Ein Häuschen mit Geschichte
Die ehemalige Prinz-Karl-Kaserne hat eine bewegte Zeit hinter sich, inzwischen ist das Areal zum lebenswerten Quartier umgebaut. Ein Gebäude erinnert noch an die Vergangenheit
Häuser, die ihren Standort wechseln, kennen wir aus Amerika. Holzhäuser auf Transportern. In Deutschland gibt es höchstens „Häuschen“, die ein bisschen wandern. Eines davon gibt es in Augsburg. Ganz ohne Amerikaner? Mal sehen, was dahinterstecken könnte.
Auf dem Gelände der ehemaligen Kaserne des 3. Königlich Bayerischen Infanterie-Regimentes „Prinz Carl von Bayern“, das hier zwei Bataillone stationiert hatte, gab es 1884 noch kein Wachhäuschen. Auch 1897, als die Kaserne um zwei Gebäude erweitert wurde, weil ein Infanterie-Bataillon aus Lindau nach Augsburg kam, war von dem kleinen, ovalen Haus nichts zu sehen. Die Wachsoldaten verrichteten ihren Kontrolldienst im Haupteingang des großen Tores des südlichen Kasernengebäudes. Im Block 301, an der Schertlinstraße, und dem nördlich gelegenen Block 309 in der Von-der-Tann-Straße. Damals noch vor den Toren der Stadt, wuchs die Kaserne auf zehn Hektar Größe, mit Exerzierplatz- und Freiflächen und auf der östlichen Seite, Richtung Hochfeldstraße, gab es ein großes Reit- und Sportfeld. Über 1500 Königlich Bayerische Infanteristen waren hier stationiert.
Nach dem Ersten Weltkrieg, 1918, verlangten die Siegermächte eine Reduzierung der militärischen Stärke Deutschlands, das nun erstmals eine Republik war. Fortan gab es in der Prinz-Karl-Kaserne nur noch ein Bataillon der Infanterie. Bis zur Machtübernahme durch die Nationalsozialistische Partei (NSDAP) 1933. Die Kaserne existierte nun 51 Jahre und das Militär dieser Zeit hatte keinen Sinn für putzige Wachhäuschen. Garagen und Werkstätten für militärische Fahrzeuge entstanden, es erfolgte eine Umbenennung in Infanteriekaserne. Panzergrenadiere und Schützenregimenter zogen ein.
Nach dem Zweiten Weltkrieg und den Bombenangriffen auf Augsburg wurden kriegsbeschädigte KasernenÜberreste abgerissen. In die unversehrten Gebäude quartierte die Stadt ab 1945 ausgebombte Augsburger und Heimat-Vertriebene ein. Das Jahr 1949 ergibt endlich den ersten Hinweis auf unser Wachhäuschen. Max Lohrmann vom Verein „Amerika in Augsburg“sagt: „Auf einem Foto von 1949/50 ist am Eingang der Sheridan-Kaserne ein bauähnliches Format zu sehen.“1951 zogen die US-Truppen in die „Infantriekaserne“in Augsburg Hochzoll und nannten sie „Infantry Kaserne“. Wahrscheinlich entstand nun, vor 71 Jahren, dieses Häuschen.
Im großen Gebäude, Block 309, war für das Wachpersonal ein Dienstzimmer eingerichtet. „Das Wachhäuschen ist, wie in den meisten Fällen der US-Kasernen lediglich ein Wetterschutz der kontrollierenden Soldaten“, sagt Max Lohrmann. Als die Amerikaner 1968 die Kaserne verließen, erhielt das Wachhäuschen ein Überdach-Schild mit der Aufschrift „Prinz-Karl-Kaserne“. „Die Schrift ist eindeutig nicht amerikanisch“, sagt Lohrmann.
An dieses Schild können sich die Bewohner des angrenzenden Bismarckviertels noch gut erinnern.
Während der langjährigen Umbauphase des Prinz-Karl-Viertels wanderte das Wachhäuschen immer weiter weg von seinem ehemaligen Bestimmungsort, dem Block 309, und steht mittlerweile ruinös am Rande. Der zuständige Architekt wollte sich über seine Zukunft nicht äußern. Stadtheimatpfleger Hubert Schulz sagt: „Die Stadt Augsburg und auch die Augsburger Denkmalpflege gehen davon aus, dass es erhalten bleibt. Wir werden uns auf jeden Fall dafür einsetzen.“Neben dem „Löwendenkmal“im PrinzKarl-Viertel, zu Ehren der im Ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten, wäre das Wachhäuschen das erkennbarste Zeichen einer sehr wechselvollen Kasernengeschichte. Dafür müsste das arg ramponierte Häuschen noch einmal seinen Standort wechseln.