Umbau der Schimpansenanlage sorgt für Debatte
Tierpark Das Gehege für die Menschenaffen soll für rund 800.000 Euro erneuert werden. Doch auch das ist nur eine Zwischenlösung, neue Tiere dürfen nicht mehr kommen. Das Geld sei dennoch gut angelegt, sagt die Zoo-Chefin
Der Freundeskreis des Augsburger Zoos will rund 800.000 Euro zur Verfügung stellen, damit die drei Schimpansen im Augsburger Zoo bleiben können. Mit dem Geld soll das Gehege, das nicht mehr den Tierschutzbestimmungen entspricht, modernisiert werden. Doch eine Dauerlösung ist auch das nicht. Denn auch nach dem Umbau ist die Schimpansenanlage kleiner als eigentlich erforderlich. Neue Schimpansen dürfen dann trotzdem nicht mehr in den Augsburger Zoo kommen.
Warum investiert man dennoch so viel Geld? Diese Frage beschäftigt viele Menschen in Zusammenhang mit der geplanten Modernisierung. Der Zoo will das Projekt gemeinsam mit seinem Freundeskreis realisieren. Dort verteidigt man die Pläne. „Wir wollen die Not der drei Schimpansen schnellstmöglich lindern und die Anlage weitgehend den Vorschriften entsprechend umbauen“, sagt Helmut Schuler, Vorstandsmitglied der Zoofreunde. Dies sei die beste Lösung für die Tiere. Die Zoofreunde hatten diese Woche öffentlich zugesagt, die kompletten Kosten zu übernehmen, weil dem städtischen Zoo wegen Einnahmeausfällen in der Corona-Krise das Geld für die Investition fehlt.
Der Umbau muss jetzt schnell erledigt werden. Die städtische Veterinärbehörde hat aus Tierschutzgründen eine Frist bis Ende 2021 gesetzt, andernfalls müssen die Schimpansen an eine andere Einrichtung abgegeben werden. Die Behörde duldet auch nach der geplanten Modernisierung nur noch die Haltung der vorhandenen Schimpansen Coco, Akemo und Nicky, vor allem, weil die Anlage weiter zu klein für die aktuellen Mindestanforderungen an die Haltung ist. Diese Problematik sorgt für Diskussionen.
So hat Stadtrat Roland Wegner von der V-Partei einen Dringlichkeitsantrag für die Stadtratssitzung diesen Donnerstag gestellt. Er fordert, dass unverzüglich ein Hilfeersuchen aus Augsburg an die Auffangstation Ape & Monkey Sanctuary in Wales gestellt wird, um Coco, Akemo und Nicky „aus dem nicht Tierschutz-konformen Augsburger Gehege zu retten“, wie es Wegner formuliert. In dieser Auffangstation für Primaten in Südengland gebe es zumindest bessere Bedingungen. Um der Forderung Nachdruck zu verleihen, wollen Tierschützer vor der Kongresshalle, wo der Stadtrat tagt, eine Mahnwache abhalten.
Bei den Zoofreunden betont man indes, der Umbau des Geheges sei die beste Lösung für die Augsburger „Sie sind hier besser aufgehoben als irgendwo anders“, sagt Schuler. Als eines der größten Probleme gilt derzeit, dass die drei Schimpansen nur ein sehr kleines Innengehege von rund 80 Quadratmetern haben. Die Außenanlage mit rund 220 Quadratmetern können sie nur eingeschränkt nutzen. Im Winter ist es draußen zu kalt, und im Sommer wird es oft zu heiß, weil sich die Glaswände in der Sonne zu stark aufheizen.
Die Glaswände sollen nun teilweise durch Gitter ersetzt werden, damit die Luft zirkulieren kann. Außerdem bekommt das bislang oben offene Außengehege ein ausbruchsicheres Stahlnetz als Dach. Das hat den Vorteil, dass man den Affen mehr Spiel- und Klettermöglichkeiten auf verschiedenen Ebenen bieten kann. Geplant sind unter anderem Schaukelseile, Kletterbäume mit Hängematten und Hochplateaus. Auch an der Überdachung können die Schimpansen entlanghangeln. Es soll auch einen
Wetterschutz mit Fußbodenheizung geben, damit die Affen mehr Zeit im Freien verbringen können.
Schuler sagt, für die drei Schimpansen sei es besser, in Augsburg zu bleiben, als in eine Auffangstation umzuziehen. Sie seien mit der Umgebung im Zoo seit Langem vertraut und würden auch die Stammbesucher kennen. Deshalb wollen die Zoofreunde Coco, 32, Akemo, 26, und Nicky, 37, die Chance geben, den Rest ihres Lebens hier zu verbringen. Schimpansen können rund 50 Jahre alt werden. Aber was ist, wenn eines der Tiere stirbt und keine neuen Artgenossen nach Augsburg geholt werden dürfen? War der aufwendige Umbau für 800.000 Euro dann vergeblich? Eigentlich ist die Schimpansengruppe im Zoo schon jetzt zu klein. Sie ist außerdem ungünstig zusammengesetzt. Coco wurde von Menschen aufgezogen. Er zeigt laut Zoodirektorin Barbara Jantschke kein Interesse an weiblichen Artgenossen, um sich fortzuSchimpansen. pflanzen. Akemo ist der Sohn von Nicky. Er musste kastriert werden, damit er sich nicht mit seiner Mutter paaren und fortpflanzen kann. Jantschke sagt aber auch: „Die Gruppe harmoniert so zusammen.“
Wenn einer oder gar zwei Schimpansen sterben sollten, müsse man neu denken. Einen Menschenaffen alleine zu halten sei nicht vertretbar. Er müsste dann an eine andere Einrichtung abgegeben werden. Für die Direktorin kommt jedoch nur eine Abgabe an einen anderen wissenschaftlich geführten Zoo infrage, wie sie am Mittwoch sagte. Die Auffangstation in Wales stehe außerhalb des Netzwerkes der europäischen Zoos und komme deshalb für sie nicht in Betracht. Aus Sicht von Jantschke werden die Schimpansen in Augsburg nach dem Umbau „optimal untergebracht“sein. Sie können dann körperlich aktiver sein, und die Freiluftsaison für sie wird länger. Die Direktorin denkt auch schon an die Zeit nach der Schimpansenhaltung im Zoo. Dann könnten andere Primaten ins Gehege einziehen. Auch deshalb sei das Geld für den Umbau gut angelegt.
Helmut Schuler von den Zoofreunden sagt: „Die Finanzierung ist für uns ein Gewaltakt.“Der Verein hatte sich zuletzt für das neue Elefantenhaus sehr stark finanziell engagiert. Jetzt muss der Freundeskreis voraussichtlich drei Jahre Spenden sammeln, um die Kosten für das Schimpansengehege aufzubringen. Erschwerend kommt hinzu, dass der Zoo wegen der staatlichen Corona-Auflagen derzeit wieder geschlossen ist und man Besucher nicht auf dem üblichen Weg erreichen kann. Deshalb gibt es nun eine neue Aktion zugunsten der Schimpansen: Für jede Spende ab 25 Euro an den Freundeskreis des Zoos gibt es einen Zookalender fürs kommende Jahr gratis.
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Spendenaktion Informationen gibt es im Internet unter www.zooaugs burg.de/freundeskreis/engagieren