Aichacher Nachrichten

Warum werden so viele Übergriffe auf Polizisten gezählt?

In Augsburg werden mehr Angriffe auf Beamte gezählt als in allen anderen bayerische­n Großstädte­n. Doch die Zahlen sagen nicht alles darüber aus, wie die Lage wirklich ist.

- Von Jörg Heinzle

Für die Augsburger Polizei war es eine bittere Bilanz: Es hatte Stunden gedauert, einen randaliere­nden Mob in der Innenstadt aufzulösen, 15 Polizeibea­mte wurden bei der Krawallnac­ht im Juni 2021 verletzt. Inzwischen läuft die juristisch­e Aufarbeitu­ng – es gab bereits einige Prozesse gegen die Täter, weitere Verfahren stehen noch aus. Die Krawallnac­ht ist auch ein Grund dafür, dass die Stadt Augsburg wieder einmal schlecht abschneide­t bei der Zahl der Übergriffe auf Polizistin­nen und Polizisten. In keiner anderen bayerische­n Großstadt werden Beamte – im Verhältnis zur Einwohnerz­ahl – so oft körperlich oder verbal attackiert wie in Augsburg. Das zeigt ein aktuelles Lagebild der bayerische­n Polizei.

Doch ist die Lage wirklich so ernst, wie es die Zahlen erscheinen lassen?

Während in den meisten Regionen Bayerns die Gewalt gegen Polizisten zuletzt abgenommen hat, nimmt sie laut der Statistik in Augsburg weiterhin zu. Konkret bedeutet das: Gerechnet auf 100.000 Einwohner gab es in Augsburg im vorigen Jahr 218 Übergriffe. Das ist deutlich mehr als etwa in Regensburg (119 Übergriffe), Ingolstadt (110), Nürnberg (103) oder München (89). Die Krawallnac­ht trägt dazu bei, dass die Zahlen in Augsburg im vorigen Jahr gestiegen sind. 65 Straftaten, die sich gegen Einsatzkrä­fte richteten, seien alleine in dieser Nacht gezählt worden, sagt ein Sprecher der Augsburger Polizei. Allerdings: Auch ohne die Krawallnac­ht wäre die Zahl der Übergriffe noch angestiege­n. Zudem belegt

Augsburg seit Jahren negative Spitzenplä­tze bei Attacken auf Polizisten – bayernweit ohnehin, aber auch im Bundesverg­leich.

Der CSU-Stadtrat Peter

Schwab, im Hauptberuf Polizeibea­mter, erklärt sich die hohen Zahlen in Augsburg mit Personalsi­tuation, die in den vergangene­n Jahren und Jahrzehnte­n im Raum Augsburg deutlich schlechter gewesen sei als in anderen Ballungsrä­umen. Könne die Polizei bei einem Einsatz Stärke zeigen, dann verhindere das oft von vorneherei­n eine Eskalation. Sei die Polizei schwach aufgestell­t, werde sie auch schnell zum Opfer von Übergriffe­n. Inzwischen hole Augsburg aber zum Glück nach und bekomme mehr Personal zugeteilt. Dass nun mit Michael Schwald ein ehemalige Augsburger Polizeiprä­sident zum Chef der bayerische­n Polizei aufgestieg­en ist, dürfte dabei helfen, dass es auch so bleibt, hofft Stadtrat Schwab.

Vielleicht ist die Situation in Augsburg aber auf dem Papier auch noch etwas gravierend­er als in der Realität. Immerhin gilt Augsburg eigentlich, wenn man auf die Kriminalit­ät insgesamt schaut, seit Jahren als eine der sichersten Großstädte in Deutschlan­d. Polizeiint­ern gab es in Augsburg nach Informatio­nen unserer Redaktion immer wieder die Bitte an die Beamten, möglichst alle Übergriffe anzuzeigen – auch Fälle, die nicht allzu zu gravierend sind. Nur so könne man etwas erreichen im Ringen um eine bessere Ausstattun­g, lautete der Tenor. Auch Hans Wengenmeir, ehemaliger Kripobeamt­er und Stadtrat der Freien Wähler, kann sich vorstellen, dass man es in Augsburg ziemlich genau nimmt beim Anzeigen von Übergriffe­n – was im Übrigen auch richtig sei. Gerade nach gravierend­en Vorfällen wie der Krawallnac­ht sei die Bereitscha­ft der Kollegen, auch mal ein Auge zuzudrücke­n, geringer.

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Foto: Annette Zoepf (Archivbild) Die Augsburger Maximilian­straße galt im vergangene­n Sommer als Brennpunkt. Dieses Jahr ist die Lage deutlich ruhiger.

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