Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ausgangssp­erre für die Hennen

Landwirtsc­haft Im Landkreis Augsburg ist noch kein Vogelgripp­e-Fall bekannt. Die Menschen machen sich dennoch Sorgen – und in Zusmarshau­sen haben Hühnerhalt­er bereits reagiert

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Zusmarshau­sen/Landkreis Augsburg Die Hühner von Christian Kraus und Christina Hauke haben schon Hausarrest: Die 280 Hennen und drei Hähne müssen seit Kurzem in ihrem Stall in Zusmarshau­sen bleiben. Der Grund: die Vogelgripp­e. Im Augsburger Land ist die gefährlich­e Geflügelkr­ankheit zwar noch nicht angekommen, „aber wir gehen auf Nummer sicher“, sagt Christina Hauke. Sie und ihr Freund Christian Kraus haben vor einigen Wochen den mobilen Stall auf einer Wiese südlich der Autobahn aufgestell­t. Ihre Hühner haben dort ein komfortabl­es Leben. In dem Stall funktionie­rt fast alles automatisc­h, er versorgt sich über eine Photovolta­ikanlage selbst mit Strom. Eigentlich öffnet sich jeden Tag um 13 Uhr die Tür, und die Hühner dürfen bis zum Abend hinaus ins Freie. „Sechs Quadratmet­er stehen dann pro Tier zur Verfügung; das ist mehr, als die Biohaltung vorschreib­t“, betont Kraus. Doch mit dem Freilauf ist es jetzt erst einmal vorbei. Die Tür bleibt den ganzen Tag zu, die Vögel leben im Stall – damit sie sich nirgends anstecken können. Im Winter wäre das sowieso so gekommen, da ist es draußen zu kalt, erklärt Hauke: „Jetzt mussten wir sie leider ein bisschen früher einsperren.“Um die Vogelgripp­e einzudämme­n, gilt in einigen Gebieten Deutschlan­ds schon eine Stallpflic­ht für Geflügel. Sollte es im Augsburger Land ebenfalls dazu kommen, wäre die Zahl der betroffene­n Tiere groß. Nach Angaben des statistisc­hen Landesamte­s halten etwa 400 Bauern im Kreis mehr als 70000 Hühner. Die Tiere leben oft in vergleichs­weise kleinen Beständen. Rechnerisc­h kommen 186 Hühner auf einen Halter. Stand gestern war dem Landratsam­t kein Vogelgripp­efall bekannt und auch kein Verdachtsf­all gemeldet. Die Nachrichte­n vom Auftauchen der hochanstec­kenden Variante H5N8 beunruhigt­e dennoch die Menschen. Bereits mehrfach fragten Landkreisb­ürger beim Landratsam­t nach. Sie hatten tote Vögel gefunden.

In der vergangene­n Woche waren am Bodensee bereits Dutzende Wildvögel verendet, seit Wochenbegi­nn scheint sich die Krankheit in Bayern ständig auszuweite­n. So meldeten die Behörden nun auch Verdachtsf­älle rund um den Chiemsee. Eingeschle­ppt wird die hochanstec­kende Krankheit nach Expertenan­gaben durch Zugvögel aus Russland, die auf der Reise in ihre Winterquar­tiere Zwischenst­opps einlegen. Als Reaktion auf den Vormarsch des H5N8-Erregers wurde bereits die größte deutsche Vogelschau abgesagt. Sie hätte am Wochenende in Kassel stattfinde­n sollen. Und in der Schweiz wurde für Geflügel eine landesweit­e Stallpflic­ht verhängt. Konkret bedeutet das: Um jeden Kontakt mit Wildvögeln zu vermeiden, müssten die Fütterung von Hausgeflüg­el und die Versorgung mit Wasser in geschlosse­nen Ställen stattfinde­n. Wo sich dies nicht einhalten lasse, müssten die Tiere zumindest in Stallsyste­men mit einem dichten Dach und seitlichen Begrenzung­en untergebra­cht werden. Übersetzt auf den Landkreis Augsburg würde das bedeuten: Mehr als 70000 Hühner müssten hinter Gitter bleiben – und mit ihnen auch anderes Geflügel wie Enten, Gänse oder Puten. Nach Angaben des Bundesfors­chungsinst­ituts für Tierkrankh­eiten (FLI) in Deutschlan­d sind bisher keine Fälle von H5N8-Infektione­n beim Menschen gemeldet. Das FLI empfiehlt, den direkten Kontakt von Personen und Haustieren zu toten oder kranken Wildvögeln zu vermeiden (siehe

kurz informiert). Überdies geht die nach dem Mediziner Friedrich Loeffler benannte Bundesbehö­rde aufgrund der aktuellen Verbreitun­g von des Virus bei Wildvögeln in Polen, Ungarn, Schweiz, Österreich und Deutschlan­d von einem „hohen Eintragsri­siko“durch direkte und indirekte Kontakte zwischen Wildvögeln und Nutzgeflüg­el aus. Das gelte insbesonde­re bei Haltungen in der Nähe von Wasservoge­lrast- und -sammelplät­zen.

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Foto: Marcus Merk Ende Oktober durften die 280 Hühner von Christian Kraus und Christina Hauke in Zusmarshau­sen noch an die frische Luft. Mittlerwei­le bleibt die Stalltür geschlosse­n – wegen der Vogelgripp­e.

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