Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Lehrerin schlägt Angreifer in die Flucht
Eine Frau wird auf dem Heimweg von einem unbekannten Mann attackiert, der mit einem Holzknüppel auf sie einschlägt. Doch das Opfer wehrt sich. Im Prozess kann der Angeklagte sein Verhalten nicht erklären
Er hatte den Stock am Straßenrand gefunden. Der 39-jährige Mann, der nun vor Gericht stand, hatte damit vor etwa einem Jahr eine 47-jährige Lehrerin in der nächtlichen Berliner Allee überfallen und verletzt. Die Frau konnte ihn in die Flucht schlagen. Jetzt wurde der arbeitslose Maurer für die Tat vom Augsburger Amtsgericht zu einer Haftstrafe von 20 Monaten verurteilt.
Die 47-Jährige berichtete als Zeugin, was ihr widerfahren war. Sie sei an dem Tag mit dem Zug vom Münchner Flughafen gekommen. Weil sie kurz vor Mitternacht am Bahnhof Hochzoll kein Taxi gefunden habe und weil es ein schöner Sommerabend gewesen sei, habe sie beschlossen, zu Fuß mit ihrem Koffer nach Hause zu laufen. Während sie lief, habe sie mehrfach Nachrichten
auf dem Smartphone gelesen und beantwortet und Telefonate geführt, so die Frau. Offenbar, ohne es zu bemerken, passierte sie dabei eine Bar in der Friedberger Straße, wo der Angeklagte bereits mehrere Gläser Bier getrunken hatte. Möglicherweise hinter der Lechbrücke an der Abzweigung der Berliner Allee von der Friedberger Straße habe sie den späteren Täter erstmals wahrgenommen, ohne ihn jedoch zu beachten, so die 47-Jährige. An der Einmündung der Eichendorffstraße sei der Mann plötzlich ohne ein Wort auf sie zugestürmt, in der Hand einen Holzknüppel. Damit, so die Frau, habe er ihr auf den Kopf, die Schulter den Arm geschlagen und erheblich verletzt.
Sie habe sich zur Wehr gesetzt, den Angreifer gepackt, beide stürzten und fielen eine kleine Böschung hinab. Im Bodenkampf sei es ihr gelungen, den Knüppel zu packen und den Mann damit einzuzwängen. Zunächst habe sie daran gedacht, dem Angreifer dasselbe anzutun wie er ihr und ihn mit dem Holzstock zu prügeln. „Jetzt bin ich weg“– das seien die einzigen Worte des überwältigten 39-Jährigen gewesen, an die sich die Frau erinnern konnte. Dann sei es dem Angreifer gelungen, sich loszureißen und davonzulaufen. Zwar, so die Lehrerin auf Nachfrage des Gerichts, gehe es ihr inzwischen besser als vor einem Jahr, aber sie leide nach wie vor psychisch unter dem Angriff. Ihre körperlichen Wunden seien verheilt.
Der Angreifer konnte ermittelt werden. Nachdem er offensichtlich in seine rumänische Heimat geflohen war, wurde er mit europäischem Haftbefehl gesucht, im Januar verhaftet und nach Deutschland überstellt, wo er seither in Untersuchungshaft
sitzt. Der Angeklagte selbst hatte sich in seiner Aussage seine Tat nicht erklären können. „Der Teufel hat mein Gehirn verdunkelt“, ließ er über seine Übersetzerin verlauten. Während er vor dem besagten Lokal beim Rauchen gestanden habe, habe er eine Beleidigung gegen seine Person zu hören geglaubt. Er könne aber nicht sagen, ob diese Beleidigung von der gerade vorbeilaufenden Geschädigten gekommen sei. Beim Opfer entschuldigte sich der Mann, so etwas werde nicht mehr vorkommen.
Staatsanwältin Beate Christ nannte den Vorfall das Schlimmste, was sich eine Frau vorstellen könne: mitten in dunkler Nacht auf einer unbelebten Straße von einem Unbekannten überfallen und mit einem Holzknüppel geschlagen zu werden. Sie nannte es ein großes Glück für den Angeklagten, dass die Frau derart beherzt reagiert habe. Sonst wäre seine Strafe deutlich schlimmer ausgefallen. Sie forderte die für diese Konstellation höchstmögliche Strafe von zwei Jahren Gefängnis. Verteidigerin Petra Dittmer erachtete 20 Monate für angemessen und plädierte, diese zur Bewährung auszusetzen. Richterin Rita Greser konnte aber keine für eine Bewährungsstrafe günstige Sozialprognose erkennen. Der Angeklagte sei arbeitslos, seine Aufenthaltssituation dem Gericht gegenüber unrichtig angegeben worden. Zudem habe der mehrfach vorbestrafte Mann bereits einmal eine Bewährungsstrafe nicht durchgestanden. Sie verurteilte den 39-Jährigen unter Anrechnung seiner sechs Monate Untersuchungshaft zu einer Gefängnisstrafe von 20 Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.