Harte Realität
Tipp des Tages In „Frankfurt, Dezember 17“trifft Arm auf Reich
ARD, 20.15 Uhr Eine grüne Plastiktüte schwebt über der Stadt. Tänzerisch kreist sie zwischen den Wolkenkratzern von Frankfurt am Main, Deutschlands Bankenmetropole. Hier oben geht die Welt des Kapitals ihren Geschäften nach.
Unten aber kämpfen Menschen wie Lennard und Sam ums nackte Überleben. Obdachlose wie sie fallen im regen Alltagstreiben kaum auf, für den Rest der Gesellschaft scheinen sie nicht zu existieren. Es bedarf schon der Vogelperspektive, um auch sie sichtbar zu machen.
In dem Sozialdrama „Frankfurt, Dezember 17“, das heute im Ersten läuft, versinnbildlicht Regisseurin Petra K. Wagner diesen Gedanken. Für die gesellschaftliche Unsichtbarkeit der Obdachlosen findet sie zu Beginn des Films eine Szene, die nicht weniger allegorisch ist: Lennard, gespielt von Christoph Luser, schlendert etwas angetrunken am Mainufer entlang, wo drei ebenfalls alkoholisierte Halbstarke herumstreunen.
Als sich die Wege kreuzen, überfallen die Jugendlichen den Obdachlosen und prügeln brutal auf ihn ein. Unweit davon entfernt haben die Krankenschwester Irina (Lana Cooper) und der verheiratete Chefarzt Carl (Barnaby Metschurat) Sex im Auto. Sie bekommen den Angriff zwar aus unmittelbarer Nähe mit, greifen aber nicht ein. Es ist, als würden sie nichts sehen.
Egoistisch, unmenschlich und gefühlskalt, so zeichnet Regisseurin Wagner diese Welt gut situierter Bürger, der sie kontrastreich das Milieu der Obdachlosen gegenüberstellt. Damit nimmt sie sich Themen wie Nächstenliebe, Verantwortung und sozialer Kälte an. Sehenswert und beeindruckend.