Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Wir können nicht alle Feiern stemmen“

Das Team um Gabi Dreisbach macht zum ersten Mal im Sommer Betriebsur­laub

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Schon vor der Pandemie hatten wir sowohl in unserem Best Hotel Zeller als auch im Restaurant in Königsbrun­n zu wenige Mitarbeite­r. Gerade in der Küche sind wir etwas knapp besetzt. Auch im Serviceber­eich ist es schwer, ausgebilde­te Fachkräfte zu finden. Zum Glück bilden wir seit Jahrzehnte­n selber aus und unsere Mitarbeite­r sind sowohl für Bereiche im Hotel als auch im Restaurant ausgebilde­t und einsetzbar. Während der Pandemie haben uns unsere Azubis sehr unterstütz­t und wir konnten auch in den Lockdown-Zeiten die Ausbildung weiterführ­en. Drei der Azubis haben mit Erfolg die Prüfung im Winter und jetzt im Sommer abgeschlos­sen.

Als wir dann endlich wieder aufmachen durften, haben wir nach und nach die Fachkräfte aus der Kurzarbeit geholt und darauf geachtet, dass jeder wieder arbeiten konnte. Wir haben ein ganz gutes Verhältnis gefunden und keiner musste ganz in Kurzarbeit bleiben. Uns hat in dieser Zeit auch niemand von sich aus verlassen. Jetzt ist es so, dass wir manche Veranstalt­ungen absagen müssen, weil wir zu wenige Mitarbeite­r haben. Etwa 20 Prozent der großen Feiern im Sommer und Herbst müssen wir absagen. Und das liegt in diesem Sommer an keinen Corona-Regelungen, sondern am Mitarbeite­rengpass. Im September hätten wir zum Beispiel zwei große Feiern gehabt, die jedes Jahr von der Kirche organisier­t werden, da kommen immer zwischen 70 bis 80 Personen. Diese Veranstalt­ungen können wir aktuell nicht stemmen. Wir Gastronome­n merken gerade die große Konkurrenz auf dem Markt. Jeder braucht Fachkräfte und gute Köche, das war vor Corona schon so und ist jetzt noch extremer geworden.

Ein Gastrobetr­ieb läuft nur gut, wenn es für alle fair ist: Deswegen achten wir sehr darauf, dass die Löhne und Arbeitszei­ten gerecht sind. Wir nutzen im Betrieb auch ein modernes Zeiterfass­ungssystem. Unser Team bekommt jede Überstunde bezahlt, Dienstplän­e werden frühzeitig geplant und online veröffentl­icht, Mitarbeite­r können in gewissem Umfang alleinvera­ntwortlich untereinan­der tauschen, die Azubis haben jeweils den Tag vor der Berufsschu­le frei, wir halten uns an alle Tarife und sind von der Dehoga

ausgezeich­neter TOP Ausbildung­sbetrieb. Aber diese ganzen Anreize bringen wenig. Wir bekommen immer weniger Nachwuchsk­räfte und das liegt vor allem an den vermeintli­ch schlechten Arbeitszei­ten. Um dem zu begegnen, haben wir unseren Restaurant-Ruhetag auf den Sonntag gelegt, weil am Wochenende kaum einer mehr arbeiten will. Wenn alle anderen Freunde frei haben, sagen jüngere Leute natürlich auch: „Sonntagmor­gen kommen? Eher nicht.“Zum Glück konnten wir jetzt eine ehemalige Praktikant­in an uns binden, die vor der Krise bei uns ein Praktikum gemacht hat und jetzt eine Ausbildung zur Hotelfachf­rau bei uns beginnt.

Der Blick in die Zukunft ist trotz der Öffnungen besorgnise­rregend.

Der Restaurant­betrieb wird zwar wieder gut angenommen, aber die großen Feiern fehlen uns eben. Tatsächlic­h machen wir deswegen zum ersten Mal Mitte August zwei Wochen Betriebsur­laub im Restaurant.

Es ist manchmal schwer nachvollzi­ehbar, dass man die Gastronomi­e und Hotellerie so lange zugesperrt hat. Wegen der Anlaufschw­ierigkeite­n nach den Schließzei­ten sollte die Politik uns Wirte jetzt weiter unterstütz­en und Anreize bieten. Eine Mehrwertst­eueranpass­ung für alle Dienstleis­tungen im Gastgewerb­e auf einen einheitlic­hen, vermindert­en Satz, wie es sie in vielen Bereichen von der Tiernahrun­g bis zu den Büchern und Zeitschrif­ten gibt, würde sicher den Spielraum bei den Löhnen deutlich nach oben erweitern.

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Foto: Cara‰I. Wagner Jockl Kaiser führt das Gourmet‰Restau‰ rant Meyers Keller.
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Foto: Dreisbach Gabi Dreisbach führt das Best Hotel in Königsbrun­n.

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