Warnstreiks sind zunächst vorbei
Die Gewerkschaft Verdi und das Krankenhaus einigen sich: Um das Pflegepersonal zu entlasten, soll die Zahl der Betten in dem Krankenhaus etwas verringert und ein Maßnahmenpaket entwickelt werden
Der Tarifstreit über die Situation des Pflegepersonals am Klinikum ist entschärft. Die Gewerkschaft Verdi kündigte bis auf Weiteres einen Stopp der Warnstreiks an. Gewerkschaft und Klinikum vereinbarten ein „Sofortprogramm“, um Schwestern und Pfleger auf einigen Brennpunktstationen zu entlasten. Zudem wollen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber an dem Krankenhaus in einer gemeinsamen Kommission Gedanken über weitere Maßnahmen zur Entlastung der Pflegebeschäftigten machen.
In dem Konflikt dreht es sich darum, wie viel Pflegepersonal auf den Stationen des Hauses zur Verfügung steht. Mitarbeiter aus der Pflege beklagen seit längerem eine Überlastung. Es fehle nicht nur Zeit für Gespräche mit Patienten, sondern es gehe auch um die Einhaltung von pflegerischen Standards, berichteten Schwestern. Im Rahmen einer bundesweiten Aktion bestreikte Verdi das Klinikum an drei Tagen, um die Leitung zu Verhandlungen über einen Haustarifvertrag zu zwingen, der Mindeststandards für die Besetzung von Stationen vorsieht. Mehr als 100 Operationen mussten deshalb abgesagt werden. Das Klinikum machte geltend, über den Personalschlüssel nicht verhandeln zu können, da dafür der kommunale Arbeitgeberverband verantwortlich sei. Inhaltlich stehe man hinter dem Anliegen des Personals.
Inzwischen gibt es eine andere Lösung als einen Haustarifvertrag. In dem Sofortprogramm sollen Stationen identifiziert werden, auf denen es personell besonders eng ist. Sie sollen entlastet werden, indem entweder im ganzen Krankenhaus stationsübergreifend jeweils einige Betten geschlossen werden oder einzelne Stationen temporär außer Betrieb gehen. Heute will der Vorstand darüber diskutieren. „Was wir machen, muss gut durchdacht sein, weil es wohl längerfristig gelten wird“, sagt Vorstandsvorsitzender Alexander Schmidtke.
Bei Verdi sieht man Licht- und Schattenseiten der Lösung. „Das Sofortmaßnahmenpaket wurde sehr kritisch diskutiert, da es zu keiner flächendeckenden Entlastung im Pflegedienst im Klinikum führen wird und es schwierige Punkte enthält“, so Gewerkschafter Stefan Jagel. Man hoffe auf einen mittelfristigen Maßnahmenkatalog, der in der Kommission erarbeitet werden soll. Krankenpfleger Benjamin Gampel spricht von einem „guten Anfang, den wir jetzt nutzen sollten“.
Das Klinikum will zusammen mit Beschäftigten verbindliche Lösungen erarbeiten, was etwa passiert, wenn doch einmal definierte Mindestbesetzungen unterschritten werden. Aufnahmestopps und Bettensperrungen dürfen dann konsequenter als heute umgesetzt werden. Auch das Problem, dass angesichts von Personalmangel die Praxisausbildung von Pflegeschülern mitunter zu kurz kommt, soll angesprochen werden.
Die Lösung, einfach mehr Mitarbeiter einzustellen, scheidet aus Schmidtkes Sicht aus. „Wir schaffen kommendes Jahr 30 neue Vollzeitstellen, aber die müssen wir erst einmal besetzt bekommen.“Aufgrund der Fluktuation von neun Prozent beim Pflege- und Funktionsdienst tue man sich schon schwer, die 180 frei werdenden Stellen pro Jahr neu besetzen. „Der Fachkräftemangel erwischt uns“, so Schmidtke. Also bleibe nur die Lösung, die Zahl der Betten etwas zu reduzieren.
Klar ist, dass die Schließung eines kleinen Teils der 1700 Betten fast nur im Bereich der Grundversorgung passieren kann, weil Patienten im Raum Augsburg andere Häuser als Alternative haben. Spezielle Eingriffe, die nur das Klinikum als einziger schwäbischer Maximalversorger beherrscht, können hingegen nicht gestrichen werden. „Die Versorgung der Patienten bleibt gesichert“, so Schmidtke. Man müsse bedenken, dass nicht alle Stationen ständig zu 100 Prozent ausgelastet seien.