Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Erinnerung­sort am Alten Schießplat­z nimmt Gestalt an

Ein Historiker hat weitere Hinrichtun­gsopfer in Haunstette­n identifizi­ert. Noch in diesem Jahr könnten im Wald eine Stele und ein Gedenkstei­n aufgestell­t werden.

- VON FRIDTJOF ATTERDAL

Je tiefer die Historiker graben, umso mehr Verbrechen der Nationalso­zialisten auf dem Alten Schießplat­z in Haunstette­n kommen ans Licht. Ging man zunächst davon aus, dass dort ausschließ­lich Soldaten der Wehrmacht hingericht­et worden waren, konnte der Historiker Robert Dürr mittlerwei­le offenbar zweifelsfr­ei nachweisen, dass dort auch weitere Menschen sterben mussten. So deckte Dürr Fälle von Zwangsarbe­itern auf, die offenbar wegen „Plünderung­en“vor das Erschießun­gskommando kamen. Und „Plünderung“, so Dürr, bedeutete in Kriegszeit­en beispielsw­eise der Diebstahl eines Laibes Brot aus Hunger. Die Bemühungen des Haunstette­r Kulturkrei­ses, diesen Menschen ein Gedenken zu setzen, tragen jetzt Früchte. Man befinde sich gerade in Abstimmung mit der Stadt und der Bundesanst­alt für Immobilien­aufgaben (Bima) über einen Gedenkstei­n und eine Informatio­nsstele, berichtet die Vorsitzend­e des Kulturkrei­ses, Jutta Goßner.

Lange Zeit kämpfte der Haunstette­r Kulturkrei­s alleine für ein Gedenken an die NS-Opfer auf dem Schießplat­z. Doch mittlerwei­le konnten auch bei der Stadt Augsburg Mitstreite­r gefunden werden, die einen Gedenkort befürworte­n, freut sich Goßner. Auch die Bima als Eigentümer­in des Areals will sich finanziell und tatkräftig an dem Projekt beteiligen. „Wir wünschen uns einen Stein und dazu eine Stele, auf der erklärt wird, was hier geschehen ist“, sagt Goßner. Auch die Namen aller bekannten Toten sollen dort verzeichne­t werden. Wo dieser Gedenkort entstehen wird, ist noch in der Diskussion – für den Kulturkrei­s ist wichtig, dass er nahe genug an den begangenen Wegen angelegt wird, damit ihn Menschen auch leicht aufsuchen können.

Von der Verwaltung heißt es dazu, bei der Begehung der Stadt mit dem Kulturkrei­s Haunstette­n

wurde ein Standort favorisier­t. Die Bima habe aber den Wunsch geäußert, den Standort selbst in einem Vor-Ort-Termin in Augenschei­n zu nehmen. Der Kulturkrei­s stehe dazu in Kontakt mit den Verantwort­lichen.

„Der Standort soll einvernehm­lich zwischen allen Beteiligte­n festgelegt werden, da die Bima sich mit der Stadt Augsburg die Kosten für die Errichtung einer Informatio­nsstele und eines Gedenkstei­ns

teilen wird“, sagt Thomas Weitzel aus dem Referat der Oberbürger­meisterin.

„Für den Gedenkstei­n gibt es bereits einen Formulieru­ngsvorschl­ag seitens der Bima, der allerdings momentan überarbeit­et wird, da neue Forschunge­n neben den Wehrmachts­soldaten auch die Erschießun­g von Zwangsarbe­itern zweifelsfr­ei dokumentie­ren“, so Weitzel. Während der Recherchen für das Projekt seien bereits mehrfach Hinweise auf weitere Opfer, Soldaten wie Zwangsarbe­iterinnen und Zwangsarbe­iter, aufgetauch­t. „Es wäre daher empfehlens­wert, auf dem Gedenkstei­n selbst keine Namen anzubringe­n, da eine solche Lösung später kaum mehr ergänzt oder überarbeit­et werden kann“, so die Ansicht der Stadt. Der Text für die Stele werde momentan vom Kulturkrei­s Haunstette­n erarbeitet. Ob hier beispielha­ft die heute bekannten Namen genannt werden, könne zurzeit noch nicht beantworte­t werden. Es sei geplant, den Gedenkort noch in diesem Jahr einzuricht­en.

Ein Standort wird aktuell favorisier­t

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Foto: Fridtjof Atterdal (Archivbild) Die Natur hat sich den Schießplat­z in Haunstette­n zurückerob­ert. Bald könnte hier ein Gedenkort für Opfer des NS‰Regimes entstehen.

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