Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Das Elektrogerät, das nicht kaputt gehen will
Es gehört zum Wesen von Alltagsgegenständen, dass man selten über sie nachdenkt. Sie sind einfach da. Nehmen wir zum Beispiel den Fön. Das Modell, das ich daheim habe, ist weit über 20 Jahre alt. Es ist Snoopy nachempfunden, dem Hund von Charlie Brown aus der Comic-Reihe „Peanuts“. Der Fön hat zwei schwarze Ohren und eine Fliege, in der eine Kindersicherung versteckt ist.
Ich besitze nur wenige Dinge, die älter sind als dieser Fön. Dass er noch da ist, ein Stück Kindheit im ansonsten erwachsenen Badezimmer, liegt nicht daran, dass ich übermäßig sentimental bin. Sondern daran, dass er einfach nicht kaputt geht.
Kürzlich war ich bei meinen Eltern. Auch dort liegt in der Waschtisch-Schublade dasselbe blaue Haartrockner-Modell, das ich noch aus meiner Kindheit kenne. Der Fön, glaube ich seitdem, ist das langlebigste aller Elektrogeräte. Dem Besitzer ähnlich treu ergeben wie Snoopy seinem Charlie Brown.
Vielleicht liegt das daran, dass der Fön die höchste Technik-Entwicklungsstufe schon vor langer Zeit erreicht hat. Niemand braucht alle zwei Jahre einen neuen Fön, weil das alte Modell nicht mehr zeitgemäß ist. Es ist relativ egal, wie er aussieht, solange er auf Knopfdruck funktioniert.
Natürlich gibt es immer wieder mal diese Horrorgeschichten: Von Föns, die Funken sprühen. Die Haare verkokeln und plötzlich in Flammen stehen. Aber im Großen und Ganzen ist der Fön ein unscheinbarer, genügsamer Arbeiter. Er tut genau das, wofür man ihn bezahlt hat. Fünf bis zehn Minuten lang gibt er alles, danach verschwindet er wieder im Badezimmerschrank, manchmal für einen, zwei oder noch mehr Tage.
Vielleicht ist das das Geheimnis seiner Langlebigkeit: Dass er nie lange im Einsatz ist und doch immer wieder zum Einsatz kommt.