Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ein Bistum in stürmische­n Zeiten

Walter Mixa kam über Verfehlung­en zu Fall. Konrad Zdarsa fand keinen Draht zu Augsburg

- VON ALOIS KNOLLER

Augsburg Stürmische Zeiten hat das Bistum Augsburg hinter sich, seit im Jahre 2010 Vorwürfe gegen den damaligen Bischof Walter Mixa laut geworden sind, er habe als Stadtpfarr­er in Schrobenha­usen Heimkinder misshandel­t und Stiftungsv­ermögen veruntreut. Nach wochenlang­en Medienrech­erchen bot Mixa am 21. April 2010 Papst Benedikt XVI. seinen Rücktritt an, um „weiteren Schaden von der Kirche abzuwenden und einen Neuanfang zu ermögliche­n“. Kurz darauf beteuerte er allerdings seine Unschuld und behauptete, er sei zum Rücktritt gezwungen worden. Unterdesse­n formuliert­en Priester und Laien ihre „Pfingsterk­lärung“, die eine innere Erneuerung der Diözese forderte und eine tiefe Spaltung beklagte. In kurzer Zeit hatten sie tausende Katholiken mitunterze­ichnet.

Mit dieser kritischen Gruppe von Katholiken sollte auch Mixas Nachfolger, der aus Sachsen stammende Konrad Zdarsa, zu tun bekommen. Als amtierende­r Bischof von Görlitz wurde er am 8. Juli 2010 nach nur zwei Monaten Sedisvakan­z zum neuen Bischof von Augsburg ernannt und trat am 23. Oktober sein Amt an. Bei ihm verstärkte sich immer mehr der Eindruck, die „betrüblich­en Entwicklun­gen“in der Diözese hätten mit der Illoyalitä­t etlicher Katholiken zu tun. Zdarsa vermisste den unbedingte­n Zusammenha­lt der Gläubigen, wie er es aus Ostdeutsch­land von der kleinen Gemeinde kannte.

Bezeichnen­d für seinen Führungsst­il sollte der umstritten­e Satz in seinem Hirtenwort zur Fastenzeit 2011 werden. Darin hieß es: „Am wichtigste­n ist, dass die Gläubigen bereit sind, in den Zug einzusteig­en und in die vorgegeben­e Richtung mitzufahre­n.“Als ähnlich autoritati­v ein Jahr darauf die Bistumslei­tung die Leitlinien der „Pastoralen Raumplanun­g 2025“als fertiges Konzept verordnete, brodelte die Diözese. Denn darin waren teils sehr große Seelsorgee­inheiten vorgesehen. Der Ruf „Lasst die Kirche im Dorf!“verbreitet­e sich, am 4. März 2012 fanden sich viele hundert Gläubige bereit, ihre Kirche nach dem Gottesdien­st zu umarmen. Am 21. April demonstrie­rten schließlic­h 2500 Katholiken vor dem Augsburger Dom gegen die geplanten Großpfarre­ien.

Dem Entsetzen folgt ein Krisenmana­gement, das auf Deeskalati­on setzte. Bischof Zdarsa ernannte als neuen Generalvik­ar Harald Heinrich, der sich gegenüber den Gemeinden gesprächsb­ereit zeigte. Die „Pastorale Raumplanun­g“wurde daraufhin noch einmal überarbeit­et und nach den Vorschläge­n der Katholiken vor Ort wurden neue Zuschnitte ihrer Seelsorgee­inheiten definiert. Dennoch fand Bischof Zdarsa kaum den Draht zu seiner schwäbisch-bayerische­n Diözese. Einstige Beratungsg­remien sahen sich an den Rand gedrängt oder wurden von Zdarsa nicht wieder besetzt. Seinen Kritikern verweigert­e er hartnäckig das Gespräch und reagierte auf unbequeme Wortmeldun­gen mitunter sehr unwirsch.

Als schließlic­h kritische Katholiken in unserer Zeitung zitiert wurden mit der Aussage, „verlorene Jahre“seien die Amtszeit Zdarsas gewesen, konterte das bischöflic­he Ordinariat zum Abschied des Bischofs am 7. Juli 2019 mit einer umfänglich­en Broschüre, was sich in den neun Bischofsja­hren von Konrad Zdarsa alles ereignet habe. Doch im Bistum verschoben sich immer mehr die Gewichte: Bischof Zdarsa favorisier­te charismati­sch orientiert­e und sendungsbe­wusste Katholiken, wie er sie beispielha­ft im Augsburger „Gebetshaus“vorfand. Auch das „Institut für Neuevangel­isierung“sollte mit seinen missionari­schen Aktivitäte­n dazu beitragen, dass das kirchliche Leben „mehr vom Feuer des Heiligen Geistes belebt“werde. In den Gemeinden erstarb indes oft die Hoffnung auf bessere Zeiten – bis nach seiner Wahl am 8. Juli 2019 der Diözesanad­ministrato­r Bertram Meier in einem ersten Gruß das Bistum dazu aufrief, „das Miteinande­r zu stärken“.

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Fotos: Habermeier, Issing Schwierige Bischöfe: Walter Mixa (oben) und Konrad Zdarsa.
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