Augsburger Allgemeine (Land West)
Was trotz Attest erlaubt ist
Verbraucher Wer krankgeschrieben ist, glaubt oft, er müsse den ganzen Tag das Bett hüten. Das muss aber nicht immer sein. Eine Anwältin verrät, was Arbeitnehmer dürfen und was nicht
Augsburg
Im Supermarkt Lebensmittel kaufen, mit Freunden einen Kaffee trinken gehen oder im Fitnessstudio Sport treiben: Für viele Arbeitnehmer ist das tabu, wenn sie krankgeschrieben sind. Wagt man sich doch vor die Haustüre, beschleicht einen schnell das schlechte Gewissen, vor allem, wenn der Kollege oder Chef einen sieht.
Das müsse nicht sein, sagt Bettina Bauer-Tränkle, Fachanwältin für Arbeitsrecht in Augsburg. Wer krankgeschrieben ist, müsse nicht den ganzen Tag zu Hause bleiben. „Das ist kein Hausarrest“, sagt die Expertin. Im Gegenteil: In manchen Fällen könne beispielsweise ein Kinobesuch zur Heilung beitragen.
Welche Unternehmungen trotz Krankschreibung erlaubt sind, hänge grundsätzlich von der Art der Erkrankung ab, erläutert die Anwältin. Sie ergänzt: „Die Aktivitäten dürfen keinen negativen Einfluss auf den Heilungsprozess haben.“Bauer-Tränkle rät deshalb dazu, immer Rücksprache mit dem Arzt zu halten. Dieser könne dann Empfehlungen aussprechen oder zur Vorsicht raten. ● Bei einer starken Erkältung und verordneter Bettruhe Leistungssport zu treiben, sei problema-
Sport
meint Bauer-Tränkle. Wer an Gelenkproblemen leidet und leichte Übungen im Fitnessstudio macht, müsse aber im Regelfall nichts befürchten. ● Das könnte problematisch werden, wenn der Arzt Bettruhe verschrieben habe, sagt die Fachanwältin für Arbeitsrecht. Mit einem gebrochenen Bein sei ein Frisörbesuch in Ordnung, außer es müsse hochgelagert werden. ● Die nötigsten Lebensmittel zu besorgen, ist für BauerTränkle „notwendig zum Leben“und somit unproblematisch – „außer bei strikter Bettruhe“. ● Sind Kindergarten und Schule nur mit dem Auto zu
Frisör Einkaufen Kinderbetreuung
erreichen, rät Bauer-Tränkle dringend davon ab, sich mit starken Medikamenten ans Steuer zu setzen. Passiere auf dem Weg ein Unfall, habe man auf jeden Fall eine Teilschuld. Sind Kindergarten oder Schule zu Fuß zu erreichen, dürfe man die Kinder nicht dorthin bringen, wenn der Arzt Bettruhe verschrieben habe. ● Sich mit Freunden zum Kaffeetrinken oder Essen zu verabreden, dürfte kein Problem sein, „außer man leidet an einer Magen-Darm-Erkrankung“und müsse im Bett bleiben, erklärt Bauer-Tränkle. Bei einem Burnout könne ein Besuch im Café oder Restaurant ratsam sein. Könne man wetisch,
Café oder Restaurant
gen eines gebrochenen Arms nicht kochen, sei essen gehen auch erlaubt. Zur Vorsicht rät die Fachanwältin für Arbeitsrecht bei Alkohol. Dieser sei „nie förderlich“für die Gesundheit. ● Attestiert der Augenarzt eine Bindehautentzündung, trage ein Kinobesuch nicht zu einer schnelleren Heilung bei. Bei Burnout sieht das anders aus. „Ein Kinobesuch kann sogar förderlich sein sowie zur Aufheiterung und Ablenkung beitragen“, sagt Bauer-Tränkle. ● Erkältet eine Runde im Park drehen, dürfte kein Problem sein, sagt die Fachanwältin für Arbeitsrecht. Möchte man beispielsweise trotz eines gebrochenen Beins einmal rausgehen, müsse das der Arzt entscheiden. ● Sich erkältet in den Flieger setzen oder mit einer fiebrigen Grippe ins Auto steigen – davon rät die Fachanwältin für Arbeitsrecht ab. Eine Reise bei einer BurnoutErkrankung könne allerdings sehr wichtig sein. ● Trotz Krankschreibung einem bezahlten Nebenjob nachgehen, sei verboten, sagt Bauer-Tränkle. Engagiert sich jemand ehrenamtlich in einem Verein, sei es je nach Tätigkeit und Diagnose erlaubt, dort zu arbeiten.
Kino Spaziergang Urlaub Nebenjob