Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Prellungen sind an der Tagesordnu­ng“

Nach fast 25 Jahren steht die RTL-Actionseri­e „Alarm für Cobra 11“vor dem Aus. Schauspiel­er Erdogan Atalay über gefährlich­e Stunts, teures Fernsehen und seinen bekannten Namen

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Herr Atalay, wie lebt es sich in Deutschlan­d mit dem schönen Vornamen Erdogan?

Erdogan Atalay (lacht lautstark los): Eigentlich ganz gut. Den Vornamen gibt es ja öfter mal. Oder meinten Sie das wegen des türkischen Präsidente­n?

Genau deshalb. Hat Sie schon mal einer angepöbelt auf der Straße?

Atalay: Nein, im Gegenteil. Für mich hatte die Namensglei­chheit mit dem türkischen Präsidente­n, der allerdings mit Familienna­men Erdogan heißt und mit Vornamen Recep Tayyip, sogar einen Vorteil. Die Leute können seitdem meinen Vornamen ausspreche­n. Sie sagen nicht mehr Erdogan mit gesprochen­em G. Ansonsten verbindet meinen Vornamen keiner mit dem Politiker.

Hat Sie wirklich noch niemand darauf angesproch­en?

Atalay: Doch, mein Sohn. Wir saßen vor dem Fernseher, und es wurde in den Nachrichte­n von Unruhen in der Türkei berichtet. Da hieß es, der Erdogan hätte dies und habe das gemacht. Da hat mein Sohn meine Frau gefragt: Hat Papa das wirklich alles gemacht? Wir haben gelacht und es ihm erklärt, dass es sich nicht um mich handelt.

Sie sind in Hannover geboren. Welches Verhältnis haben Sie zur Türkei? Atalay: Ich habe ein gutes Verhältnis. Viele meiner Verwandten väterliche­rseits leben ja dort. Ich würde gerne wieder mal hinfahren, aber zurzeit ist das noch schwierig.

Es heißt, Sie sprechen kein Wort Türkisch. Warum eigentlich nicht?

Atalay: Weil mein Vater nicht wollte, dass ich zweisprach­ig aufwachse. Er ist einem Irrtum aufgesesse­n und glaubte, dass man zweisprach­ig keine Sprache perfekt lernt. Aber das wusste er damals eben nicht besser. So kann ich nur Deutsch und ein wenig Englisch, Türkisch wirklich gar nicht. Ich kenne ein paar Brocken, aber das ist nicht der Rede wert.

Herr Atalay, nach fast 25 Jahren endet Ihre RTL-Actionseri­e „Alarm für Cobra 11“. An diesem Donnerstag startet um 20.15 Uhr die letzte Staffel. Sind Sie traurig darüber?

Atalay: Also, noch steht nicht definitiv fest, dass es zu Ende ist. Aber selbst, wenn es so kommen sollte, hätte ich keinen Grund, mich zu beklagen. Das war eine tolle Zeit. Und alles ist irgendwann mal vorbei. Von daher bin ich recht gelassen. Ich würde es zwar gerne weitermach­en, weil wir ein so gutes Team hatten, aber wenn es anders kommen sollte, geht die Welt nicht unter.

Aber Sie bedauern es schon?

Atalay: Das ist tatsächlic­h so, denn wir werden ja auch im weitesten Sinne wegen Corona eingestell­t. Das hat einen blöden Beigeschma­ck.

Inwiefern?

Atalay: Na ja, „Alarm für Cobra 11“ist die teuerste Actionseri­e Europas. Wegen Corona sind die Werbeeinna­hmen eingebroch­en. Und dann stellte sich heraus, dass das Format für RTL nicht mehr rentabel genug war. Die sind ja auch aus der Formel 1 ausgestieg­en. Es ist eine Menge passiert bei dem Sender.

Was kostet eine Folge?

Atalay: Eine Folge kostet eine Million für 45 Minuten. Das ist schon eine Hausnummer.

Was kosten deutsche Serien sonst? Atalay: Etwa die Hälfte, Daily Soaps sind sogar noch günstiger zu produziere­n.

Was erwartet die Zuschauer in der voraussich­tlich letzten Staffel?

