Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Hier geht es hoch hinaus
Ein Gersthofer Großhändler soll imitierte Ladekabel und Handy-Akkus aus Asien angeboten haben. Vor Gericht wird klar: Die gefälschten Ersatzteile sind kaum von den Originalen von Apple und Co. zu unterscheiden
Ein Streifzug durch den Firmensitz der Roschmann Group gewährt Ein- und Ausblicke in und vom Turm. An welchen Projekten die Firma derzeit arbeitet.
Gersthofen Etwa 40 Einsatzkräfte der Polizei stellen vor vier Jahren die Lagerräume eines Gersthofer Großhändlers auf den Kopf. Ihr Ziel: das Auffinden von gefälschten Markenprodukten. In der 2500 Quadratmeter großen Lagerhalle werden sie fündig. Etwa 1500 mutmaßlich gefälschte Handyakkus, Ladekabel oder Headsets werden sichergestellt. Nach jahrelanger Ermittlung landete der Fall nun vor dem Augsburg Amtsgericht. Den beiden Geschäftsführern wird vorgeworfen, absichtlich mit den Fälschungen gehandelt zu haben. Mittlerweile gibt es das Gersthofer Unternehmen der beiden Geschäftsleute nicht mehr. Von den Anschuldigungen wollen sie vor Gericht nichts wissen.
Als Zeugin sagte am ersten Verhandlungstag unter anderen die zuständige Sachbearbeiterin der Polizei aus. In drei Fällen habe man den Großhändlern demnach gefälschte Produkte nachweisen können. Zweimal sei eine Lieferung am Leipziger Flughafen abgefangen worden – mutmaßlich gefälschte Akkus aus China. Später fand man davon bei der Durchsuchung des Lagers offenbar noch mehr. Das zumindest behauptete die Ermittlerin. Denn ob es sich tatsächlich um Fälschungen handelt, muss vor Gericht geklärt werden. Für den Laien seien die Produkte nicht vom Original zu unterscheiden, erklärte auch die Ermittlerin. Deshalb arbeitete sie mit Sachverständigen der betroffenen Firmen (Apple und Samsung) zusammen. Die waren sich einig: Im Lager des Großhändlers seien gefälschte Produkte gefunden worden. Vor Gericht mussten die Gutachter allerdings nicht mehr aussagen.
Unterscheiden würden die sich vor allem beim Preis, erklärte die
Ermittlerin. Deshalb habe auch den Großhändlern klar sein müssen, um welche Art von Ware es sich handelt. „Wer in China, in irgendeiner Hinterhofwerkstatt einkauft, weiß, was er bekommt“, sagte die Ermittlerin.
Die beiden Angeklagten hingegen betonten, dass ihnen zu keinem Zeitpunkt bewusst war, dass es sich um Imitate handeln könnte. „Wir haben immer nach besten Wissen und Gewissen eingekauft“, sagte einer der Angeklagten. Auch der Preis der Ware deutete laut ihm nicht auf eine Fälschung hin. Er sehe ein ganz anderes Problem: Der Hersteller Apple verkaufe seine Ersatzprodukte grundsätzlich nur an zertifizierte Händler. Ersatzakkus zum Beispiel kann der Kunde so nicht selbst einkaufen und in sein Handy einbauen. Eigentlich sollten die zertifizierten Händler die Ware nicht weiterverkaufen. Doch das passiere laut dem Angeklagten immer wieder. Das wiederum führe dazu, dass letztlich originale Produkte auch bei Großhändlern wie ihm zu finden sind – ganz legal. Apple sei dann der Meinung, dass die Produkte gefälscht sind. Doch das stimme schlicht nicht, so der Angeklagte. Außerdem verwies er darauf, dass die zur Diskussion stehenden Produkte nur einen winzigen Teil des damaligen Gesamtangebots seines Unternehmens ausmachen. 2016 hatte der Großhandel laut eigenen Angaben etwa 300000 Produkte auf Lager. Bei der Durchsuchung sind etwa 1500 mutmaßlich gefälschte Produkte gefunden worden. An Endkunden hat das Gersthofer Unternehmen diese allerdings nie verkauft. Die Ware ging ausschließlich an Händler – zum großen Teil ins Ausland.
Letztlich einigte sich das Gericht darauf, das Verfahren gegen eine Geldauflage der beiden Angeklagten (je 3000 Euro) einzustellen.