Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wie sind die Perspektiven des Karstadt-Hauses?
Der Konzern will bundesweit fast die Hälfte aller Filialen schließen. Es gibt Argumente, die für den Verbleib am Augsburger Standort sprechen. Dabei spielt der Discounter Aldi eine wichtige Rolle
Es ist ein eingespielter Ablauf, wie er in diesen Tagen überall im Handel praktiziert wird: Wer sein Haus trotz Corona wieder öffnet, muss Auflagen beachten. Für Personal und Kunden gilt zum Beispiel Maskenpflicht. Zudem muss die Zahl der Kunden begrenzt werden. So wird dies auch im Galeria-KarstadtHaus in der Bürgermeister-FischerStraße geregelt.
Die Auflagen gelten wegen der Corona-Pandemie und nicht alle sind davon begeistert. Nun könnte dem größten Warenhaus in Augsburgs Innenstadt aber weit Schlimmeres drohen. Der Konzern beabsichtigt, aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Situation nahezu die Hälfte aller Häuser zu schließen. Rund 80 von 175 Filialen könnten es sein. Wie steht es also um den Standort Augsburg?
Mitarbeiter, die am Montag in der Filiale im Einsatz sind, wollen sich zu ihrer Gefühlslage nicht weiter äußern. Geschäftsführer Michael Hartisch, der seit 15 Jahren das Warenhaus leitet, verweist auf die zentrale Unternehmenskommunikation des Konzerns. Dies ist nicht ungewöhnlich: Presseauskünfte dürfen generell nicht mehr vor Ort gegeben werden, wenn es sich um strategische Themen handelt. Es gibt jedoch keinen Maulkorb. Als Galeria Karstadt Kaufhof nach der staatlich angeordneten Komplettschließung wieder mit einer zunächst eingeschränkten Verkaufsfläche von 800 Quadratmetern öffnen durfte, wurde diese Nachricht von dem Augsburger Geschäftsführer offensiv beworben.
Reden darf dagegen Augsburgs Citymanager Heinz Stinglwagner: „Wir bangen natürlich um den Augsburger Standort.“Stinglwagner, der für die Stadtmarketinggesellschaft Augsburg Marketing tätig ist, sieht Argumente, die für den Weiterbetrieb sprechen würden: „Ich könnte mir vorstellen, dass wegen der Neuausrichtung im Untergeschoss mit Lebensmittelspezialitäten, dem ausgeweiteten Gastrobereich und dem Einzug eines City Aldi das Augsburger Haus gute Chancen hat, nicht geschlos
zu werden.“Stinglwagner glaubt, dass es in Augsburg weitergeht: „Ich hoffe das sehr.“Ein mögliches Aus wäre für den Handel verheerend. „Es ist ein Ankerkaufhaus. Sollte Galeria Karstadt Kaufhof schließen, wäre das ein immenser Schaden für die BürgermeisterFischer-Straße und die Augsburger Innenstadt.“
Im Karstadt-Haus war Ende Februar nach einem mehrwöchigen Umbau die Lebensmittelabteilung im Untergeschoss neu gestartet. Sie heißt „Galeria Markthalle“. Dokumentiert wird damit die Verbindung der zusammengeschlossenen Unternehmen Galeria Kaufhof und Karstadt. Schon seit einigen Monaten wird zudem spekuliert, ob Aldi in das Untergeschoss zieht.
Der Discounter bestätigte bereits gegenüber unserer Redaktion das Interesse an einem Einzug. Ein Abstecher am Montag ins Untergeschoss lässt auch den Schluss zu, dass die Vorbereitungen längst im Gange sind. Haushaltswaren und Elektrogeräte, die bislang im Untergeschoss verkauft wurden, sind bereits umgezogen. Sie sind nun in der dritten Etage. Unten ist derzeit ein Schnäppchenmarkt. Einzelne Bereiche der Fläche sind abgesperrt und werden nicht genutzt. Es sieht nach einer Übergangslösung aus. Lebensmittel werden verkauft, die Fischtheke mit Bewirtung von Gässen ten muss dagegen geschlossen bleiben.
Mitarbeiter von Karstadt in Augsburg leben seit vielen Jahren mit der Ungewissheit, wie es um die Zukunft der Arbeitsplätze bestellt ist. Der Blick ins Archiv zeigt es: Bereits im Jahr 2004 stand das damalige Karstadt-Haus zum Verkauf. Er wurde im letzten Moment abgebogen. Es war die Zeit, als auf der Straßenseite gegenüber Galeria Kaufhof ihr Domizil hatte. Von 2000 bis 2015 saßen Kaufhof und Karstadt gemeinsam in der Innenstadt. Es waren zwei Warenhäuser mit einem kompletten Sortiment. Kaufhof zog 2015 aus, heute sitzt in diesem Gebäude Schuh Schmid.
Die derzeitige Ungewissheit bei Galeria Karstadt Kaufhof ist nicht das einzige Sorgenkind im Handel. Citymanager Stinglwagner kennt die Sorgen der Firmenchefs. Er sagt: „Die Corona-Einschränkungen belasten den Handel enorm.“Einkaufsvergnügen komme aufgrund der geltenden Auflagen nicht auf. Umsätze seien eher mau. Es fehle Frequenz, die nötig sei, um die Geschäfte erfolgreich führen zu können. Dies gelte im gleichen Atemzug für die Gastronomie. Stinglwagner: „Alle fahren auf Notbetrieb. Anders kann man das nicht beschreiben und das kann natürlich kein Dauerzustand sein.“