Oft gescheitert, plötzlich Hoffnungsträger
Porträt Thorsten Schäfer-Gümbel sagt von sich selbst, er sei kein Mann für die großen Schlagzeilen. Zu Recht? In Hessen soll er nicht weniger als die SPD retten
Wenn er sich etwas wünschen dürfe, hat Thorsten Schäfer-Gümbel vor kurzem gesagt, dann würde er „das“am liebsten alleine machen. Mit „das“meint er das Regieren in Hessen, wo der 49-Jährige in gut einer Woche Ministerpräsident Volker Bouffier herausfordert. Von absoluten Mehrheiten allerdings ist die SPD im Moment so weit entfernt wie die Fußball-Nationalelf vom Weltmeistertitel – und deshalb schränkt SchäferGümbel auch sofort ein: „Ich kann natürlich auch Umfragen lesen.“
Die sind in Hessen mit Werten zwischen 23 und 25 Prozent für die Sozialdemokraten zwar noch ganz passabel. Auf TSG aber, wie sie ihn in der Partei der Einfachheit halber nennen, lastet trotzdem eine enorme Hypothek. Vermasselt die SPD auch diese Wahl, dürfte im WillyBrandt-Haus und der Großen Koalition in Berlin kein Stein mehr auf dem anderen bleiben und SchäferGümbel auch seinen Zweitjob als stellvertretender Parteichef los sein.
Der Sohn eines Zeitsoldaten, der in Oberstdorf geboren wurde und als Fünfjähriger mit seinen Eltern nach Gießen zog, hat in der SPD eine eher unauffällige Karriere gemacht und das Image des Lückenfüllers mit der etwas zu dicken Brille nie wirklich loswerden können. Spitzenkandidat für die Wahl 2009 wurde er nur, weil die damalige Landesvorsitzende Andrea Ypsilanti mit ihrem Versuch, eine von der Linken tolerierte rot-grüne Minderheitsregierung zu bilden, spektakulär gescheitert war und Hessen nach nur einem Jahr wieder neu wählen musste. Seitdem ist Schäfer-Gümbel der Mann, der immer wieder versucht, die Dominanz der CDU zu brechen – und immer wieder daran scheitert. Sattelfest in allen Themen, durchaus gewinnend im Wesen, verglichen mit den konservativen Platzhirschen Roland Koch und Volker Bouffier aber immer ein wenig zu unauffällig und zu unscheinbar. „Ich bin kein Mann für die Schlagzeilen“, sagt er selbst dann. Und dass er im Wahlkampf keine Schlammschlachten schlagen wolle. „Das ist nicht mein Stil.“Trotzdem könnte es diesmal mit etwas Glück für ihn reichen – als Juniorpartner in einer Großen Koalition oder als Chef einer rot-grünen Landesregierung.
Politologe Schäfer-Gümbel, mit einer Historikerin verheiratet, vom katholischen zum evangelischen Glauben konvertiert und Vater von drei Kindern, versucht, mit Seriosität und den klassischen SPD-Themen zu punkten: gerechte Löhne, Bildungsgerechtigkeit, bezahlbare Wohnungen. Seine Mutter, erzählt er gerne, sei Putzfrau gewesen, und er selbst habe ihr in den Ferien häufig geholfen: „Ich weiß, wie hart das Leben sein kann.“Und das mit den dicken Brillengläsern kann er auch erklären: Mit 20 Jahren erlitt er eine Netzhautablösung, nur mehrere komplizierte Operationen verhinderten, dass er erblindete. Seitdem trägt TSG eine Brille mit speziellen Prismengläsern