Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Pfeilschnell, dieser Graf
Hauptquartier der Weltgeschichte
Man kann es zu den eindrucksvollsten Landschlössern Bayerns zählen: das Barock-Wasserschloss Sandizell mit seiner im altbayerischen Rokoko glänzenden Hofmarkkirche. Deren Altäre – vom berühmten Stuckateur und Bildhauer Egid Quirin Asam geschaffen – sind schon alleine eine Reise dorthin wert. Und am 8. August 1704 stellte sich das Schloss sogar kurz der Weltgeschichte zur Verfügung. Die Feldherrn Herzog John Marlborough und Prinz Eugen von Savoyen hielten hier Kriegsrat und bereiteten die einige Tage später stattfindende Schlacht von Höchstädt vor, die dann mit schlimmen Grausamkeiten auf beiden Seiten ausgetragen wurde.
Das furchtbare Gemetzel wird die hohen Kriegsherrn wenig beeindruckt haben… Seit über 1000 Jahren ist Sandizell die „Urzelle“eines der ältesten Adelsgeschlechter Bayerns. Hohe Ämter für Kirche und Weltlichkeit übten die Sandizeller aus: etwa als Reichsfreiherrn, Reichsgrafen, Kämmerer und Kapitulare. Auch ein Bischof war dabei. 1918 wird Graf Carl Theodor sogar Mitglied des Reichstags. Und dann ist da noch Graf Carl Max. Als das Führen eines Automobils in den 1920/1930er Jahren noch eine noble Sache war, feiert dieser in der ganzen Welt als Rallyefahrer große Erfolge.
Seine rasanten Automobile gaben dem kleinen Sandizell besonderen Glanz. Nach dem Zweiten Weltkrieg engagiert er sich dann noch viele Jahre als Präsident des Automobilclubs Deutschland. Sein Nachkomme Graf Nikolaus will da nicht zurückstecken: Er befasst sich weltweit mit Unterwasser-Archäologie und kümmert sich dabei insbesondere um den Erhalt des gefährdeten „Kulturerbes Weltmeere“. Im Übrigen sind die Sandizeller gute Gastgeber: Man kann das Barockjuwel für Feiern und Veranstaltungen mieten. Etwas Besonderes ist es halt für viele schon: ein Ja zur Ehe vor einem Asam-Altar! Und vor dem Schloss sind immer wieder Märkte und andere Open-Air-Festivitäten angesagt. Heinz Münzenrieder