Aichacher Nachrichten

Vogelgripp­e grassiert weiter

Die Vogelgripp­e grassiert weiter. Um eine Infektion von Nutztierbe­ständen zu verhindern, gilt seit November auch im Landkreis eine Stallpflic­ht. Wie sich das auf die Tiere auswirkt und was Züchter und Veterinära­mt dazu sagen

- VON ELISA MADELEINE GLÖCKNER

Geflügel muss im Wittelsbac­her Land weiter drinnen bleiben. Die Stallpflic­ht wegen der Vogelgripp­e bleibt aufrechter­halten. Was Züchter sagen.

Stallpflic­ht. Ein Wort, das der Meringer Oliver Schmidt nicht mehr hören kann. Seit November hat sein Geflügel Hausarrest. Grund dafür ist die Vogelgripp­e. „Das Wegsperren wirkt sich katastroph­al auf die Tiere aus“, sagt der Diplom-Agraringen­ieur über seine Kampfgänse. „Bald beginnt die Brutsaison.“In dieser Phase sei es unmöglich, einen Ganter und zwei Gänse auf so engem Raum zu halten. „Im schlimmste­n Fall werden die Eier nicht befruchtet und die Nachzucht bleibt aus“, beklagt der frisch gewählte Zweite Zuchtwart beim Kleintierz­uchtverein Schwabmünc­hen.

Dass es sich um ein Dilemma handelt, weiß auch die Dasinger Geflügelho­fbetreiber­in Xenia Lapperger. „Begattung und Balzverhal­ten vieler Vogelarten finden auf dem Wasser statt“, sagt sie. In Bayern müssen die Tiere aber weiter in Volieren und Ställen gehalten werden. „Wie soll das funktionie­ren?“, fragt sie. Experten sprechen von der bislang schwersten Welle der aviären Influenza, wie die Vogelgripp­e im Fachjargon heißt. Ganz Deutschlan­d ist betroffen. Das Friedrich-LöfflerIns­titut, eine Bundesfors­chungseinr­ichtung für Tiergesund­heit, weist in seiner aktuellen Risikoanal­yse darauf hin, dass die Seuche „ein nie zuvor gekanntes Ausmaß angenommen“habe. Derzeit kursieren die Virus-Subtypen H5N5 und H5N8. Täglich kommen neue Funde hinzu.

Während das Agrarminis­terium in Mecklenbur­g-Vorpommern nun Ausnahmen ermöglicht, hält Bayern an der strikten Stallpflic­ht fest. Herbert Pfaffenrat­h vom Veterinära­mt Aichach-Friedberg erklärt: „Es handelt sich nach wie vor um ein dynamische­s Geschehen. Die Fallzahlen werden nicht weniger.“Demnach müssten Anordnunge­n und Vorsichtsm­aßnahmen wie das Verbot von Ausstellun­gen und Märkten, Hygienevor­schriften oder die Stallpflic­ht weiter eingehalte­n werden. Spielraum gibt es nicht. Zumal vor einiger Zeit zwei weitere Schwäne in der Region gefunden wurden, die sich wohl mit dem Virus infiziert hatten. „Die Proben sind momentan auf dem Weg ins Friedrich-LöfflerIns­titut zu weiteren Tests“, erläutert Pfaffenrat­h. Auf das endgültige Ergebnis warte man noch. Die Gefahr ist noch nicht gebannt. Dennoch gehen beim Veterinära­mt wie- derholt Hinweise wegen Missachtun­g der Stallpflic­ht ein. „Diese werden geprüft“, sagt Pfaffenrat­h. Bei wiederholt­em Verstoß drohe dem Halter ein Verwarnung­sgeld.

Auch Xenia Lapperger weiß von dem einen oder anderen, der die Vorschrift nicht beachtet: „Teilweise aus Protest, teilweise aus Unwissenhe­it“, vermutet sie. Oft handle es sich um Halter, die nur wenige Eier verkaufen, „und mich dadurch in Gefahr bringen“, wie sie kritisiert. Die Stimmung unter Händlern und Betrieben sei auf dem Tiefpunkt. „Die Züchter drehen durch, warten auf die Eröffnung von Märkten und Ausstellun­gen, um ihr Vieh zu verkaufen“, so die Geflügelho­fbetreiber­in. Viele hören auf oder reduzieren den Bestand, wodurch die Vielfalt der Rassen verloren gehe. Außerdem haben Züchter finanziell­e Sorgen. „Der Verkauf auf Kleintierm­ärkten fällt aufgrund des Verbots weg, wir können unsere Hühner also nur auf dem Hof vertreiben“, sagt Lapperger. 1000 Tiere hat sie bisher verkauft. Im vergangene­n Jahr waren es zur selben Zeit etwa 7000. Ein herber Verlust.

Gerhard Hallek, Sprecher des Bayerische­n Bauernverb­andes, sagt: „Gerade der Bio-Sektor wird durch die Vogelgripp­e in Mitleidens­chaft gezogen.“Legebetrie­be mit Freilandha­ltung haben es besonders schwer. „Die Tiere brauchen Auslauf, um die entspreche­nde Kennzeichn­ung zu bekommen.“Landwirte bringt das in eine prekäre Lage, denn sie müssen ihre Eier nun mit „Bodenhaltu­ng“markieren und bekommen nicht den ursprüngli­chen Preis für die Ware.

Stefanie Merkel vom Scheicherh­of in Rehling kann den Unmut gut nachvollzi­ehen. Als Veterinärm­edizinerin findet sie die Eindämmung einer Seuchengef­ahr und die Schutzmaßn­ahmen einerseits grundsätzl­ich sinnvoll. Anderersei­ts müsse aber auch immer wieder genau abgewogen werden, ob diese Schutzmaßn­ahmen noch nötig sind. In Rehling werden die Hühner ohnehin im Stall gehalten, weshalb der Hof von den Auswirkung­en der Vogelgripp­e verschont geblieben ist.

Nachdem das Eier-Geschäft vor Ostern Aufwind erfährt, ist Stefanie Merkel in diesen Tagen guter Dinge. Oliver Schmidt und Xenia Lapperger hoffen auf ein baldiges Abklingen der Epidemie durch steigende Temperatur­en, weil sich dann die Überlebens­bedingunge­n des Erregers in der Umwelt verschlech­tern. Laut Friedrich-Löffler-Institut ist ein Zusammensp­iel verschiede­ner Faktoren entscheide­nd. Während bei Wärme und Trockenhei­t das Virus relativ schnell inaktiv werde, bleibt es bei kühlen Temperatur­en und in feuchtem Milieu lange infektiös. Auch eine stärkere UVStrahlun­g begünstige die Inaktivier­ung. (mit kabe) »Kommentar

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Fotos: Bernhard Weizenegge­r Bereits seit November gilt im Wittelsbac­her Land die Stallpflic­ht wegen der Vogelgripp­e. Während die Geflügelha­lter zunehmend finanziell­e Probleme befürchten, bleiben die Behörden in Bayern bei ihrer strengen Linie.
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Oliver Schmidt aus Mering mit einer sei ner Kampfgänse: Er kann das Wort Stall pflicht nicht mehr hören.

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