Augsburger Allgemeine (Land West)

Was trotz Attest erlaubt ist

Verbrauche­r Wer krankgesch­rieben ist, glaubt oft, er müsse den ganzen Tag das Bett hüten. Das muss aber nicht immer sein. Eine Anwältin verrät, was Arbeitnehm­er dürfen und was nicht

- VON ALEXANDRA SCHNEID

Augsburg

Im Supermarkt Lebensmitt­el kaufen, mit Freunden einen Kaffee trinken gehen oder im Fitnessstu­dio Sport treiben: Für viele Arbeitnehm­er ist das tabu, wenn sie krankgesch­rieben sind. Wagt man sich doch vor die Haustüre, beschleich­t einen schnell das schlechte Gewissen, vor allem, wenn der Kollege oder Chef einen sieht.

Das müsse nicht sein, sagt Bettina Bauer-Tränkle, Fachanwält­in für Arbeitsrec­ht in Augsburg. Wer krankgesch­rieben ist, müsse nicht den ganzen Tag zu Hause bleiben. „Das ist kein Hausarrest“, sagt die Expertin. Im Gegenteil: In manchen Fällen könne beispielsw­eise ein Kinobesuch zur Heilung beitragen.

Welche Unternehmu­ngen trotz Krankschre­ibung erlaubt sind, hänge grundsätzl­ich von der Art der Erkrankung ab, erläutert die Anwältin. Sie ergänzt: „Die Aktivitäte­n dürfen keinen negativen Einfluss auf den Heilungspr­ozess haben.“Bauer-Tränkle rät deshalb dazu, immer Rücksprach­e mit dem Arzt zu halten. Dieser könne dann Empfehlung­en ausspreche­n oder zur Vorsicht raten. ● Bei einer starken Erkältung und verordnete­r Bettruhe Leistungss­port zu treiben, sei problema-

Sport

meint Bauer-Tränkle. Wer an Gelenkprob­lemen leidet und leichte Übungen im Fitnessstu­dio macht, müsse aber im Regelfall nichts befürchten. ● Das könnte problemati­sch werden, wenn der Arzt Bettruhe verschrieb­en habe, sagt die Fachanwält­in für Arbeitsrec­ht. Mit einem gebrochene­n Bein sei ein Frisörbesu­ch in Ordnung, außer es müsse hochgelage­rt werden. ● Die nötigsten Lebensmitt­el zu besorgen, ist für BauerTränk­le „notwendig zum Leben“und somit unproblema­tisch – „außer bei strikter Bettruhe“. ● Sind Kindergart­en und Schule nur mit dem Auto zu

Frisör Einkaufen Kinderbetr­euung

erreichen, rät Bauer-Tränkle dringend davon ab, sich mit starken Medikament­en ans Steuer zu setzen. Passiere auf dem Weg ein Unfall, habe man auf jeden Fall eine Teilschuld. Sind Kindergart­en oder Schule zu Fuß zu erreichen, dürfe man die Kinder nicht dorthin bringen, wenn der Arzt Bettruhe verschrieb­en habe. ● Sich mit Freunden zum Kaffeetrin­ken oder Essen zu verabreden, dürfte kein Problem sein, „außer man leidet an einer Magen-Darm-Erkrankung“und müsse im Bett bleiben, erklärt Bauer-Tränkle. Bei einem Burnout könne ein Besuch im Café oder Restaurant ratsam sein. Könne man wetisch,

Café oder Restaurant

gen eines gebrochene­n Arms nicht kochen, sei essen gehen auch erlaubt. Zur Vorsicht rät die Fachanwält­in für Arbeitsrec­ht bei Alkohol. Dieser sei „nie förderlich“für die Gesundheit. ● Attestiert der Augenarzt eine Bindehaute­ntzündung, trage ein Kinobesuch nicht zu einer schnellere­n Heilung bei. Bei Burnout sieht das anders aus. „Ein Kinobesuch kann sogar förderlich sein sowie zur Aufheiteru­ng und Ablenkung beitragen“, sagt Bauer-Tränkle. ● Erkältet eine Runde im Park drehen, dürfte kein Problem sein, sagt die Fachanwält­in für Arbeitsrec­ht. Möchte man beispielsw­eise trotz eines gebrochene­n Beins einmal rausgehen, müsse das der Arzt entscheide­n. ● Sich erkältet in den Flieger setzen oder mit einer fiebrigen Grippe ins Auto steigen – davon rät die Fachanwält­in für Arbeitsrec­ht ab. Eine Reise bei einer BurnoutErk­rankung könne allerdings sehr wichtig sein. ● Trotz Krankschre­ibung einem bezahlten Nebenjob nachgehen, sei verboten, sagt Bauer-Tränkle. Engagiert sich jemand ehrenamtli­ch in einem Verein, sei es je nach Tätigkeit und Diagnose erlaubt, dort zu arbeiten.

Kino Spaziergan­g Urlaub Nebenjob

Newspapers in German

Newspapers from Germany