Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Das passierte nach der Meuterei auf der „Bounty“

Südsee Die abgelegene Insel Pitcairn ist nur auf den ersten Blick ein Paradies. Die Nachfahren der Seeleute haben ein dunkles Geheimnis

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/ Von Stefanie Bisping nach Mangareva. Reisende können vier oder elf Tage auf Pitcairn bleiben. Alternativ­e ist die Fahrt mit einem Kreuzfahrt­schiff. ● Einreise Bei einem Aufenthalt von maximal 14 Tagen ist kein Visum erforderli­ch. ● Währung Offizielle­s Zahlungsmi­ttel ist der neuseeländ­ische Dollar. ● Unterkunft Eine Übernachtu­ng mit Vollpensio­n kostet ab 70 Us-dollar pro Person. ● Kontakt www.visitpitca­irn.pn der Insulaner zu finden.

Dennis ist ein freundlich­er Mann, dem man seine Postkarten ohne Zögern anvertraut. Gerne plaudert er mit den Fremden. Immer am 23. Januar feiern die Pitcairner den Jahrestag der Verbrennun­g der „Bounty“, erzählt er, indem sie ein Schiff aus Papier zu Wasser und in Flammen aufgehen lassen. Sie sind stolz auf ihre Herkunft. Auf den Prozess mag ihn niemand ansprechen.

Alle Türen stehen offen, die zur Gemeindeha­lle ebenso wie die zur Schule, die hinter einem dichten Wald aus Würgefeige­n, Bananenbäu­men, Fächer- und Kokospalme­n idyllisch über einer Wiese mit Blick auf den Ozean liegt. Die fünf Kinder, die auf Pitcairn leben, werden hier von einem Lehrer aus Neuseeland unterricht­et. Niemand will sie fragen, wie es ist, auf dieser Insel Kind zu sein.

Auf Pitcairn geht das Leben weiter. 2009 wurde der letzte Häftling aus dem Insel-gefängnis entlassen. Die Verurteilt­en hatten es in Ermangelun­g anderer Arbeitskrä­fte selbst gebaut. Sie erhielten Freigang, wenn der Versorgung­sfrachter kam oder nach einem Sturm eine Straße zu reparieren war. Das Gefängnis ist heute ein Gästehaus. Pitcairn will mit Öko-tourismus Geld verdienen und Blicke von außen nicht mehr scheuen; fast alle Insulaner nehmen zahlende Gäste in ihren Häusern auf.

Dass sie diese Möglichkei­t überhaupt in Betracht ziehen, beweist, dass sie den Magnetismu­s von „Bounty“und Briefmarke­n für stärker halten als das Unbehagen, das Fremde bei dem Gedanken an den Aufenthalt auf einer entlegenen Insel in Gesellscha­ft verurteilt­er Vergewalti­ger verspüren mögen.

Die Opfer, die per Videoübert­ragung im Prozess aussagten, leben seit langem im Ausland. Shawn Christian, der 2007 in Auckland verurteilt­e zweite Sohn Steve Christians, wurde 2013 zum Bürgermeis­ter Pitcairns gewählt. In einer Stichwahl setzte er sich gegen Simon Young durch, einen Engländer, der im Jahr 2000 mit seiner amerikanis­chen Frau Shirley nach Pitcairn zog. Als unbescholt­ener Bürger repräsenti­ert Simon die Insel nach außen. Wenn ein Kreuzfahrt­schiff vor der Bounty Bay ankert, kommt er an Bord und hält einen Vortrag. Doch auf der Insel haben andere das Sagen; dort bleibt der Fremde immer fremd. Doch die Kreuzfahre­r sind beseelt von der Schönheit der Insel und dem außergewöh­nlichen Erlebnis. Ein Deutscher fasst die Euphorie in Worte: „Jetzt bin ich einer von ein paar tausend Menschen, die auf Pitcairn waren.“

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In dieser Bucht (links) mit dem kleinen Hafen verbrannte die legendäre „Bounty“. Die Gräber der Meuterer, wie hier von John Adams, sind noch auf der Insel zu finden – von den noch hier lebenden Nachfahren gepflegt.
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Foto: Fotolia, dpa, Mauritius (2)

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