Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Jetzt wird geschmolzen und getropft
Heute erfährst du, wie man aus einer Bienenwabe eine Kerze zaubern kann
Jetzt ist wieder Kerzenzeit und dass es bei uns im Wohnzimmer schön gemütlich ist, hat auch mit den Capito-Bienen zu tun. Denn die fleißigen Insekten stellen nicht nur Honig her, sondern auch Wachs. Und daraus kann man duftende Kerzen basteln.
Wachs ist ein uraltes Brennmaterial. Schon in der Antike, also vor ungefähr 2000 Jahren, haben Menschen daraus Fackeln und Kerzen hergestellt. Heutzutage bestehen die meisten Kerzen, die man im Supermarkt kauft, nicht mehr aus Bienenwachs. Sie werden künstlich hergestellt – und zwar aus einem Material, das Paraffin heißt. Es wird aus Erdöl gewonnen.
Eigentlich zu schade zum Zerstören
Doch uns Capito-Imker interessiert nur echtes Bienenwachs. Das ist nämlich auch so etwas wie ein kleines Wunder. Bienen können diesen Baustoff für ihre Waben selber herstellen, wenn sie zwölf Tage alt sind. Sie pressen das weiße frische Wachs aus ihren Wachsdrüsen. Dann verarbeiten sie die hauchdünnen Wachsplättchen mit ihrem Mundwerkzeug zu einer geschmeidigen Masse, aus der sie ihre Waben für den Honig und die Brut bauen können. Dafür brauchen die Bienchen hunderttausende Wachsplättchen.
Schon toll, so ein Bienenbauwerk. Eigentlich zu schade zum Einschmelzen. Aber wir wollen ja unsere eigenen Kerzen bauen – da kommen wir ums Kaputtmachen nicht herum. Immerhin machen wir auch etwas Schönes draus. Wir haben uns nämlich im Internet tolle Formen für Kerzen bestellt: kleine Bienenkörbe, Kugeln, Tannenzapfen und auch Teelichter.
Das Allerwichtigste ist aber das Wachs: Weil die CapitoBienen ja auf ihren Waben überwintern, hat uns CapitoPatenimker Andreas Stiel alte Honigwaben spendiert, die er in den Sonnenschmelzer gelegt hat. Beim ersten Schritt hilft uns nämlich die Sonne: Sie scheint durch die Plastikscheibe und wärmt mit ihren Strahlen das Wachs. Sobald es flüssig ist, läuft es über die Schräge und wird in einer Metallform aufgefangen. Sobald die Temperaturen wieder sinken, wird es auch wieder fest.
Damit wir Kerzen herstellen können, müssen wir das Wachs als Erstes wieder erhitzen und flüssig machen. Das machen wir in einem Wasserbad. Das funktioniert so: Wir stellen einen Topf mit Wasser auf den Herd und dann einen kleineren Topf in das Wasser. In diesen legen wir den Wachsklumpen. Weil das heiße Wasser die Topfwände erhitzt, schmilzt der Klumpen langsam und verändert dabei seine Form und Farbe: Das flüssige Wachs sieht aus wie flüssige
Fotos: Andreas Stiel (3), L. Thies (13) Butter. Es ist durchsichtig. Während es weiterköchelt und dabei gut riecht, bauen wir schon einmal Dochthalter. Das geht ganz einfach: einen HolzSchaschlik-Spieß in der Mitte durchbrechen und dann beide Hälften mit Gummis zusammenbinden. Nun schneiden wir die Dochte zurecht, die wir ebenfalls im Internet bestellt haben. Sie müssen so lang sein, dass sie oben und unten aus der Kugelkerzenform herausragen. Indem wir Gummis um die Form ziehen, klemmen wir den Docht ein. Und außerdem verhindern wir so, dass später flüssiges Wachs durch den Seitenschlitz fließt. Nun noch den Docht über der Einfüllöffnung in den Dochthalter klemmen, sodass er in der Mitte der Form liegt – und das Wachsgebatze kann losgehen.
Doch dann reißt uns der „Geduldsdocht“
Mit einer Suppenkelle schöpft Capito-Patenimkerin Sabine Hennig vorsichtig das flüssige Wachs in die Form. Als diese voll ist, kommt sie zum Abkühlen und Festwerden auf die Fensterbank und wir machen mit der Teelichterform weiter. Schnell ist klar: Je kleiner die Form, desto kürzer die Abkühlzeit. Während wir darauf warten, dass die große Kugelkerze fertig wird, stellen wir 20 Teelichter her.
Aber dann, nach einer Stunde, reißt uns der „Geduldsdocht“. Kerzengieß-Experte Andreas Stiel hatte uns noch gewarnt: „Achtung, wenn man das zu früh macht, kommt einem das flüssige Wachs entgegen.“Wir riskieren es trotzdem: Langsam schieben wir die Gummis nach unten, entfernen den Dochhalter und öffnen vorsichtig die Form. Überraschung! Nichts fließt mehr. Zum Vorschein kommt eine schöne, gelbe, runde Kerze. Davon möchten wir mehr haben – also schöpfen, gießen, tropfen wir weiter.
Nach drei Stunden bestaunen wir unsere Kerzen. Wenn das die CapitoBienen und ihre gestreiften Nachbarn wüssten, was wir da aus ihrem Baumaterial gebastelt haben, sie würden sich bestimmt mit uns freuen. Aber eigentlich ist die Kerze ja fast zu schade zum Anzünden …