Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Trotz Rücktritt: Koo spielt für Südkorea
Der Mittelfeldspieler hat seine internationale Karriere eigentlich beendet – und steht nun trotzdem im Kader gegen Australien. Dem FCA sind dabei die Hände gebunden
Australien gilt für viele als Traumreiseziel. Dazu kommt: Aktuell werden in Brisbane Temperaturen zwischen 16 und 23 Grad gemessen, Tendenz steigend. Auf der Südhalbkugel herrscht gerade Frühling. Jacheol Koo, Mittelfeldspieler des FC Augsburg, wird sich in diesen Tagen auch auf den Weg nach „Down Under“machen – allerdings unfreiwillig. Der 29-jährige Südkoreaner ist von Paulo Bento, dem Nationaltrainer seines Landes, für die Länderspiele in Australien (17. November) und in Usbekistan (20. November) nominiert worden – und das, obwohl er im Sommer eigentlich seinen Rücktritt aus dem Nationalteam verkündet hatte.
Das Problem daran: Ob ein Spieler nicht mehr für sein Land auflaufen darf, entscheidet in dem asiatischen Land offenbar nicht allein der Spieler selbst. Ein Rücktritt wird in der Kultur mitunter als Undankbarkeit ausgelegt. Wer berufen wird, hat zu spielen.
Koo hat 79 Länderspiele für sein Land absolviert, führte das Team mitunter als Kapitän aufs Feld und nimmt alleine schon deswegen eine besondere Stellung in der Mannschaft ein. Seinen Verband will er nicht brüskieren. Dass er den offenen Konflikt ausfechtet und streikt, gilt als ausgeschlossen. Der südkoreanische Verband sitzt ohnehin am längeren Hebel, das weiß man auch beim FC Augsburg.
Manager Stefan Reuter sagte nach der Niederlage in Hoffenheim etwas zerknirscht: „Wenn er nominiert ist, muss er anreisen.“Auch kurzfristig auftretende muskuläre Probleme, die ebenso schnell wieder verschwunden sein könnten, würden das nicht ändern. „Selbst wenn der Spieler verletzt ist und der Ver- band die Prognose selbst noch mal treffen will, ist die Anreise verpflichtend“, betont Reuter. Der Portugiese Bento verzichtete bei den ersten vier Länderspielen gegen Costa Rica, Chile, Uruguay und Panama noch auf Koo, der teilweise auch angeschlagen war.
Nun kannte er kein Erbarmen. Überrascht war man beim FC Augsburg nicht, weil man mit dem Verband im permanenten Austausch steht. Reuter gibt sich diplomatisch: „Es gibt jetzt eben einen neuen Trainer, der alle sehen will.“Auch die, die ihn nicht sehen wollen? Reuter: „Dazu sage ich nichts.“
Ja-cheol Koo hatte im Sommer, als er seinen Rücktritt verkünden wollte, mit solchen Widerständen wohl schon gerechnet. Fast entschuldigend hatte er seine Gründe für seinen Rücktritt geäußert und betont, fast ein Jahrzehnt für das Nationalteam alles gegeben zu haben: „Viele können nicht verstehen, wie beschwerlich die vergangenen acht Jahre mit den Reisen und Verletzungen für mich waren.“Diese Reisen, so Koo damals, bedeuten für ihn „Druck und Stress“und fügte an: „Wenn ich nicht topfit bin, kann ich weder der Nationalmannschaft noch dem FCA helfen.“
Wie als Beleg für diesen Reisestress wirken nun die beiden Länderspiele in Australien und Usbekistan, die Koo über den halben Erdball führen. Stefan Reuter bezeichnete dieses Programm als „Wahnsinnsreise“.
Knapp 17000 Kilometer trennen Augsburg und Brisbane, wo das Spiel der Südkoreaner gegen den Gastgeber ausgetragen wird. Die Reisezeit beträgt je nach Fluggesellschaft zwischen 22 und 27 Stunden – einfach. Es ist ein Wahnsinn, den der FC Augsburg wohl oder übel mitmachen muss.