Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Straßenwahlkampf auf Sparflamme
Drei Wochen vor der Europawahl sind die Parteien weitaus weniger präsent als bei anderen Wahlen. Für Europa wird geworben, allerdings auf unterschiedlichen Wegen.
Wer am Samstag durch Augsburgs Innenstadt schlendert, bekommt von einem Wahlkampf kaum etwas mit. Vereinzelt präsentieren sich Parteien mit Infomaterial an Ständen. Die meisten Passanten nehmen davon wenig Notiz. Der Eindruck entsteht, Straßenwahlkämpfer würden um die Europawahl eher einen Bogen machen. Dabei wird über die Neusetzung des Europäischen Parlaments bereits in drei Wochen abgestimmt. Wenn nicht auf der Straße, wo wird dann um Wählerstimmen geworben. Ein Überblick.
Die Grünen gehören zu den wenigen Parteien, die am Samstag in der Innenstadt anzutreffen sind. Ihr Stand ist in der Annastraße. Sprecher Markus Schnitzler unterstreicht die Bedeutung eines Straßenwahlkampfs: „Wir lassen uns von einzelnen Anfeindungen und abgerissenen Plakaten nicht einschüchtern, sondern sind wie bei jeder Wahl jeden Samstag mit einem Infostand in der Innenstadt.“Auch in Lechhausen, Pfersee und Hochzoll sei man präsent. Kontakt mit Bürgern suchen die Grünen zudem direkt in Wohngebieten: „Der Haustürwahlkampf spielt für uns eine zentrale Rolle.“
Anders sieht es bei den Freien Wählern aus. Stadtrat Hans Wengenmeir sagt: „Wirklicher Straßenwahlkampf findet zur Europawahl nur bedingt statt.“Zudem seien die Ressourcen der Freien Wähler finanziell begrenzt. Man sei bei Podiumsdiskussionen vertreten. Wengenmeir: „Unsere Spitzenkandidatin Christine Singer, die aus Bayern kommt, hat sich am Europatag auf dem Rathausplatz den Augsburgerinnen und Augsburgern bereits vorgestellt und viele Gespräche geführt.“
Gespräche mit Bürgern führt am Samstag Csu-europakandidat Matthias Fink. An diesem Tag ist er aber nicht in der Innenstadt unterwegs, sondern steht an einem Infostand in Göggingen vor dem Bachbauernhof. Fink sagt: „In den einzelnen Stadtteilen sind wir mit Infoständen für alle Bürger ansprechbar.“Insgesamt seien es 25 Termine bis zum Wahltag. Fink: „Hinzu kommen mobile Infostände, mit denen wir durch die Stadtteile ziehen und mit Wählern ins Gespräch kommen.“Kurz vor der Wahl würden alle Csu-ortsverbände
mit eigenen Aktionen durchstarten. Wahlkampfpause macht am Samstag die SPD, was die Innenstadt anbelangt. Vorsitzender Dirk Wurm betont, dass es zuvor einige Veranstaltungen gegeben habe: „Jeder Wahlkampf findet auf der Straße statt, auch der Europawahlkampf.“Am 10. Mai sei die SPD in allen Stadtteilen mit Infoständen präsent gewesen: „Jetzt laufen Hausverteilungen, Tür-zutür Besuche, Verteilaktionen an Bahnhöfen und Bürgergespräche.“Als Schmankerl im Wahlkampf nennt Wurm die Europa-picknicks. Die nächste Veranstaltung findet am Sonntag, 2. Juni, nachmittags am Kuhsee statt.
Präsenz zeigt die AFD. „Es gibt bis zum Wahltag an jedem Samstag einen Infostand in der Innenstadt“, informiert Landtagsabgeordneter Andreas Jurca. Am Samstag ist die AFD am Manzubrunnen beim Königsplatz. Im Wahlkampf selbst werden Flyer verteilt. Um für Positionen der AFD zu werben, setzt die Partei in erster Linie auf das Internet. Jurca: „Wir nutzen die sozialen Medien am stärksten für die Verbreitung unserer politischen Inhalte, da uns leider oftmals von klassischen Medien oder vom öffentlichen Rundfunk keine Plattform geboten wird, nicht mal gegen Bezahlung.“Der Landtagsabgeordnete spricht von einem „Wettbewerbsnachteil“.
Jurca unterstreicht die Bedeutung der Europawahl: „Im Hinblick darauf, dass ein erheblicher Teil unseres Alltags über Eu-richtlinien reguliert wird, ist es für uns als AFD wichtig, stark im Eu-parlament vertreten zu sein, um auch eine einflussreiche Stimme für Subsidiarität und Souveränität unseres Landes zu sein.“SPD-MANN Wurm spricht von einer „Schicksalswahl“. Er sagt: „Gerade in Zeiten von Krieg in Europa, sowie in Zeiten, in denen rechtsextreme Kräfte Europa und unsere Demokratie bedrängen, braucht es ein starkes und gleichzeitig menschliches und friedliches Europa.“Dafür brauche man eine lebendige Demokratie und eine wehrhafte Gesellschaft, gute Bildung und eine leistungsfähige Wirtschaft, die sich entfalten könne.
In der CSU heißt es, dass die Europawahl „für unseren Kontinent von entscheidender Bedeutung“sei. Die enormen Herausforderungen, den Frieden in Europa zu sichern, die Migrationskrise zu beenden und Wohlstand dauerhaft zu erhalten, müssten mit aller Kraft angegangen werden, so Fink: „Wir stehen für ein Europa der Freiheit und nicht der Bevormundung.“Deshalb gelte es, eine Brüsseler Ampel zu verhindern und der Ampelregierung in Berlin ein klares Stoppsignal zu senden.
Hans Wengenmeir von den Freien Wählern wirbt für eine hohe Wahlbeteiligung: „Da es bei der Europawahl keine Mindestprozentklausel gibt, zählt jede Stimme für die Freien Wähler.“Weil europäische Gesetze immer mehr auch Bund, Länder und insbesondere die Kommunen beträfen, „ist es umso wichtiger, die Interessen Bayerns und seiner Regionen vertreten zu wissen“.
Grünen-sprecher Schnitzler betont, dass sich die Grünen „in unseren Grundsätzen absolut als europäische Partei“verstehen. Für Kernforderungen im Klimaschutz, Umweltschutz und in der Mobilität sei die Arbeit auf europäischer Ebene essenziell, um die größtmögliche Wirkung zu erzeugen: „Und nicht erst Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine hat gezeigt, dass wir alle ein starkes, vereintes Europa brauchen.“