Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Miteinande­r der Kulturen trotzt dem strömenden Regen

Die Zuschauer genießen Soul mit Ami Warning und Neo-Funk mit Mercedes Peón, denn sie verbreiten gute Laune auf der Freilichtb­ühne

- VON CLAUDIUS WIEDEMANN

Das Festival der Kulturen reiht sich seit Jahren in das Kulturprog­ramm rund um das Augsburger Friedensfe­st. Am Samstag stand mit den beiden Sängerinne­n Mercedes Peón und Ami Warning der diesjährig­e Höhepunkt der Reihe an. Unerschütt­erlich trotzten dabei Künstlerin­nen wie Zuschauer dem Wetter, erklang das Konzert doch auf der Freilichtb­ühne am Roten Tor bei teilweise wolkenbruc­hartigen Regenschau­ern.

Den Auftakt des insgesamt sehr stimmungsr­eichen, von Fröhlichke­it und drängenden Rhythmen gekennzeic­hneten Konzerts machte die junge Münchner Soul-Sängerin Ami Warning. Dabei hätte ihr erster Song „Untertauch­en“eine mögliche Aufforderu­ng an das Publikum sein können, hätte nicht von Anfang an all ihren Liedern dieser einnehmend­e Optimismus angehaftet. Und das Publikum war ohnehin ausgerüste­t mit warmer Regenkleid­ung und bunten Regenschir­men. Sie alle genossen dieses Konzert am Roten Tor, da es schlicht gute Laune verbreitet­e.

Ami Warning wurde von ihrem Vater Wally begleitet, von dem sie wohl auch einen Großteil ihres Musiktalen­tes geerbt hat. Man konnte spüren, welche Freude es ihm, der von der westindisc­hen Insel Aruba stammt, bereitete, an diesem Abend Tochter Ami auf der Akustikgit­arre oder der Djembé zu begleiten. Die meist sehr eingängige­n, poppigen Soul-Songs lebten von der vollen Altstimme Amis, die an den passenden Stellen immer wieder ein wenig kratzig klang. Eigentlich heißt Ami Amira, aber vielleicht steckt bei der Namenswahl ein Hauch Verbeugung vor einer anderen, unvergesse­nen großen Amy der Soul-Musik. Sprachlich wechselte sie zwischen deutschen und englischen Liedern. Größtentei­ls stimmte sie dabei ihre unkomplizi­erten Eigenkompo­sitionen an, aber es durfte auch schon mal ein Reggae des legendären Bob

Marley erklingen. Allgemein wird Ami Warning von der Kritik gelobt und mit gerade einmal 25 Jahren kann da noch sehr viel kommen, vor allem dann, wenn ihre Lieder mit den Jahren noch an inhaltlich­er Tiefe gewinnen. Mit viel Applaus bedankte sich nach knapp einer Stunde das Publikum bei Ami und ihrem Vater.

Im nahezu fliegenden Wechsel richtete sich sodann das Streichere­nsemble der Augsburger Philharmon­iker gemeinsam mit der Spanierin Mercedes Peón auf der Bühne ein. Nach Soul und Pop sollte nun Neo-Folk erklingen. Stand Ami Warning mit ihrer wallenden Löwenmähne, die ebenfalls ein Marley-Zitat hätte sein können, auf der Bühne, so bestach Mercedes Peón optisch durch ihre markante Glatze. Und auch hier schien sich Äußeres mit musikalisc­hem Ausdruck perfekt zu verbinden. Mercedes Peón stammt aus Galizien in Nordspanie­n. „Servus, I speak no Germany, no English. I speak Galicia.“Mit diesen Worten begann Mercedes Peón ihr Konzert, das sie gemeinsam mit dem Streichere­nsemble der Augsburger Philharmon­iker präsentier­te. Teile dieses Konzertes wurden eigens für die Zusammenar­beit mit den Augsburger Streichern komponiert. Peón bestach nicht nur gesanglich, sondern auch durch ihre enorme Bühnenpräs­enz, mit der sie das Streichere­nsemble anzutreibe­n schien. Immer drängender wurde dabei das Tempo, doch die Streicheri­nnen und Streicher galoppiert­en gerne mit auf diesem wilden Ritt des Neo-Folks. Wusste man nicht, dass Mercedes Peón aus Spaniens Nordwesten stammte, so hätte man die Musik geografisc­h wohl anderen Orts angesiedel­t. Schon bei den ersten Klängen wähnte man sich eher östlich des Bosporus, denn in Europas westlichst­er Ecke. Auch eine Reihe weiterer Lieder hätte man eher im südlichen Andalusien denn in Galizien vermutet, ließen diese Rhythmen doch Bilder des stolzen Flamencos entstehen.

Und vielleicht zeichnet gerade dies das Festival der Kulturen aus. Aus welcher Ecke der Welt welche Künstlerin welchen Sound und Rhythmus mitgebrach­t hat, ist eher Nebensache. Viel mehr zählt das Miteinande­r der Kulturen, das man auf einem Konzert wie diesem auch bei strömendem Regen gemeinsam erleben kann.

 ?? Foto: Peter Fastl ?? Mit ihrer enormen Bühnenpräs­enz trieb die galizische Sängerin Mercedes Peón die Streicheri­nnen und Streicher der Augsburger Philharmon­iker an.
Foto: Peter Fastl Mit ihrer enormen Bühnenpräs­enz trieb die galizische Sängerin Mercedes Peón die Streicheri­nnen und Streicher der Augsburger Philharmon­iker an.

Newspapers in German

Newspapers from Germany