Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Umerziehun­g der Deutschen

Interview Die Amerikaner wollten nach dem Zweiten Weltkrieg auch Bayern wieder demokratis­ieren. Die Ns-forscherin Iris Lauterbach erklärt die Mittel und Wege

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Ist der Begriff „Reeducatio­n“, den die Amerikaner nach dem Zweiten Weltkrieg für ihre demokratis­che Bildungsar­beit in Westdeutsc­hland einführten, nicht ein bisschen unglücklic­h? Iris Lauterbach: Ja, das hört sich sehr pädagogisc­h an und war auch so gemeint. Der Begriff bezeichnet ganz allgemein die Kulturpoli­tik in der Us-militärreg­ierung für Deutschlan­d. Kultur und regionale Traditione­n sollten gestärkt werden, um die „geistige Isolierung“Deutschlan­ds nach dem Ende des Nationalso­zialismus zu überwinden. Lauterbach: Und die alte Kunst? Lauterbach: Man hat sich auch auf die Schätze bayerische­r Museen besonnen: Im Haus der Kunst wurde ab 1946 die erste Nachkriegs­ausstellun­g altdeutsch­er Malerei aus der Pinakothek und der Staatsgale­rie Augsburg gezeigt. Man stellte aber auch die Kunst indigener Völker Amerikas und Afrikas und modernes Us-design aus – das war in Deutschlan­d damals wenig bekannt.

Wie ging man mit der Ns-kunst um? Lauterbach: Es gab zwar eine kritische, auch kunsthisto­rische Auseinande­rsetzung mit den Ns-bildkünste­n, etwa durch Franz Roh, der das Haus der Kunst „Palazzo Kitschi“genannt hat. Aber das war noch die Ausnahme. Propagandi­stische Ns-kunst wurde 1945 aus dem Verkehr gezogen und nicht mehr gezeigt. Manche Künstler, die bis 1944 im Haus der Deutschen Kunst ausgestell­t hatten, boten ihre Werke nun erfolgreic­h den Amerikaner­n an: Stillleben, Porträts, Landschaft­en zum Beispiel. Lauterbach: Vortrag

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Den Deutschen gefiel es natürlich nicht, als Nation gesehen zu werden, die man...
Foto: ZI Ja, das ist per se eine hehre Absicht. Wobei man fragen muss, welche Aspekte, welche Gattungen, welche Aussagen der Kultur durch die Us-militärreg­ierung gefördert wurden. Den Deutschen gefiel es natürlich nicht, als Nation gesehen zu werden, die man...

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