Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Der Popstar unter den Autoren
Porträt Sebastian Fitzek ist derzeit Deutschlands erfolgreichster Schriftsteller von Psychothrillern. Die Leser feiern ihn – und das nicht nur wegen seiner Bücher
Die Stimme von Sebastian Fitzek klingt sonor und gut gelaunt durch die Telefonleitung: „Es läuft super“, sagt der 45-Jährige – und meint damit seine Deutschlandtour, mit der er derzeit seinen neuen Psychothriller „Das Paket“und sein zehnjähriges Jubiläum als Autor feiert. Super läuft auch seine schriftstellerische Laufbahn: Seit dem Debütroman „Die Therapie“hat Fitzek einen Platz auf der Bestsellerliste scheinbar abonniert. Auch bei seinem neuesten Werk dauerte es nicht lange, bis es auf Platz eins geklettert ist.
Fitzeks Bücher haben – neben dem Genre – vor allem eines gemeinsam: Nichts ist so, wie es am Anfang scheint. Den Leser zu täuschen ist etwas, das Fitzek in Perfektion beherrscht. Er wählt Worte, die die Handlung rasant vorantreiben, und hat eine Vorliebe für
durchgeknallte Charaktere. Fitzek greift oft brisante, gesellschaftliche Themen auf, etwa Datenmissbrauch oder Pädophilie. Auf die Frage, warum seine Bücher so brutal seien, sagte er einmal in einem Interview: „Ich habe die Realität abgemildert, damit sie glaubwürdiger wird.“Seine Bücher spielen in Berlin, wo er mit seiner Frau, zwei Söhnen und einer Tochter lebt.
Wie man Menschen unterhält, beschäftige Fitzek schon lange vor seiner Zeit als Autor: Er war Unterhaltungschef und Chefredakteur beim Berliner Rundfunk, realisierte verschiedene Fernsehshow-Konzepte. Auch seine Lesetouren bieten den Besuchern große Unterhaltung – bei der Jubiläumsshow wurde ein eigener Soundtrack passend zum Buch komponiert. Der gebürtige Berliner mag das unmittelbare Feedback der Leser, das er auf Touren bekommt. Das sei etwas ganz anderes als all die Zuschriften, von denen er mittlerweile mehr als 40000 bekommen hat. Seine Leser sind treu – das haben sie mit Fitzek gemein: Beim Radiosender 104.6 RTL, bei dem er während seiner Studienzeit volontierte und später Mitglied der Programmdirektion war, ist er heute noch gelegentlich als Berater tätig. Er studierte übrigens ein halbes Semester Tiermedizin, danach Jura. Fitzek ist ein Autor, dessen Leser oft zu echten Fans werden: Sie posten Bilder mit ihm auf Facebook, kommen in Scharen zu seinen Touren, schreiben ihm zu Tausenden Fan-Mails, fordern Autogrammkarten an.
Fitzek benutzt das Wort Fan jedoch nicht gerne. Er sagt, es klinge für ihn ein bisschen zu fanatisch. „Für mich sind es Leser“, sagt er. Und zwar leidenschaftliche, so wie er selbst einer ist. Das Lesen erst habe ihn zum Schreiben gebracht: „Es ist ja immer so: Man sieht, liest oder hört etwas, was einen berührt, und dann fragt man sich: Schaffe ich das vielleicht auch?“Fitzek hat es geschafft: Er hat sechs Millionen Bücher verkauft, wurde in 24 Sprachen übersetzt. Manche Romane wurden verfilmt, manche auf die Theaterbühne gebracht. Dass sein erstes Werk „Die Quote“noch abgelehnt wurde, ist heute so gut wie vergessen. Ariane Attrodt