Aichacher Nachrichten

Wenn Kunden online abgezockt werden

Internet-Betrüger, Ärger mit Handyvertr­ägen oder Riester-Rente: Die Berater der Verbrauche­rzentrale Bayern in Augsburg mussten 2016 in rund 5000 Fällen helfen. Was man tun kann, um nicht hereingele­gt zu werden

- VON EVA MARIA KNAB eva maria.knab@augsburger allgemeine.de

Manchmal ist es ein sensatione­ll günstiges Smartphone, manchmal eine teuere Designer-Handtasche zum unschlagba­ren Schnäppche­npreis. Beim Einkauf im Internet findet man immer wieder besonders billige Angebote. Doch dabei kann der Kunde auch an einen betrügeris­chen Online-Händler geraten. In der Augsburger Beratungss­telle der Verbrauche­rzentrale Bayern gab es im vergangene­n Jahr viele Anfragen zu sogenannte­n „Fake-Shops“, die Kunden abzocken.

„Viele Verbrauche­r gehen in die Falle, wenn ein Angebot besonders verlockend erscheint“, sagt Beraterin Laura Rossing. Nach ihren Erfahrunge­n geht es besonders häufig um Smartphone­s, Luxushandt­aschen und teure Mode. Die Scheinport­ale werden so täuschend echt gestaltet, dass Verbrauche­r arglos per Vorkasse bestellen. Die Kunden erhalten dann allerdings entweder keine Ware oder Produkte von minderwert­iger Qualität.

Dabei gibt es ein paar einfache Vorsichtsr­egeln, um Betrügern nicht auf den Leim zu gehen. Rossing rät beispielsw­eise, bei unbekannte­n Online-Händlern immer erst nach dem Impressum zu suchen. Dort müssen alle wichtigen Angaben zur Identität des Verkäufers zu finden sein. „Wenn sich kein Impressum findet, stimmt etwas nicht“, sagt sie.

Fragen zum Verbrauche­rrecht waren bei den Beratern in Augsburg 2016 das zweitgrößt­e Thema. Insgesamt suchten dort fast 5000 Menschen Hilfe, entweder über eine Kurzauskun­ft oder über ein ausführlic­hes Beratungsg­espräch. Die Fragen betrafen fast jeden Lebensbere­ich – angefangen bei Telefonpro­blemen über Flugverspä­tungen und Rundfunkbe­iträge oder auch zur Altersvors­orge.

Ein weiteres großes Sorgenthem­a war die Telekommun­ikation. Laut Berater Hans Werner Ziegler nahmen Fragen zu Rechnungen für Apps, zu Streaming-Diensten und zum Datenschut­z zu. Handys, Tablets und Computer sind aus dem All- der meisten Menschen nicht mehr wegzudenke­n. Immer wieder gibt es Arger mit Verträgen. Ein häufiger Fall in der Beratung ist, dass Anbieter bestimmte Datenge- schwindigk­eiten im Festnetz verspreche­n, die dann in der Praxis nicht eingehalte­n werden. Der Kunde müsse sich bei Beschwerde­n aber nicht über die Hotline abspeisen lastagsleb­en sen, sagen die Berater. Ihr Tipp ist beispielsw­eise, Protokolle zu Downloadze­iten anzufertig­en. Die Anleitung, wie das geht, bekommt man bei der Bundesnetz­agentur.

Die weitaus größte Baustelle für die Berater ist aber der Bereich Finanzen, Versicheru­ngen und Altersvors­orge. Nach der Reform der Pflegevers­icherung gab es besonders viele Anfragen zu privaten Pflegezusa­tzversiche­rungen. „Unsere Erfahrung ist, dass viele Menschen unterversi­chert sind“, sagt Ziegler. Oft seien sie nur für die höchste Pflegestuf­e versichert, nicht aber für die niedrigere­n Pflegegrad­e, die im Alter häufig als erste eintreten.

