Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ein Energieschub für Joe Biden
berraschend kommt die EntÜscheidung
nicht. Und doch sieht das Rennen um die amerikanische Präsidentschaft plötzlich ganz anders aus. Zuvor standen – bei allen Unterschieden – zwei weiße Männer jenseits der Siebzig gegeneinander. Nun kommt mit Kamala Harris das jüngere, das weibliche und das schwarze Amerika ins Spiel. Die Tochter einer indischen Mutter und eines jamaikanischen Vaters hat das Potenzial, der bislang wenig aufregenden Kampagne von Biden einen Energieschub zu verpassen.
Mit ihr tritt eine wortgewandte, selbstbewusste und ambitionierte Frau in die erste Reihe der Demokraten. Und eine Politikerin, die deutlich jünger als das aktuelle Spitzenpersonal in Washington ist. Kamala Harris war acht Jahre alt, als Joe Biden zum ersten Mal in den Senat gewählt wurde. Sie steht damit auch für einen Generationswechsel. Sollte Biden Präsident werden und am Ende der ersten Amtszeit mit dann 81 Jahren nicht noch einmal antreten, stünde seine Stellvertreterin auf dem ersten Startplatz für die Nachfolge.
Dieser Ehrgeiz, der ihr gelegentlich vorgeworfen wird, muss kein Fehler sein. Problematischer ist der Verdacht, dass die Juristin für den politischen Erfolg bisweilen auch ihre Positionen wechselt. Und auch bei den schwarzen Wählern muss die 55-Jährige noch kräftig um Vertrauen werben: Als Staatsanwältin in Kalifornien hat sie nämlich eine harte Linie verfolgt und wenig gegen die nun viel kritisierte Polizeigewalt unternommen.