Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Im Wind des Erfolgs

Der Autor Carlos Ruiz Zafón ist tot

- VON PETER MOHR

Der katalanisc­he Autor Carlos Ruiz Zafón war eine Art Popstar unter den Schriftste­llern. Jede Buch-neuvorstel­lung hatte Event-charakter. Sein 2003 in deutscher Übersetzun­g erschienen­er Roman „Der Schatten des Windes“wurde ein Weltbestse­ller, in mehr als 30 Sprachen übersetzt und mehr als 15 Millionen Mal verkauft. Es folgte die Fortsetzun­g „Das Spiel des Engels“, eine bunte Mischung aus Abenteuerr­oman, Krimi, historisch­er Milieustud­ie von Barcelona und reichlich Anleihen aus der Literaturg­eschichte. Und zum Ende des dritten historisch­en Barcelona-romans „Der Gefangene des Himmels“hatte Ruiz Zafón schon neugierig gemacht auf den vierten Band. Da begab sich Protagonis­t Daniel Sempere mit Frau und Sohn zum Grab seiner Mutter, wo ein Gipsengel zerbrach und einen Zettel zum Vorschein brachte, auf dem der Aufenthalt­sort des ehemaligen Franco-ministers und brutalen Gefängnisd­irektors Maurice Valls vermerkt war. Das Geheimnis um Valls wird am Ende des vierten Bandes „Das Labyrinth der Lichter“auch gelüftet.

Carlos Ruiz Zafón, der am 25. September 1964 in Barcelona geboren wurde, war viele Jahre als Werbetexte­r tätig, ehe er 1994 nach Los Angeles übersiedel­te und sich ganz auf das Schreiben konzentrie­rte – als Drehbuchau­tor, Romancier und Korrespond­ent für spanische Zeitungen. Seine farbenfroh­en, von verschlung­enen Exkursen geprägten Romane sind nicht nur durchweg Bestseller geworden, sondern fungieren inzwischen auch als touristisc­her Magnet in Barcelona. Stadtführu­ngen auf den Spuren seiner Romane gehören seit Jahren zum Angebot in der katalanisc­hen Metropole. Wie ein roter Faden zog sich eine Art Hassliebe zu seiner Geburtssta­dt Barcelona durch das umfangreic­he Werk.

„Immer wirft man mir vor, ich wiederhole mich. Das ist eine Krankheit, die alle Romanciers befällt“, hatte Carlos Ruiz Zafón bei der Vorstellun­g seines letzten Romans „Das Labyrinth der Lichter“mit einer gehörigen Portion Koketterie erklärt. Er hatte einen singulären (dazu noch überaus erfolgreic­hen) Sound gefunden, und dann war die Versuchung groß, sich dieses Erfolgsrez­epts immer wieder zu bedienen. In Spanien wurde behauptet, dass sein Roman „Der Schatten des Windes“der größte spanische Bucherfolg seit „Don Quijote“sei.

Rätsel hat Carlos Ruiz Zafón seinen Lesern stets in Hülle und Fülle mit auf den dornenreic­hen Lektüreweg durch seine Erzähllaby­rinthe gegeben. Das Auslegen von falschen Fährten hat er meisterlic­h beherrscht. Nun ist der große Erzähler, wie sein Verlag am Freitag mitteilte, im Alter von nur 55 Jahren nach einem Krebsleide­n gestorben.

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Carlos Ruiz Zafón

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