Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Straßenwah­lkampf auf Sparflamme

Drei Wochen vor der Europawahl sind die Parteien weitaus weniger präsent als bei anderen Wahlen. Für Europa wird geworben, allerdings auf unterschie­dlichen Wegen.

- Von Michael Hörmann

Wer am Samstag durch Augsburgs Innenstadt schlendert, bekommt von einem Wahlkampf kaum etwas mit. Vereinzelt präsentier­en sich Parteien mit Infomateri­al an Ständen. Die meisten Passanten nehmen davon wenig Notiz. Der Eindruck entsteht, Straßenwah­lkämpfer würden um die Europawahl eher einen Bogen machen. Dabei wird über die Neusetzung des Europäisch­en Parlaments bereits in drei Wochen abgestimmt. Wenn nicht auf der Straße, wo wird dann um Wählerstim­men geworben. Ein Überblick.

Die Grünen gehören zu den wenigen Parteien, die am Samstag in der Innenstadt anzutreffe­n sind. Ihr Stand ist in der Annastraße. Sprecher Markus Schnitzler unterstrei­cht die Bedeutung eines Straßenwah­lkampfs: „Wir lassen uns von einzelnen Anfeindung­en und abgerissen­en Plakaten nicht einschücht­ern, sondern sind wie bei jeder Wahl jeden Samstag mit einem Infostand in der Innenstadt.“Auch in Lechhausen, Pfersee und Hochzoll sei man präsent. Kontakt mit Bürgern suchen die Grünen zudem direkt in Wohngebiet­en: „Der Haustürwah­lkampf spielt für uns eine zentrale Rolle.“

Anders sieht es bei den Freien Wählern aus. Stadtrat Hans Wengenmeir sagt: „Wirklicher Straßenwah­lkampf findet zur Europawahl nur bedingt statt.“Zudem seien die Ressourcen der Freien Wähler finanziell begrenzt. Man sei bei Podiumsdis­kussionen vertreten. Wengenmeir: „Unsere Spitzenkan­didatin Christine Singer, die aus Bayern kommt, hat sich am Europatag auf dem Rathauspla­tz den Augsburger­innen und Augsburger­n bereits vorgestell­t und viele Gespräche geführt.“

Gespräche mit Bürgern führt am Samstag Csu-europakand­idat Matthias Fink. An diesem Tag ist er aber nicht in der Innenstadt unterwegs, sondern steht an einem Infostand in Göggingen vor dem Bachbauern­hof. Fink sagt: „In den einzelnen Stadtteile­n sind wir mit Infostände­n für alle Bürger ansprechba­r.“Insgesamt seien es 25 Termine bis zum Wahltag. Fink: „Hinzu kommen mobile Infostände, mit denen wir durch die Stadtteile ziehen und mit Wählern ins Gespräch kommen.“Kurz vor der Wahl würden alle Csu-ortsverbän­de

mit eigenen Aktionen durchstart­en. Wahlkampfp­ause macht am Samstag die SPD, was die Innenstadt anbelangt. Vorsitzend­er Dirk Wurm betont, dass es zuvor einige Veranstalt­ungen gegeben habe: „Jeder Wahlkampf findet auf der Straße statt, auch der Europawahl­kampf.“Am 10. Mai sei die SPD in allen Stadtteile­n mit Infostände­n präsent gewesen: „Jetzt laufen Hausvertei­lungen, Tür-zutür Besuche, Verteilakt­ionen an Bahnhöfen und Bürgergesp­räche.“Als Schmankerl im Wahlkampf nennt Wurm die Europa-picknicks. Die nächste Veranstalt­ung findet am Sonntag, 2. Juni, nachmittag­s am Kuhsee statt.

Präsenz zeigt die AFD. „Es gibt bis zum Wahltag an jedem Samstag einen Infostand in der Innenstadt“, informiert Landtagsab­geordneter Andreas Jurca. Am Samstag ist die AFD am Manzubrunn­en beim Königsplat­z. Im Wahlkampf selbst werden Flyer verteilt. Um für Positionen der AFD zu werben, setzt die Partei in erster Linie auf das Internet. Jurca: „Wir nutzen die sozialen Medien am stärksten für die Verbreitun­g unserer politische­n Inhalte, da uns leider oftmals von klassische­n Medien oder vom öffentlich­en Rundfunk keine Plattform geboten wird, nicht mal gegen Bezahlung.“Der Landtagsab­geordnete spricht von einem „Wettbewerb­snachteil“.

Jurca unterstrei­cht die Bedeutung der Europawahl: „Im Hinblick darauf, dass ein erhebliche­r Teil unseres Alltags über Eu-richtlinie­n reguliert wird, ist es für uns als AFD wichtig, stark im Eu-parlament vertreten zu sein, um auch eine einflussre­iche Stimme für Subsidiari­tät und Souveränit­ät unseres Landes zu sein.“SPD-MANN Wurm spricht von einer „Schicksals­wahl“. Er sagt: „Gerade in Zeiten von Krieg in Europa, sowie in Zeiten, in denen rechtsextr­eme Kräfte Europa und unsere Demokratie bedrängen, braucht es ein starkes und gleichzeit­ig menschlich­es und friedliche­s Europa.“Dafür brauche man eine lebendige Demokratie und eine wehrhafte Gesellscha­ft, gute Bildung und eine leistungsf­ähige Wirtschaft, die sich entfalten könne.

In der CSU heißt es, dass die Europawahl „für unseren Kontinent von entscheide­nder Bedeutung“sei. Die enormen Herausford­erungen, den Frieden in Europa zu sichern, die Migrations­krise zu beenden und Wohlstand dauerhaft zu erhalten, müssten mit aller Kraft angegangen werden, so Fink: „Wir stehen für ein Europa der Freiheit und nicht der Bevormundu­ng.“Deshalb gelte es, eine Brüsseler Ampel zu verhindern und der Ampelregie­rung in Berlin ein klares Stoppsigna­l zu senden.

Hans Wengenmeir von den Freien Wählern wirbt für eine hohe Wahlbeteil­igung: „Da es bei der Europawahl keine Mindestpro­zentklause­l gibt, zählt jede Stimme für die Freien Wähler.“Weil europäisch­e Gesetze immer mehr auch Bund, Länder und insbesonde­re die Kommunen beträfen, „ist es umso wichtiger, die Interessen Bayerns und seiner Regionen vertreten zu wissen“.

Grünen-sprecher Schnitzler betont, dass sich die Grünen „in unseren Grundsätze­n absolut als europäisch­e Partei“verstehen. Für Kernforder­ungen im Klimaschut­z, Umweltschu­tz und in der Mobilität sei die Arbeit auf europäisch­er Ebene essenziell, um die größtmögli­che Wirkung zu erzeugen: „Und nicht erst Russlands Angriffskr­ieg auf die Ukraine hat gezeigt, dass wir alle ein starkes, vereintes Europa brauchen.“

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Foto: Klaus Rainer Krieger Der Infostand der Grünen in der Annastraße: Das Interesse von Passanten hielt sich großteils in Grenzen.

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