Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Vernissage im Bushäuschen
Besucher aus allen Kontinenten pilgern Jahr für Jahr in ein winziges Dorf. Dort steht das kleinste Museum der Welt
Welchenhausen Es ist acht Quadratmeter groß und lockt Besucher aus aller Welt in die tiefste Eifel: ein Mini-Museum in einem Buswartehäuschen in Welchenhausen. „Es ist wohl das kleinste Kunstmuseum der Welt“, sagt der Vorsitzende des Museumsvereins „(W)Artehalle Welchenhausen“, Christof Thees. Die Idee entstand, weil dort nur noch ein Kind aus dem Dorf morgens auf den Schulbus wartete. Sonst war das Gebäude ungenutzt. „Da dachten wir: Da kann Kunst rein“, sagt der 53-Jährige. Die Wartehalle wurde als Dorfinitiative in eine „Artehalle“umgebaut – und hat seit dem Startschuss 2002 Werke von bereits rund 60 Künstlern gezeigt. Die meisten stammten aus Deutschland, Belgien und Luxemburg, zu dem Welchenhausen mit seinen 28 Einwohnern gehört.
Ob Gemälde, Drucke oder Fotografien: „Wir zeigen das komplette Spektrum zeitgenössischer Kunst“, sagt Thees, der als Arzt am Uniklinikum Bonn arbeitet. Derzeit sind Skulpturen des Bildhauers Norbert Richert aus St. Augustin zu sehen. Nicht nur wegen seiner Minigröße ist das Museum anders. Es ist Tag und Nacht geöffnet, an 365 Tagen im Jahr. Und: „Im Gegensatz zur Konkurrenz, dem Museum Ludwig in Köln oder dem Museum of Modern Art in New York, darf man hier Butterbrote essen, einen Hund mitbringen oder Kaffee trinken“, sagt Thees. Im Gästebuch haben sich Besucher aus zig Ländern eingeschrieben. Ob die Kunstwerke nicht gestohlen werden? „Es ist bis jetzt weder etwas demoliert worden noch gab es jemals einen Diebstahl. Offensichtlich hat man Respekt vor Kunst“, sagt Thees. Fritz Marmelstein aus dem Nachbarort Oberhau- sen in Belgien schaut sich jede Ausstellung an. Gemeinsam mit seinem Hund. „Ich finde, das Museum ist eine sehr schöne Initiative“, sagt der 69-Jährige.
Bei manchen Dingen ist das MiniMuseum aber nicht anders als andere. Der Beginn jeder neuen Ausstellung wird mit einer Vernissage gefeiert. Dafür hat man einen angrenzenden Schuppen vor Jahren ausgebaut. Und zu jedem Künstler gebe es auch einen Katalog, sagt Thees, und zieht schmunzelnd einen lesezeichengroßen Flyer aus einem Ständer. Birgit Reichert, dpa