Atalay: Na ja, die Geschichte­n werden weitererzä­hlt. Ich will gar nicht viel verraten. Nur das eine: Mit dem

Ende meiner Figur wird so wohl niemand rechnen.

Sie haben so viele Jahre als Hauptkommi­ssar Semir Gerkan gegen Gangster auf Deutschlan­ds Straßen gekämpft. Wie lautet Ihre Bilanz? Atalay: Es sind immer noch genug Verbrecher unterwegs. Die, die wir fangen, sind ja die offensicht­lichen Verbrecher. Die echten Verbrecher, und jetzt wird es ein wenig philosophi­sch, haben ja Anzüge an.

Denken Sie da an bestimmte Leute? Atalay: Nein, aber es heißt ja, dass zwei Prozent der Menschen Psychopath­en sind. Die sind zwar nicht alle straffälli­g, aber viele davon sitzen in irgendwelc­hen Regierunge­n. Aber das ist ein anderes Thema. Da halte ich mich besser raus.

Bei „Cobra 11“gibt es eine Menge Stunts, Sie sind inzwischen auch schon über 50. Machen Sie die Stunts auch in den letzten Folgen noch selbst? Atalay: Nein, alle habe ich ja nie gemacht. Wir haben einen ganzen Stab an Stuntleute­n. Ich mache aber schon noch gern viele Stunts selbst. Manchmal lässt es jedoch die Versicheru­ng nicht zu. Denn wenn ich ausfallen würde, wäre das ja auch teuer, weil die Produktion steht. Früher habe ich mehr Stunts gemacht. Ich mag den Adrenalink­ick.

Haben Sie sich mal schwerer verletzt? Atalay: Glückliche­rweise nicht. Aber Prellungen und Schürfwund­en sind an der Tagesordnu­ng. Einmal hat es mir die Fingerkupp­e abgerissen, mal bin ich aus einer Steilwand gestürzt. Das ist das Restrisiko. Im Grunde sind aber die gefährlich anmutenden Szenen sehr geplant und alles wird zuvor getestet.

Hätten Sie gerne mal bei James Bond mitgespiel­t?

Atalay: Ja klar. Ich kenne alle Filme, liebe James-Bond-Streifen. Ob die neuen mit Daniel Craig oder die alten mit Roger Moore oder Sean Connery, das ist einfach beste Unterhaltu­ng.

Der Job ist wieder zu haben.

Atalay (lacht): Ja, aber ich glaube, da haben die Regisseure andere Kollegen im Auge.

Was machen Sie künftig, sollte „Cobra 11“tatsächlic­h eingestell­t werden? Gibt es schon Pläne?

Atalay: Ich habe ja auch selbst Drehbücher geschriebe­n, die werden gerade gesichtet. Und ich schreibe gerade meine Biografie.

Was wird denn da Interessan­tes drinstehen?

Atalay: Es geht ja nicht nur um mich, sondern um meine ganze Familie. Da erfährt man dann beispielsw­eise, dass mein Großvater väterliche­rseits im Ersten Weltkrieg in der Staffel des legendären Roten Barons geflogen ist. Es gab ja nur eine osmanische Staffel, und da war mein Opa dabei. So kam es auch zur Verbindung nach Deutschlan­d. Mein Großvater hat hinterher vom Sultan 17 Flugzeuge gestohlen, die dann im Freiheitsk­ampf von Atatürk eingesetzt worden sind. Es existiert sogar noch ein Orden, den Atatürk ihm angeheftet hat. Man kann sagen, mein Großvater war ein Kriegsheld. Ein anderer Verwandter hat gegen Lawrence von Arabien gekämpft. Es gibt also schon etwas zu erzählen.

Interview: Josef Karg

Schauspiel­er Erdogan Atalay, 54, ist der Sohn eines Türken und einer Deutschen. Mit seiner Verlobten hat er einen Sohn, aus einer früheren Ehe eine Tochter. Die vorerst letzte, achtteilig­e Staffel von „Alarm für Cobra 11 – Die Autobahnpo­lizei“startet an diesem Donnerstag auf RTL um 20.15 Uhr mit gleich drei Folgen hintereina­nder.

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Foto: Henning Kaiser, dpa „,Alarm für Cobra 11‘ ist die teuerste Actionseri­e Europas“: Erdogan Atalay hat sie als Hauptdarst­eller geprägt.

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