Binden und Tampons in Schottland bald gratis
In vielen Schulen und Unis gab es Menstruationsprodukte schon kostenlos. Nun hat das Parlament entschieden, dass der Rest des Landes nachziehen muss – als erstes weltweit
Edinburgh Es ist, ohne zu übertreiben, eine kleine Sensation: Das schottische Parlament hat als erstes weltweit dafür gestimmt, dass Binden, Tampons und ähnliche Hygieneartikel in Zukunft kostenlos erhältlich sein sollen. Die Politiker in Edinburgh verabschiedeten eigenen Angaben zufolge am Dienstagabend einstimmig den entsprechenden Gesetzentwurf der Labour-Abgeordneten Monica Lennon.
Konkret bedeutet das, dass die schottische Regierung nun ein landesweites Programm einrichten muss, in dessen Rahmen Menstruationsprodukte kostenlos bereitgestellt werden. An vielen Schulen und Universitäten ist es schon gang und gäbe, dass Binden und Tampons zur Verfügung stehen. Zukünftig werden diese Einrichtungen dazu verpflichtet, eine Auswahl der Artikel in Toiletten anzubieten. Auch andere öffentliche Einrichtungen können künftig von der Regierung dazu veranlasst werden.
Regierungschefin Nicola Sturgeon twitterte: „(Ich bin) stolz darauf, für diese bahnbrechende Gesetzgebung gestimmt zu haben, die Schottland zum ersten Land der Welt macht, das kostenlose Menstruationsprodukte all denjenigen zur Verfügung stellt, die sie brauchen.“Sturgeon betonte, wie wichtig diese Maßnahme für Frauen und Mädchen sei.
Es handele sich um einen „praktischen und fortschrittlichen“Gesetzentwurf, der wegen der CoronaPandemie umso wichtiger sei, zitierte die Nachrichtenagentur PA die Labour-Abgeordnete Monica Lennon, die den Gesetzentwurf verfasst hatte. „Perioden hören nicht wegen Pandemien auf, und die Arbeit zur Verbesserung des Zugangs zu unerlässlichen Tampons, Binden und wiederverwendbaren Produkten war noch nie so wichtig wie heute.“
In Großbritannien gilt vor allem Schottland als Vorreiter im Kampf gegen die sogenannte Perioden-Armut. Viele Frauen haben zu wenig Geld für Hygieneartikel und greifen während ihrer Periode zu alten Zeitungen, Stofflappen und Klopapier.
Der am Dienstag verabschiedete Gesetzentwurf verpflichte die lokalen Behörden dazu, entsprechende Artikel unentgeltlich bereitzustellen, schrieb die BBC. Die jeweiligen Kommunalverwaltungen müssten nun entscheiden, welche praktischen Vorkehrungen getroffen werden, aber Tampons und Binden müssten „einigermaßen leicht“und mit „angemessener Würde“zugänglich gemacht werden.
Damit ist das schottische Parlament weltweiter Vorreiter: Nirgendwo anders gibt es bislang ein Gesetz, das den kostenlosen Zugang zu Menstruationsprodukten garantiert. Die größten Schritte hatten bislang Länder wie Australien, Irland, Kanada oder Kenia unternommen, wo die Steuer auf dies Produkte ganz abgeschafft wurde. In Deutschland wurden Hygieneprodukte lange Zeit mit dem ebenso für Luxusgüter anfallenden Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent besteuert. Für Güter des täglichen Bedarfs wird hingegen normalerweise der reduzierte Satz von sieben Prozent fällig. Aufgrund der Corona-Krise hat die Bundesregierung aktuell beide Sätze auf 16 beziehungsweise fünf Prozent gesenkt.
Nach immer wieder aufkommender Kritik sowie zwei Petitionen, die fast 300000 Menschen unterschrieben haben, kündigte Finanzminister Olaf Scholz im Oktober 2019 an, den Mehrwertsteuersatz auf Damenhygieneprodukte von 19 auf sieben Prozent zu senken. Die Preisminderung kam jedoch nicht in allen Fällen bei den Käuferinnen an: Viele Hersteller erhöhten pünktlich zum Inkrafttreten des neuen Steuersatzes die Preise.