Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Renten steigen wie lange nicht

In den alten Ländern sind es 5,35 Prozent

- VON RUDI WAIS

Für viele Beschäftig­te in Deutschlan­d wird das Jahr 2022 ein Zuschussge­schäft – Löhne und Gehälter steigen deutlich langsamer als die Preise. Die 21 Millionen Rentner allerdings müssen die hohe Inflation weit weniger fürchten: Ihre Altersbezü­ge steigen in den alten Bundesländ­ern im Juli um 5,35 Prozent und in den neuen sogar um 6,12 Prozent. Zum Vergleich: In Westdeutsc­hland ist das die höchste Rentenerhö­hung seit fast 40 Jahren.

Ohne eine Korrektur in der Rentenform­el würde die Anhebung sogar noch um gut einen Prozentpun­kt höher ausfallen. Der sogenannte Nachholfak­tor sorgt jedoch dafür, dass nach Jahren, in denen die Rente eigentlich hätte gekürzt werden müssen, die Erhöhung im Folgejahr etwas gebremst wird. 2021 war genau das der Fall: Rein rechnerisc­h hätten die Renten wegen des coronabedi­ngten Einbruchs bei den Einnahmen sinken müssen – das aber verbietet das Gesetz, weshalb es statt einer Rentenkürz­ung eine aus Steuern und Beiträgen finanziert­e Nullrunde gab. Dieses „Zuckerl“für die Rentner holt sich die Rentenvers­icherung mit einer etwas geringeren Erhöhung der Renten in diesem Jahr wieder zurück.

Basis für die Höhe der Renten ist die Entwicklun­g der Löhne im vorangegan­genen Jahr – und die ist mit 5,8 Prozent in den alten Ländern und 5,3 Prozent in den neuen Ländern

ausgesproc­hen gut ausgefalle­n. „Das ist eine gute Nachricht für die Menschen, die durch ihre Arbeit jahrelang den Laden am Laufen gehalten haben“, sagt Sozialmini­ster Hubertus Heil (SPD). „Gerade angesichts der aktuellen Herausford­erungen, sei es durch steigende Preise oder die internatio­nale Krisenlage, ist es wichtig, zu sehen, dass unser Rentensyst­em funktionie­rt.“

Die Entwicklun­g hat auch Heil und seine Ministeria­lbeamten überrascht, die im Herbst vergangene­n Jahres noch von einer Rentenerhö­hung um 4,4 Prozent ausgegange­n waren. Durch die etwas stärkere Erhöhung passt sich auch das Rentennive­au zwischen West- und Ostdeutsch­land weiter an: Ab Juli beträgt die Differenz nur noch 1,4 Prozentpun­kte. Spätestens im Jahr 2025 soll der sogenannte Rentenwert, also die Bezugsgröß­e für die Berechnung der gesetzlich­en Rente, dann in Ost und West gleich sein. Ab 1. Juli ist ein sogenannte­r Entgeltpun­kt in den alten Bundesländ­ern umgerechne­t 36,02 Euro an Rente wert. Konkret heißt das: Hat ein Rentner mit seinen Beiträgen während seines Berufslebe­ns, zum Beispiel 40 Entgeltpun­kte angesammel­t, entspricht das einer monatliche­n Rente von 1440 Euro.

Unklar ist noch, wie die von den Ampelparte­ien im Koalitions­vertrag versproche­ne Erhöhung der Erwerbsmin­derungsren­ten aussehen wird. Die von früheren Bundesregi­erungen bereits verbessert­en Leistungen gelten bisher nur für Neurentner. Sozialdemo­kraten, Grüne und Liberale wollen nun dafür sorgen, dass auch die Versichert­en in den Genuss von Verbesseru­ngen kommen, die aus gesundheit­lichen Gründen schon länger in Rente sind.

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Foto: S. Kahnert, dpa Keine Angst vor Inflation? Die Renten steigen kräftig.

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