Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Das Tempolimit auf der A8 ist angekommen
Auf den neun Autobahnkilometern zwischen Neusäß und Friedberg gab es im vergangenen Jahr mehr als 300 Unfälle. Nun gibt es ein Tempolimit auf diesem Streckenabschnitt – doch das ist nur der erste Schritt für mehr Verkehrssicherheit
Fuß vom Gas heißt es ab sofort für bis zu 110000 Autofahrer, die täglich auf der A8 zwischen Neusäß und Friedberg unterwegs sind. Insgesamt 16 neue Schilder für jede Richtung sollen künftig den Verkehr in diesem Bereich ein großes Stück sicherer machen. Und um dies zu erreichen, bremst dort nun das Verkehrszeichen „274-120“in der Zeit von 6 bis 20 Uhr die Autofahrer auf maximal Tempo 120 herunter. Eine Maßnahme, die sowohl die Autobahnpolizei in Gersthofen als auch die für die A8 zuständigen Betreibergesellschaften Pansuevia und A+ begrüßen.
„Heute ist ein guter Tag für die Verkehrssicherheit in unserer Region“, sagt auch Bundestagsabgeordneter Hansjörg Durz (CSU), nachdem die 120-Schilder zwischen Neusäß und Friedberg am Donnerstag scharf gestellt wurden. Die Rufe nach einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf der A8 und elektronischen Schilderbrücken waren in den vergangenen Monaten immer lauter geworden. Neben Anwohnern und Kommunalpolitikern hatte sich auch die Polizei wiederholt für eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf der A8 ausgesprochen. Und das aus gutem Grund.
„Wir hatten im vergangenen Jahr auf 47 Kilometern insgesamt 938 Unfälle“, sagt Erster Polizeihauptkommissar Gerhard Stern vom Polizeipräsidium Schwaben. Auch in diesem Jahr ist es wiederholt zu mehrstündigen Sperrungen nach schweren Unfällen gekommen. Zwei Menschen im Dienstbereich der Autobahnpolizei verloren dabei ihr Leben. Besonders oft kracht es dabei auf dem neun Kilometer langen Teilstück zwischen Neusäß und Friedberg. Ein Drittel aller registrierten Unfälle passieren dort. Ursache sind laut Stern vor allem eine nicht angepasste Geschwindigkeit, ein zu geringer Abstand und Fehler beim Spurwechsel. Und es gibt weitere Gefahrenpunkte.
„Tatsache ist, dass der Verkehr von Westen her, also aus Richtung Günzburg kommend, immer dichter wird“, erklärt Robert Schmid, Geschäftsführer der Pansuevia. Sind zunächst etwa 90000 Fahrzeuge in dem Bereich täglich unterwegs, werden es im Raum Augsburg schließlich bis zu 110000 Autos und Lastwagen, die sich in Richtung Lechbrücke bewegen. Fünf Anschlussstellen mit Aus- und Zufahrten auf die A 8 und zur B 17 regeln den Verkehr, Stellen mit einem hohen Gefahrenpotenzial. Das seit gestern bestehende Tempolimit auf 120 Stundenkilometer ist daher nur der erste Schritt, um den Unfallbrennpunkt zu entschärfen.
So soll nun schnellstmöglich der einfließende Verkehr an der Anschlussstelle Augsburg-West entzerrt werden. Hierfür wird schon bald der von Augsburg kommende
bis zur Lechbrücke auf eine Zubringerspur geleitet werden. „Die Fahrzeuge, die von Donauwörth kommen, werden dafür direkt auf die A8 geleitet“, erklärt Stern. Für Landrat Martin Sailer (CSU) reichen diese Maßnahmen allerdings bei Weitem noch nicht aus. Er fordert eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung auf der A8. Maximal 120 Kilometer pro Stunde müssten seiner Meinung nach mindestens bis Günzburg gelten, wenn nicht für die gesamte A 8.
Und Sailer geht mit seinen Forderungen noch weiter. Er wünscht sich ein generelles Tempolimit von 130 Stundenkilometern und ein Überholverbot für Lastwagen auf allen deutschen Autobahnen. Damit stellt sich Sailer auch gegen seine Partei, die erst im Februar eine Kampagne gegen ein generelles Tempolimit gestartet hatte.
Innenminister Joachim Herrmann hat erst vor wenigen Tagen zu diesen Punkten Stellung bezogen, nachdem ihn ein Anwohner erneut darauf angesprochen hatte. „Ein Überholverbot für Lkw ist auf den Streckenabschnitten Burgauer Berg, Zusmarshausen und Adelsried rechtlich nicht durchsetzbar“, teilt Herrmann mit. Der Lkw-Anteil am Unfallgeschehen liege demnach in diesen Streckenabschnitten unter dem bayerischen Durchschnitt. Ein Lkw-Überholverbot in den Anschlussstellenbereichen würde im Gegenteil aufgrund der Topografie das Unfallrisiko sogar erhöhen, glaubt Herrmann. Zwischen den Anschlussstellen BurVerkehr gau und Adelsried sei nach Auswertung der Unfallanalyse kein Unfallschwerpunkt gegeben. Diese Einschätzung dürfte jedoch bei der nächsten Unfallanalyse, die es im Dezember geben wird, schwer zu halten sein.
Vergangene Woche war nach einem schweren Unfall mit einem Lkw zwischen Adelsried und Neusäß die A8 wieder stundenlang gesperrt. Ende Juni ist dort eine 38-jährige Frau nach einem schrecklichen Unfall, bei dem das Auto in zwei Teile getrennt wurde, noch an der Unfallstelle gestorben. Für Gerhard Stern ist daher das nun aktuelle Tempolimit zwischen Neusäß und Friedberg keine Strafe. „Schließlich wollen wir die Autofahrer nicht gängeln, sondern schützen.“