Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Jubel, Trubel, Heiterkeit?
Tradition Drei Präsidenten erzählen, wie sie dem Fasching verfallen sind und was im närrischen Augsburg verbessert werden könnte
Drei Faschingspräsidenten, eine Meinung: „Der Fasching macht vor allem eins, er macht Arbeit“, sagen sie mit einem Augenzwinkern. Denn die Arbeit, die machen sich Georg Rehm (Hollaria), Frank Türpe (Perlachia) und Jochen Heckel (Faschings- und Freizeitclub Augsburg, FFC) gern. Auch wenn der Fasching nicht mehr den Stellenwert in Augsburg hat, den er einmal hatte. Rehm erinnert sich an Rosenmontage und Faschingsdienstage, wo in der Kurzen Maxstraße laute Musik für Stimmung gesorgt und die Faschingsgesellschaften mit dem Bus vom ehemaligen Filmpalast bis zum Rathausplatz 20 Minuten benötigt hätten: In der feierfreudigen Menschenmasse gab es schier kein Durchkommen mehr. „Jeder hat sich morgens ein paar Tüten Konfetti gekauft und hatte seinen Spaß in der Innenstadt“, erinnert er sich. Das ist Jahrzehnte her.
Heute wird von der Vereinigung „Under oiner Kapp“(UOK) ein buntes Programm von Faschingssamstag bis Faschingsdienstag auf dem Rathausplatz geboten. „Wir kämpfen für den Straßenfasching. Wir wissen aber auch, dass wir dringend ein neues Konzept für den Rathausplatz brauchen“, sagt Jochen Heckel. Er ist Präsident des FFC, der auch bei Under oiner Kapp dabei ist. Einfach sei das nicht. „Aber man sieht ja beispielsweise an der Wiesn und am Plärrer, dass neue Konzepte funktionieren“, bekräftigen die drei Präsidenten. So einen Publikumszulauf würden sie sich auch für den Fasching wünschen. Türpe: „Wenn das Event passt, dann wird es auch angenommen.“
Doch es gebe derzeit einfach zu viele „Abers“. „Der Fasching in der City-galerie kostet uns auch viele Besucher. Die gehen lieber dorthin, weil sie da nicht in der Kälte stehen müssen“, sagt Jochen Heckel und ist Georg Rehm nicht gram, der ihm gegenüber sitzt. Schließlich veranstaltet Rehm seit einigen Jahren sehr erfolgreich die Showtage in Augsburgs großem Einkaufscenter. „In Augsburg gibt es unter den Faschingsgesellschaften keinen Streit. Wir sind alle vom Virus Fasching befallen, da wird zusammengehalten“, sagt Rehm. Dennoch müsse natürlich erst einmal jeder selber schauen, wo er bleibt. Noch dazu bei solch einem kurzen Fasching, wie in diesem Jahr. „Andere Vereine haben 52 Wochen im Jahr Zeit, sich zu präsentieren. Sportvereine benötigen dazu oft nur einen Trainingsanzug“, sagt Rehm. Die Faschingsgesellschaften hätten es da deutlich schwerer: Zwar würden sie bereits im Frühjahr mit dem harten Training für ihre Shows beginnen, nur bekomme das nun einmal niemand mit. Doch Jammern wollen sie nicht. Dafür sind sie mit viel zu großer Begeisterung seit Jahrzehnten mit dabei.
Frank Türpe wurde 1986 vom Augsburger Carneval Verein (ACV) angesprochen, ob er nicht ein Amt übernehmen wolle. Zuerst war er Volkstribun, dann Hofstaatsleiter, Künstlerischer Leiter, schließlich ging er auch noch in die Bütt. Heute engagiert er sich als Ehrenpräsident bei der Perlachia.
Georg Rehm startete ebenfalls beim ACV. Vor 40 Jahren war er dort bereits aktiv und lernte seine Frau kennen, die als Gardemädchen im Verein tanzte. Die beiden blieben dem Fasching treu, wechselten allerdings vor knapp 30 Jahren den Verein. Seit 20 Jahren ist Rehm Präsident der Hollaria.
Jochen Heckel startete bereits mit jungen Jahren 1983 in der Kinder- Kol-la in Gersthofen. Dort stieg er als Jugendlicher aus und kam über ein paar Freunde zum Fasching zurück. „Es wurde noch jemand fürs Männerballett beim FFC gesucht. Schneller als ich mich umschauen konnte, war ich wieder dabei“, sagt er.
Einmal Fasching, immer Fasching. Das trifft auf viele Aktive zu, es sei einfach eine eingeschworene Gemeinschaft. Sie können Geschichten erzählen von Paaren, die sich beim Fasching gefunden haben. „Bei uns gibt es sieben Ehen, die zwischen Aktiven geschlossen wurden“, so Rehm. Es gibt aber auch Prinzenpaare, die als tatsächliches Paar in die Saison starteten und sie dann getrennt zu Ende bringen mussten. Sie erzählen von Pleiten,
Sieben Ehen wurden bei den Aktiven geschlossen
Pech und Pannen, die nun auch einmal passieren und mit Humor genommen werden. „Unserem Büttenredner ist einmal seine mehrseitige Büttenrede runtergefallen. Er war minutenlang hinter der Bütt abgetaucht und hat fieberhaft versucht, die Seiten in die richtige Reihenfolge zu bringen. Das Publikum dachte, dass das Bestandteil der Show ist und hat laut applaudiert“, erinnert sich Türpe.
Nun steht die stressigste Zeit des Jahres für sie an. Doch für eine Veranstaltung hätten sie alle drei noch einen Termin im Kalender frei: einen Faschingsumzug in Augsburg. Vor Jahren wurde er abgeschafft. Die Wiederbelebungsmaßnahmen scheiterten laut den Faschingspräsidenten stets an den gestiegenen Sicherheitsauflagen. Doch von der Idee haben sie sich nicht verabschiedet. „Die Stadt müsste sich zum Fasching bekennen. Und natürlich müsste da ein qualitatives Konzept erarbeitet werden“, sagt Rehm. Das ist alles Zukunftsmusik. Doch ohne Fantasie und Idealismus würde nun auch einmal der Fasching nicht funktionieren, sind sie sich wieder einig.