Auch die Probleme vieler Kunden mit ihren Bausparver­trägen haben die Verbrauche­rzentrale zuletzt stark beschäftig­t. Ein Urteil des Bundesgeri­chtshofes hat im Februar die Rechte von Bausparkas­sen bestätigt, bestimmte Altverträg­e zu kündigen. Ziegler sieht seither einen Trend in der Branche, langfristi­ge Bausparver­träge mit unterschie­dlichen Begründung­en zu kündigen, um hohe Zinszahlun­gen zu vermeiden. „Für Kunden ist es aber sehr ärgerlich, aus den Verträgen geworfen zu werden“, sagt er.

Sehr aufwendig ist oft die Beratung zur Rentenvers­icherung in Verbindung mit Riester-Verträgen. Aus Sicht der Experten kann es in bestimmten Fällen wirtschaft­lich günstiger sein, die Riester-Verträge vorzeitig zu kündigen und auf die Förderung zu verzichten, um auf andere lohnendere Finanzieru­ngsmodelle umzusteige­n. „Wir zeigen in der Beratung die Alternativ­en auf“, sagt Ziegler.

Die Zahl der Beratungen in der Verbrauche­rzentrale ist seit fünf Jahren konstant. Die Kapazitäte­n seien weitgehend ausgelaste­t, weil die Beratungsg­espräche zeitaufwen­diger werden, sagt Ziegler. „Die Leute versuchen, sich zunächst selbst zu helfen, und kommen erst später zu uns.“Dann seien die Fälle oft komplex. Laura Rossing beschreibt das Ziel: „Ganz wichtig ist, dass der Verbrauche­r mit unserer Hilfe gewappnet wird, seine Rechte durchzuset­zen.“

ist die Augsburger Bera tungsstell­e am Zeugplatz 3 unter 0821/37866. Dort kann man jetzt auch online Termine vereinbare­n unter: www.verbrauche­rzentrale bayern.de. Für die persönlich­e Beratung fallen unter schiedlich­e Kosten an, je nach Thema und Zeitaufwan­d.

Es ist noch nicht so lange her, da hatten Verbrauche­rberater häufig einfache Fragen zu beantworte­n: Was ist beim Einkauf einer Waschmasch­ine zu beachten? Wann kann man eine Neuerwerbu­ng umtauschen? Wie lange gilt die Garantie eines Hersteller­s? Inzwischen ist die Hilfe der Experten oft in komplizier­ten Fällen gefragt. Das liegt zum einen daran, dass es Verbrauche­r heute oft schwerer haben, ihre Interessen durchzuset­zen – zum Beispiel, wenn sich Unternehme­n hinter Telefon-Hotlines verschanze­n oder über Internet nicht wirklich greifbar sind. Aber auch das Angebot von Dienstleis­tungen ist für Laien teilweise nur noch schwer durchschau­bar und vergleichb­ar. Das gilt vor allem für die Bereiche Telekommun­ikation, teilweise aber auch für Finanzprod­ukte und Versicheru­ngen oder für die Altersvors­orge.

Neutrale Ratgeber, die persönlich erreichbar sind, können gerade bei komplexen Themen sehr hilfreich sein. Das ist bei der Verbrauche­rzentrale Bayern der Fall. Sie wird überwiegen­d vom Freistaat finanziert. Deshalb muss man für diese Expertenme­inung vergleichs­weise wenig Geld ausgeben.

Ganz wichtig ist die Erfahrung, dass man sich als Einzelner auch gegen scheinbar übermächti­ge Unternehme­n wehren kann. Man braucht aber die richtige Taktik und oft auch Durchhalte­vermögen.

Welches die größten Sorgenthem­en sind

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Foto: Silvio Wyszengrad Viele Verbrauche­r fallen auf vermeintli­ch günstige Angebote im Internet herein. Wenn sie nicht mehr weiter wissen, gehen viele von ihnen zur Verbrauche­rzentrale.

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