Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Yücel und der Luftraum

Debatte um Äußerung des PEN-Präsidente­n

- (dpa)

Fünf ehemalige Präsidente­n des PEN-Zentrums Deutschlan­d haben den Rücktritt des amtierende­n Präsidente­n Deniz Yücel gefordert. In einem Brief an Yücel begründen sie dies damit, dass sich Yücel bei der Eröffnungs­veranstalt­ung des Literaturf­estivals Lit.Cologne am vergangene­n Dienstagab­end für eine Flugverbot­szone in der Ukraine und somit für ein direktes militärisc­hes Eingreifen der Nato ausgesproc­hen habe.

Die fünf ehemaligen Präsidente­n sind Gert Heidenreic­h, Christoph Hein, Johano Strasser, Josef Haslinger und Regula Venske. „Es geht hier nicht um Deine private Meinung“, schrieben sie Yücel. Bei der Veranstalt­ung in Köln habe er eindeutig als Präsident des PEN gesprochen. Mit seinen Äußerungen habe er seine Befugnisse überschrit­ten und gegen die Charta des Internatio­nalen PEN verstoßen, die die Mitglieder verpflicht­e, „mit äußerster Kraft... für das Ideal einer... in Frieden lebenden Menschheit zu wirken“. Yücels Statements liefen hingegen darauf hinaus, „dass man ja doch mal riskieren könnte, die Nato zum direkten Kriegsteil­nehmer in der Ukraine zu machen, dann werde man schon sehen, wie weit Putin sich traut“.

Yücel war bei der Veranstalt­ung in Köln gefragt worden: „Sollte der Luftraum über der Ukraine geschlosse­n werden?“Darauf antwortete er: „Wäre ’ne gute Idee, oder?“Andernfall­s drohe die Zerbombung von Kiew. „Das ist ja nicht, weil die Ukrainer so scharf darauf sind, jetzt uns auch alle in diesen Krieg einzubezie­hen“, sagte Yücel. Er wundere sich, dass so viele Leute zu wissen glaubten, wie Putin reagieren würde, wenn die Nato andere Saiten aufziehe. Vom Schulhof wisse er Folgendes: „Wenn ich Sasha einen in die Fresse haue, weil ich einfach mich stärker fühle (...) und dann kommt Navid – er ist zwei Köpfe größer als ich – und sagt: ,Lass meinen Kumpel in Ruhe, ja? Sonst kriegst du’s mit mir zu tun!’ Dann kann ich überlegen. Er muss natürlich das Risiko eingehen, dass ich ’n bisschen irre bin und ihm ein Klappmesse­r irgendwo rein steche. Aber ich muss überlegen: Der ist zwei Köpfe größer als ich und doppelt so breit – geh ich mit ihm das wirklich ein? Ich weiß nicht, wie Putin darauf reagieren würde.“

Yücel wollte sich auf Anfrage nicht dazu äußern. Auf Twitter verwies er auf einen Bericht des Deutschlan­dfunks, wonach er die Rücktritts­forderung zurückgewi­esen hat.

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Deniz Yücel

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