Sturm sieht eine Chance für die Panther
Was der NHL-Profi aus San José und drei ehemalige Panther-Spieler über den Absturz der Augsburger, mögliche Konsequenzen für den Klub und die wahrscheinliche Zukunft in der zweiten Liga sagen.
Nicht nur die Fans der Augsburger Panther leben und leiden mit dem Klub, der nach 29 Jahren wohl in die zweite Liga absteigen muss. Auch ehemalige AEV-Spieler machen sich Gedanken darüber, warum die Saison schiefgelaufen ist.
In Nordamerika leidet ein NHLProfi mit, der zwar im Nachwuchs des Augsburger EV begonnen hat, aber nie in der ersten Mannschaft der Panther spielte. „Es gibt dazu nicht allzu viel zu sagen. Es ist eine Katastrophe. Denn mit den Fans und dem Umfeld, das der Klub hat, mit den Rahmenbedingungen und den Sponsoren, gehört schon DELEishockey nach Augsburg“, schreibt der Stürmer der San Jose Sharks auf eine Anfrage. Der 27-Jährige spielt zwar seit Jahren in Nordamerika, ist aber bekennender Augsburger. Den Sommer verbringt Sturm stets bei der Familie in Neubergheim. Als der Stanley-Cup-Sieger die vielleicht bekannteste, aber gewiss schwerste Sporttrophäe der Welt einen Tag lang bei sich haben durfte, wählte Sturm den Goldenen Saal im Rathaus. Die sportliche Krise sieht er als „Chance, bestimmte Dinge, die man in der Vergangenheit versäumt hat, neu und richtig zu planen.“
Im Gegensatz zu Sturm spielte Harald Birk für die Augsburger Panther. In der DEL-Premierensaison 1994/1995 wechselte der Profi der Marke „klassischer Spielmacher“nach der Pleite der Mad Dogs München im Spätherbst 1994 zum AEV. In sechs DEL-Spielzeiten im Schleifgraben kommt Birk auf 254 Einsätze (48 Tore/144 Vorlagen) für den AEV. „Ich bin weit davon entfernt, Hauptgesellschafter Lothar Sigl schlaue Ratschläge zu geben. Er ist erfahren genug“, sagt der
ehemalige Angreifer. Grundsätzlich ist er jedoch der Ansicht, dass ein Klub in der Deutschen Eishockey Liga neben einem Trainer auch einen Sportdirektor benötigt. „Das kann auch mal zu Reibungen führen und man schätzt Spieler unterschiedlich ein. Aber genau das braucht jeder Klub, um seine Mannschaft weiterzuentwickeln“, sagt Birk. Ideal sei zudem ein Scout im Trainerteam. „Die Spielerbeobachtung wird in der zweiten Liga noch wichtiger als in der DEL, weil man mehr deutsche Profis und vor allem junge deutsche Spieler benötigt“, sagt der gebürtige Kaufbeurer, der jetzt in Landsberg lebt. Bei der Auswahl des neuen Personals sollte die neue AEVFührung vor allem auf die läuferischen Fähigkeiten achten. Denn:
„Wenn ich schnell bin, dann habe ich ein oder zwei Sekunden mehr Zeit, um die richtige Entscheidung auf dem Eis zu treffen.“
Aus seiner aktiven Zeit kennt der 59-Jährige den neuen PantherCoach Christof Kreutzer (55). „Auf dem Eis war Christof ein extremer Beißer und ist bis heute ein harter Arbeiter. Ich denke, dass er der richtige Mann für den AEV in der jetzigen Situation ist.“
Thomas
Schön zählte zu den prägenden Figuren beim Augsburger EV vor der Jahrtausendwende. Zwischen 1977 und 1991 stand der Keeper mit dem eigenen Kopf 502 Mal im Tor der ersten und zweiten Bundesliga sowie in der Oberliga. In der vergangenen Saison gönnte sich Schön erstmals eine Dauerkarte. Einer
der Gründe: Der ehemalige Schlussmann wollte die Auftritte des deutschen Top-Torhüters Dennis Endras genießen. Bis zur Verletzung des ehemaligen Mannheimers lief es laut Schön ordentlich für die Panther. „Man hat gesehen, dass die Mannschaft mithalten kann. Mit dem Endras-Ausfall und einigen Verletzungen gab es einen Bruch. Aber es war niemand da, der mal das Wort erhoben hätte. Der auf dem Eis mal eine heftige Reaktion gezeigt und alle wachgerüttelt hätte. Es plätscherte alles so dahin“, sagt der gebürtige Augsburger. Er hatte das Gefühl, „dass die Mannschaft in einer Wohlfühloase abgetaucht ist“. Trainer Peter Russell habe da bereits das Team nicht mehr erreicht.
Der Slogan „Pure Emotion“ habe nur vonseiten der Fans für den Klub gegolten. Die Zuschauer strömten trotz dürftiger Darbietungen in Massen zu den Heimspielen. „Der Stadionbesuch hat in Augsburg eine soziale Komponente. Da trifft man Freunde und Bekannte, das habe ich genossen“, sagt der 63-Jährige. Ob er seine Dauerkarte verlängert, hänge von der weiteren Personalentwicklung ab. Mit einem Augenzwinkern fügt der 63-Jährige an: „Ich habe jetzt ein Trainingszimmer. Ich bin fit. Ich kann einspringen.“
Ebenfalls in Form hält sich Aleksander Polaczek, allerdings für seine Einsätze als Schiedsrichter. Der ehemalige Panther-Stürmer, eher die Marke Giftzwerg mit großem läuferischem Potenzial, pfeift oft in der DEL2. Dort geht Kassel mit einem gewaltigen 38-Punkte-Vorsprung als Favorit in die Play-offs. Sollten die Hessen die Meisterschaft feiern, ist der AEV zweitklassig. „Augsburg sollte sich keine großen Hoffnungen auf eine Überraschung machen und eher für die zweite Liga planen. Kassel ist richtig stark und kann sich eigentlich nur selbst schlagen“, sagt der Ex-Panther, der von 2015 bis 2018 im Schleifgraben stürmte. „In der DEL2 wird anderes Eishockey gespielt. Es ist langsamer und die Fehlerquote ist höher“, berichtet der 42-Jährige.
Da nur noch vier Ausländer eingesetzt werden können, komme den deutschen Spielern eine größere Bedeutung zu als in der DEL. „Über die Qualität der Mannschaft entscheiden eher die deutschen Profis. Da muss man gut aufgestellt sein. Der ESV Kaufbeuren macht das sehr gut. Baut immer wieder junge eigene Spieler ein und kann so weit vorne mitmischen“, erläutert Polaczek. Augsburg müsse künftig mehr mit dem eigenen Nachwuchs arbeiten.