Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Chance für Dieselkäufer
Richter machen Vw-kunden Hoffnung auf Erstattung eines Großteils des Kaufpreises
Karlsruhe Viele Vw-dieselfahrer können im Streit um Schadenersatz wegen zu hohen Abgasausstoßes ihrer Autos auf Rückendeckung der obersten Richter aus Karlsruhe hoffen. In einer ersten, wenn zunächst auch nur vorläufigen Einschätzung stellte sich der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag weitgehend auf die Seite der Kunden, die das Geld für ihr Fahrzeug zurückhaben wollen, weil darin eine illegale Technik zum Einsatz kam. Nach Auffassung der Richter dürfte ihnen schon mit dem Kauf ein Schaden entstanden sein, den VW ersetzen müsste – allerdings mit Abzug einer Nutzungsentschädigung für die Zeit, in der sie mit dem Wagen gefahren sind.
Der 6. Zivilsenat des BGH hatte am Dienstag erstmals überhaupt eine sogenannte Diesel-klage gegen VW verhandelt. Mit der vorläufigen Einschätzung machen die Richter deutlich, wie sie den Fall sehen und welche Punkte aus ihrer Sicht relevant sind. Ein Urteil wollen sie am 25. Mai verkünden.
Geklagt hatte der Kunde Herbert Gilbert aus Rheinland-pfalz, der im Januar 2014 bei einem freien Händler einen VW Sharan 2.0 TDI kaufte. Der Motor vom Typ EA 189 enthielt eine unzulässige Abgastechnik, die, wie sich im Herbst 2015 herausstellte, dafür sorgt, dass das Fahrzeug die Grenzwerte nur auf dem Prüfstand einhält. Gilbert klagt gegen VW, will sein Fahrzeug zurückgeben und dafür das Geld zurück.
Aus der vorläufigen Sicht der Bgh-richter dürfte durch den ungewollten Vertragsschluss – also den Kauf des Autos ohne Kenntnis der Abgas-trickserei – ein Schaden entstanden sein. Ob das Auto voll nutzbar war oder nicht, habe letztlich vom Zufall abgehangen – nämlich davon, ob und wann die illegale Software-funktion entdeckt wird und welche Folgen das hat.
VW sieht das anders: Das Fahrzeug sei zu jeder Zeit voll nutzbar gewesen. Somit sei auch kein Schaden entstanden. Die Gefahr einer Stilllegung habe allenfalls hypothetisch bestanden, argumentierte der Vertreter des Autobauers vor Gericht. Zudem hätten die Fahrzeuge mit Ea-189-motor schon vor dem Software-update im realen Straßenbetrieb vielfach deutlich niedrigere Stickoxid-emissionen als die anderer Hersteller aufgewiesen.