Augsburger Allgemeine (Land West)

Wem gehören die Autobahnen?

Streit Schäuble wollte private Investoren beteiligen. Doch Gabriel sieht das anders

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Deutschlan­ds Autobahnen sind nicht irgendwelc­he Straßen. Millionen Pendler, Urlauber und Lkw-Fahrer sind darauf angewiesen, dass die Fahrspuren und Brücken gut in Schuss sind. Dabei läuft bei den wichtigen Verkehrsad­ern längst nicht alles rund. Denn die Zuständigk­eiten für die Fernstraße­n sind zersplitte­rt: Der Bund gibt das Geld und setzt Prioritäte­n, die Länder kümmern sich ums Planen und Bauen. Nach mehr als sechs Jahrzehnte­n soll nun eine zentrale Gesellscha­ft des Bundes kommen – darauf einigten sich Bund und Länder prinzipiel­l. Doch eine heikle Frage sorgt jetzt für Krach.

Worum geht es in dem Streit?

Im Grundgeset­z steht: „Der Bund ist Eigentümer der bisherigen Reichsauto­bahnen und Reichsstra­ßen.“Und dabei soll es inhaltlich auch bleiben – nur soll es künftig heißen: „Der Bund ist Eigentümer der Bundesauto­bahnen und sonstigen Bundesstra­ßen des Fernverkeh­rs. Das Eigentum ist unveräußer­lich.“Die Autobahnen stehen also nicht zum Verkauf. Das hat Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) in einem Entwurf zur nötigen Grundgeset­zänderung klarge- Streit entzündet sich an Schäubles Plan, an der neuen Infrastruk­turgesells­chaft auch private Investoren beteiligen zu können – wie schon bei Post und Telekom.

Warum setzt Schäuble auf eine Investoren-Beteiligun­g?

Derzeit gibt es 16 Landesverw­altungen für den Autobahnba­u. Dass dies wenig effizient ist, davon können sich Autofahrer täglich überzeugen. Die Bündelung an sich ist denn auch unumstritt­en in der Koalition. Besondere Hoffnung Schäubles ist aber, mit „unternehme­rischem Klima“effiziente­r zu bauen. Das Argument: Man stelle sich vor, Post und Telekom wären noch rein staatlich und die Bahn – heute bundeseige­ne Aktiengese­llschaft – wäre noch eine „Behördenba­hn“. Aber schon die Rechtsform der neuen Gesellscha­ft ist strittig. Schäuble schwebt eine Aktiengese­llschaft vor. Die Mehrheit sollte aber beim Bund bleiben.

Geht es letztlich nicht vor allem um zusätzlich­es Kapital?

Natürlich auch. Versicheru­ngen oder Pensionsfo­nds suchen gerade in der Niedrigzin­sphase nach langfristi­gen und lukrativen Geldanlage­n mit planbarer Rendite. Im Moment kann sich Schäuble für Bauvorhabe­n natürlich so günstig Geld leihen wie nie. Das ist jetzt kostenspar­ender als Renditezah­lungen an private Anteilseig­ner. Das Zinstief wird aber nicht ewig anhalten. Schäuble argustellt. mentiert auch, dass es nicht an Geld mangele, sondern an Planungska­pazitäten in den Ländern. Die Gesellscha­ft soll eine Kreditermä­chtigung bekommen und laut einem Ministeriu­mssprecher „gewisse Staatsfern­e“haben. Denn sie dürfe nicht die Schuldenbr­emse und europäisch­e Defizitreg­eln umgehen.

Was sagen die Koalitions­partner?

Gegen mögliche Investoren in der neuen Gesellscha­ft hat sich in der Koalition eine breite Abwehrfron­t formiert. Vizekanzle­r Sigmar Gabriel (SPD) will weder Straßen noch die Gesellscha­ft privatisie­ren. Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt (CSU) plant ausdrückli­ch ohne die Möglichkei­t zum Anteilsver­kauf. Auch die Fraktionen von Union und SPD pochen auf eine 100-ProzentEig­entumsgara­ntie. Es sei nicht Aufgabe des Bundes, Gewinnerwa­rtungen privater Anleger zu bedienen, sagt SPD-Fraktionsg­eschäftsfü­hrerin Christine Lambrecht. Für die Union argumentie­rte der verkehrspo­litische Sprecher Ulrich Lange (CSU): „Wir wollen sicherstel­len, dass der Bund oberster Bauherr bleibt und effiziente Kontrollre­chte für den Bundestag gewahrt werden.“

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Foto: Fotolia In der Koalition wird heftig über die Zukunft der Autobahnen gestritten.

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