauft“, berichtet der 21-Jährige. Deshalb habe er sich gleich in sein Auto gesetzt und die Polizei alarmiert.
Der Angeklagte (Verteidiger: Wolfgang Reißer) freilich will eine andere Erinnerung an das „Einsatzgeschehen“haben. Er sei vielmehr von dem 19-jährigen Zeugen mit den Worten „Brauchst du was zum fit werden?“angesprochen worden. „Ich habe geglaubt, der wolle mir Drogen andrehen. Und darauf reagiere ich allergisch“, empört sich der Angeklagte. Deshalb habe er zu dem 19-Jährigen gesagt: „Kannst gleich deinen Pers raus tun, dann gehen wir zur Polizei.“
Was Amtsrichterin Rita Greser allerdings nachträglich wundert: Als eine Streife der Inspektion Mitte eingriff, hatte der Angeklagte den Vorwurf der Amtsanmaßung zwar sofort bestritten, den jetzt im Gerichtssaal geäußerten Drogenverdacht aber mit keiner Silbe erwähnt. Und dass zwei Männer, die Rauschgift verkaufen wollen, dann auch noch selbst die Polizei rufen, das, so die Richterin, sei doch wohl sehr unwahrscheinlich, ja geradezu abwegig.
Nicht nur Staatsanwalt Martin Birke ist am Ende des Prozesses überzeugt, dass der Angeklagte in jener Nacht tatsächlich Zivilpolizist gespielt hat. Das Gericht folgt seinem Plädoyer und verdonnert den Autoverkäufer wegen Amtsanmaßung. „Alkohol und seine Großspurigkeit haben zu dieser Schnapsidee geführt“, schreibt Rita Greser dem Angeklagten ins Stammbuch. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.