Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Miteinander der Kulturen trotzt dem strömenden Regen
Die Zuschauer genießen Soul mit Ami Warning und Neo-Funk mit Mercedes Peón, denn sie verbreiten gute Laune auf der Freilichtbühne
Das Festival der Kulturen reiht sich seit Jahren in das Kulturprogramm rund um das Augsburger Friedensfest. Am Samstag stand mit den beiden Sängerinnen Mercedes Peón und Ami Warning der diesjährige Höhepunkt der Reihe an. Unerschütterlich trotzten dabei Künstlerinnen wie Zuschauer dem Wetter, erklang das Konzert doch auf der Freilichtbühne am Roten Tor bei teilweise wolkenbruchartigen Regenschauern.
Den Auftakt des insgesamt sehr stimmungsreichen, von Fröhlichkeit und drängenden Rhythmen gekennzeichneten Konzerts machte die junge Münchner Soul-Sängerin Ami Warning. Dabei hätte ihr erster Song „Untertauchen“eine mögliche Aufforderung an das Publikum sein können, hätte nicht von Anfang an all ihren Liedern dieser einnehmende Optimismus angehaftet. Und das Publikum war ohnehin ausgerüstet mit warmer Regenkleidung und bunten Regenschirmen. Sie alle genossen dieses Konzert am Roten Tor, da es schlicht gute Laune verbreitete.
Ami Warning wurde von ihrem Vater Wally begleitet, von dem sie wohl auch einen Großteil ihres Musiktalentes geerbt hat. Man konnte spüren, welche Freude es ihm, der von der westindischen Insel Aruba stammt, bereitete, an diesem Abend Tochter Ami auf der Akustikgitarre oder der Djembé zu begleiten. Die meist sehr eingängigen, poppigen Soul-Songs lebten von der vollen Altstimme Amis, die an den passenden Stellen immer wieder ein wenig kratzig klang. Eigentlich heißt Ami Amira, aber vielleicht steckt bei der Namenswahl ein Hauch Verbeugung vor einer anderen, unvergessenen großen Amy der Soul-Musik. Sprachlich wechselte sie zwischen deutschen und englischen Liedern. Größtenteils stimmte sie dabei ihre unkomplizierten Eigenkompositionen an, aber es durfte auch schon mal ein Reggae des legendären Bob
Marley erklingen. Allgemein wird Ami Warning von der Kritik gelobt und mit gerade einmal 25 Jahren kann da noch sehr viel kommen, vor allem dann, wenn ihre Lieder mit den Jahren noch an inhaltlicher Tiefe gewinnen. Mit viel Applaus bedankte sich nach knapp einer Stunde das Publikum bei Ami und ihrem Vater.
Im nahezu fliegenden Wechsel richtete sich sodann das Streicherensemble der Augsburger Philharmoniker gemeinsam mit der Spanierin Mercedes Peón auf der Bühne ein. Nach Soul und Pop sollte nun Neo-Folk erklingen. Stand Ami Warning mit ihrer wallenden Löwenmähne, die ebenfalls ein Marley-Zitat hätte sein können, auf der Bühne, so bestach Mercedes Peón optisch durch ihre markante Glatze. Und auch hier schien sich Äußeres mit musikalischem Ausdruck perfekt zu verbinden. Mercedes Peón stammt aus Galizien in Nordspanien. „Servus, I speak no Germany, no English. I speak Galicia.“Mit diesen Worten begann Mercedes Peón ihr Konzert, das sie gemeinsam mit dem Streicherensemble der Augsburger Philharmoniker präsentierte. Teile dieses Konzertes wurden eigens für die Zusammenarbeit mit den Augsburger Streichern komponiert. Peón bestach nicht nur gesanglich, sondern auch durch ihre enorme Bühnenpräsenz, mit der sie das Streicherensemble anzutreiben schien. Immer drängender wurde dabei das Tempo, doch die Streicherinnen und Streicher galoppierten gerne mit auf diesem wilden Ritt des Neo-Folks. Wusste man nicht, dass Mercedes Peón aus Spaniens Nordwesten stammte, so hätte man die Musik geografisch wohl anderen Orts angesiedelt. Schon bei den ersten Klängen wähnte man sich eher östlich des Bosporus, denn in Europas westlichster Ecke. Auch eine Reihe weiterer Lieder hätte man eher im südlichen Andalusien denn in Galizien vermutet, ließen diese Rhythmen doch Bilder des stolzen Flamencos entstehen.
Und vielleicht zeichnet gerade dies das Festival der Kulturen aus. Aus welcher Ecke der Welt welche Künstlerin welchen Sound und Rhythmus mitgebracht hat, ist eher Nebensache. Viel mehr zählt das Miteinander der Kulturen, das man auf einem Konzert wie diesem auch bei strömendem Regen gemeinsam erleben kann.