Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die bisher größte Corona-Demo in Augsburg
An der Erhard-Wunderlich-Sporthalle treffen sich Kritiker der Corona-Maßnahmen – es sind mehr denn je
Bei der Verleihung des Friedenspreises sprach Oberbürgermeisterin Eva Weber im Goldenen Saal auch von Menschen, die keine Rücksicht auf die Gesundheit anderer nehmen würden. Oder aber nicht in der Lage seien, Probleme auf einer politischabstrakten Ebene anzusprechen. Da mag sie auch an diejenigen gedacht haben, die sich wenig später auf der Betonplatte vor der Erhard-Wunderlich-Sporthalle in Göggingen versammelten.
Veranstaltet wurde die Demonstration von der Partei Basisdemokratische Partei Deutschland. Unterstützt wurde sie von der Gruppe „Grundrechte wahren“, welche die bisherigen Demos am Plärrer organisiert hat. Angemeldet war die Demonstration für 3000 Menschen, gegen 17 Uhr sprach die Polizei von 1200 bis 1500 Teilnehmern. Tatsächlich war das aufgrund der Weitläufigkeit des Ortes schwer abzuschätzen, aber die Angaben der Polizei schienen realistisch. Es war die bisher größte Corona-Demo in
Augsburg. Masken trug hier niemand – das war auch ausdrücklich so gewünscht.
Die Menschen, die sich hier unter dem Titel „Fest für Freiheit & Frieden“versammelten, entstammten offensichtlich ganz verschiedenen Gesellschaftsschichten – und so bot sich ein Bild, das von anderen Corona-Demos
bekannt ist. Zu sehen waren unter anderem oberkörperfreie Männer mit Dreadlocks, picknickende Familien und Regenbogenfahnen, aber vereinzelt auch Männer mit Glatzen und mit tätowierten Eisernen Kreuzen auf den Oberarmen. Eine der Demonstrantinnen war Sibylle Meister, sie ist
Kinder- und Jugendpsychotherapeutin. Die Teilnehmerin lebt im Augsburger Raum und war am 1. August in Berlin unter den etwa 25 000 Corona-Demonstranten. Meister sagte, sie sei hier, weil sie um die Freiheit der Gesellschaft besorgt sei. Nach eingehender Internetrecherche habe sie festgestellt, dass etwas falsch laufe. Man könne sie ruhig als Verschwörungstheoretikerin bezeichnen, das sei nur ein Label der Kritiker. Meister erklärte, Demokratie lebe von Auseinandersetzung und wachse daran, weswegen man nicht voreingenommen gegenüber den Anti-Corona-RegelnDemonstranten sein solle.
Die Stimmung unter dem Publikum war friedlich, auch wurden Journalisten und Beobachter nicht bedrängt, wie andernorts bereits geschehen. Die Polizei sprach am späten Nachmittag von einem friedlich verlaufenden Einsatz. Was nichts daran änderte, dass auf der Rednerbühne Fakten verdreht und vom Publikum dennoch klatschend aufgenommen wurden. Etwa als davon gesprochen wurde, dass Gerichte keine Klagen gegen Corona-Bestimmungen bearbeiten würden. Oder, dass die Menschen bald zwangsgeimpft werden sollen. Alle Redebeiträge wurden wohlwollend aufgenommen.
Auch forderten die Redner, mit den Politikern „abzurechnen“, im Publikum hörte man, dass man nun eine außerparlamentarische CoronaOpposition sei. Andere Redner – es sprachen mehr als zehn – prophezeiten einen totalen wirtschaftlichen Niedergang. Dass es Anzeichen gibt, wonach sich die deutsche Wirtschaft schneller als gedacht erholt, wurde vor Ort nicht thematisiert. Ein weiterer Redner sprach von Schüler-Demos für Maskenfreiheit. Das Publikum klatschte. Im Nachgang schob der Mann ein, er müsse erst noch recherchieren, ob das stimme.
Das hörten die Leute hier aber nicht mehr. Sie waren in Gedanken teilweise wohl schon beim 29. August in Berlin – dann soll dort wieder eine Großdemo gegen die Corona-Regeln stattfinden. Man wolle dabei sein, war überall zu hören.