Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Die D-mark kehrt ein bisschen zurück
In vielen Schubladen schlummern große D-mark-bestände. Händler wie C&A nehmen die Alt-währung weiterhin an. Das ist vor allem gute Werbung – kann sich aber auch lohnen
Augsburg Kurzzeitig lebte die D-mark-nostalgie in diesem Jahr wieder so richtig auf. Zum 70. Geburtstag wurde noch einmal an die vollen Schaufenster nach der Währungsreform erinnert, an den Aufstieg in den Nachkriegsjahren und an das Wirtschaftswunder, das auch ein D-mark-wunder war. Pünktlich zum Jubiläum ergründeten Meinungsforscher auch das Verhältnis der Deutschen zu ihrer einstigen Währung: Über ein Drittel aller Bundesbürger rechnet demnach immer noch regelmäßig oder zumindest ab und zu den Euro-preis in D-mark um.
Diese D-mark-nostalgie will nun der Modehändler C&A für sich nutzen. Aktuell können Kunden bei dem Unternehmen, das auch in der Region fast 20 Filialen betreibt – unter anderem in Günzburg, Aichach, Augsburg, Kempten, Ingolstadt, Senden und Lindau – alle Produkte in D-mark bezahlen. Dabei gilt der offizielle Umrechnungskurs: 1,96 D-mark sind einen Euro wert.
Es ist nicht das erste Mal, dass es C&A auf die D-mark-vorräte seiner Kundschaft abgesehen hat. Das Unternehmen hat in den vergangenen 16 Jahren fast durchgehend D-mark-noten und Münzen angenommen. Seit 2002 haben die Deutschen demnach über 50 Millionen D-mark in den Filialen gelassen. Für C&A könnte sich das auch weiterhin lohnen – zumindest auf dem Papier. Die Bundesbank geht davon aus, dass immer noch über zwölf Milliarden D-mark in Schubladen, Kartons oder Kellerschränken schlummern. Mehr als die Hälfte davon sind Münzen.
Ein Teil des D-mark-bestands wird aber wohl niemals eingetauscht werden. Nach Angaben der Bundesbank haben die Besitzer vor allem die Münzen entweder verloren oder vergessen. Einen weiteren Teil des Geldes vermutet die Behörde im Ausland: Die D-mark war im damaligen Jugoslawien und den Nachfolgerstaaten gängiges Zahlungsmittel, oftmals sogar Zweitwährung.
Und doch tauchen immer wieder große D-mark-vorräte auf. Bei der Bundesbank werden jeden Tag Scheine und Münzen eingetauscht, sagt Sprecherin Susanne Kreutzer. Manche haben beim Aufräumen ein paar Scheine entdeckt, beim Entrümpeln, wenn ein Angehöriger gestorben ist, oder wenn eine alte Tasche nach Jahren entleert wird. Und es gibt die kuriosen Fälle. So wie den des kleinen Jungen, der in einem alten Sammelalbum seines Großvaters einen 500-Mark-schein gefunden hat und ihn im Kindergarten in Stücke schnitt. Er klebte das blassbraune Bild der Burg Eltz, die 34 Jahre lang die Banknote zierte, auf sein Buntstift-kunstwerk. Das Bild hing mehrere Tage im Kindergarten an der Wand, bevor die wertvolle Banknote entdeckt wurde.
Die Bundesbank nahm den Schein trotzdem wieder an. In den drei Dutzend Filialen in Deutschland können D-mark-besitzer ihre Banknoten und Münzen kostenlos eintauschen – unter anderem auch in Augsburg und München. Beeilen muss sich dabei niemand, das Umtauschrecht ist unbegrenzt. Anders als bei der Ostmark, deren Restbestände heute nicht mehr eingewechselt werden können.
Neben C&A wollen auch andere Unternehmen einen Teil des D-mark-kuchens abhaben. So bot Kaufland seinen Kunden vor zwei Jahren einen Monat lang an, wieder mit der D-mark zu bezahlen. Auch Karstadt-filialen wurden zum 25. Jahrestag der Deutschen Einheit kurzzeitig zu Wechselstuben: Zwei Wochen lang konnten die Kunden ihre D-mark-schätze in die Läden tragen und in Euro eintauschen.
Der Kölner Finanzpsychologe Guido Kiell vermutet, dass die Beinahe-rückkehr zur D-mark für Händler wie C&A und Kaufland vor allem ein Werbegag ist. „Ich glaube nicht, dass die D-mark den Firmen einen großen ökonomischen Vorteil bringt.“Wichtiger sei für einen Konzern wie C&A, dass die Altwährung in vielen Bevölkerungsschichten positiv besetzt ist. „Die D-mark ist das stärkste Symbol des Wirtschaftswunders“, betont er. „Und eines der wenigen Dinge, auf das die Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg stolz sein durften.“
Viele, vor allem ältere Menschen würden mit der Währung eine Zeit des Aufstiegs verbinden. Der Euro sei dagegen eher als „Teuro“verschrien – allerdings zu Unrecht, wie eine aktuelle Studie der Postbank zeigt. Viele hätten beim Umrechnen immer noch die alten Preise aus dem Jahr 2002 im Kopf, schreiben die Autoren. Das verzerre aber das Ergebnis. Denn das Preisniveau ist seit 2002 unabhängig vom Euro um ein Viertel gestiegen. Auch mit der Mark wäre heute also vieles teurer.