Augsburger Allgemeine (Land West)
„Für mich ist das nicht verrückt“
Premiere Der Snowboard-Profi Travis Rice liebt das Abenteuer. Seine Leidenschaft zu Extremen zeigt er jetzt in dem Film „The Fourth Phase“. Aber was reizt den Profi eigentlich daran?
München
Wasser, Meer, Boot – so beginnt der bildgewaltige Snowboardfilm „The Fourth Phase“. Wasser? Was hat denn Wasser mit Wintersport zu tun? Jede Menge. „The Fourth Phase“behandelt den Kreislauf des Wassers: Vom Wasserdampf in der Luft, bis hin zum geschmolzenen Schnee in den Bergen, der schließlich wieder im Meer mündet. Genau an dieser Stelle – auf dem Meer – steigt Snowboard-Legende Travis Rice ein. Der muskulöse Blondschopf segelt auf dem Wasser, sieht dabei aus wie ein Abenteurer auf der Suche nach einer Schatzinsel. Er ist gerade dabei, diesen Wasser-Kreislauf „zu fahren“, wie der Zuschauer später erfährt.
Und dann kommen diese Szenen, auf die die Wintersportler seit dem Film „The Art of Flight“(2011) und Fans von extremen Bildern gewartet haben: Der Snowboarder springt mit seinem Board zwischen Baumwipfeln durch, schanzt in unglaubliche Höhen durch das Gelände – genau wie seine Profi-Partner, unter anderem Mark „Lando“Landvik, Eric Jackson und Mikkel Bang. Aber was reizt die Sportler an diesem Extrem, an Abfahrten durch enge Felsspalten, an der Gefahr, von einer Lawine verschüttet werden zu können? Rice gehe es um Vorstellungen in seinem Kopf, die er umsetzen möchte. Sei es, eine bestimmte Route zu fahren, nur weil es dort den besten Schnee gibt, oder eben einen eindrucksvollen SnowboardFilm auf die Kinoleinwand zu bringen. „Ideen in die Realität umzuwandeln, sind meine Leidenschaft“, sagt der 33-jährige Amerikaner gegenüber unserer Zeitung. „Ideen sind wunderschön, aber sie sind wertlos, wenn du sie nicht umsetzt.“
Was für Hobby-Wintersportler verrückt ist, wenn Rice wieder vom Helikopter auf die Spitze eines Berges gesetzt wird und dann hinunter fährt – inklusive atemberaubender Sprünge –, ist für den Profisportler völlig normal. „Für mich ist das nicht verrückt“, sagt er. „Ich habe mein Leben damit verbracht, das Snowboarden zu verbessern und zu trainieren.“
Dieser Sport sei so vielfältig, das Board sei sein Werkzeug, um seine Motivation für seine Abenteuer zu halten und um enge Freunde zu treffen. Rice, der in Jackson im USBundesstaat Wyoming auf die Welt kam, wurde erst mit 18 Jahren in der Snowboard-Szene bekannt und hat inzwischen mehr als 15 Jahre Wettkampf-Erfahrung. Laut Sponsor Red Bull gilt der 33-Jährige als bester Allround-Snowboarder der Welt.
Im Film wechselt die Kamera zwischen gewaltigen Naturaufnahmen aus Wyoming, Japan, Russland und Alaska und den eindrucksvollen Snowboardkünsten der Extremsportler. Ein Kinoerlebnis für Menschen, die sich gerne berauschenden Bildern hingeben. Teilweise fährt der Zuschauer sogar mit den Profis zwischen Baumwipfeln und Abhängen mit. Immer wieder kommen aber auch die sonst so hart gesottenen Männer an ihre Grenzen: Manchmal ist das Wetter schlecht, in einer Sequenz muss das Team sogar vier Wochen auf bessere Witterungsbedingungen warten – in einer Hütte mitten auf der russischen Halbinsel Kamtschatka. Mark Landvik steigt aus, ihm wird das zu viel. Rice hingegen überwindet sein körperliches Limit. Er verletzt sich, fällt einige Zeit aus, steht dann aber wieder auf dem Brett – ein neuer Versuch.
Für den Extremsportler hängen Wettkampf und Freeriding zusammen: Bei beidem gehe es um Herausforderungen. Durch den Ansporn schaffe man Dinge, die man für unmöglich halte, sagt der Amerikaner. Das halte das Team zusammen. „Aber ab einem Punkt wird Snowboarden sehr speziell“, meint der Extremsportler. Nur die allerwenigsten Snowboarder würden dieses besondere Level noch erreichen können, so Rice. Dann gehe es um viel mehr als nur um Sport, es gehe darum, das Wetter einschätzen zu können und Wege durch die Felsen zu finden. Der Profi nennt das: „Berge lesen“. Für Rice ist das ein Abenteuerleben, sein persönlicher Kreislauf, um seine Erfahrungen zu sammeln. I
Ab 3. Oktober ist der Film „The Fourth Phase“in den deutschen Ki nos zu sehen.