„Der Ostalbkreis ist keine Drückerkolonne“
Kreistagsausschüsse billigen nachträglich Bündnis zur Anwerbung ausländischer Pflegekräfte
- „Der Ostalbkreis ist nicht als Drückerkolonne im Ausland unterwegs!“Dies hat Landrat Joachim Bläse in der jüngsten öffentlichen Sitzung den Mitgliedern des Gesundheits- und des Jugendhilfeausschusses des Kreistags versichert. Der Grund: In der Diskussion um die Anwerbung von Pflegekräften im Ausland waren die Gremien zwar grundsätzlich dafür, es wurden aber auch Bedenken laut, damit entziehe man anderen Ländern dringend benötigtes Personal und Frauen drohten auf der Ostalb ausgebeutet zu werden. Dem trat Bläse entschieden entgegen.
Er verwies darauf, dass man zusammen mit der zentralen Auslandsvermittlung der Arbeitsagentur auf Partner im Ausland setze, die eben dies verhinderten. Dreimal bekräftigte der Landrat: „Wir sind keine Drückerkolonne!“Dies habe man auch keineswegs unterstellen wollen, hieß es in der gemeinsamen Sitzung der beiden Ausschüsse. Sie billigten nachträglich die Gründung eines Ostalbkreis-Bündnisses zur Rekrutierung ausländischer Pflegefachkräfte, die bereits am 17. Februar erfolgt war. Ihm gehören, wie Verena Weber, die stellvertretende Stabsstellenleiterin Beratung, Planung, Prävention im Landratsamt mitteilte, als beschließende Mitglieder das Landratsamt, die Altenhilfeträger des Ostalbkreises sowie die Kliniken Ostalb an. Hinzu kommen als beratende Mitglieder die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit, die Agentur für Arbeit Aalen, die Pflegeschulen des Ostalbkreises, die Europäische Ausbildungs- und Transferakademie (EATA) sowie das Welcome Center Ostwürttemberg.
Das Bündnis dient, wie Weber weiter mitteilte, dem Austausch, der Träger übergreifenden Vernetzung, der Bündelung von Kompetenzen und Erfahrungen sowie der Lobbyarbeit. Das Bündnis soll zudem als Schnittstelle zum Sozial-, Kultus- und Justizministerium dienen und zielt insgesamt darauf ab, Fachkräfte in der Region zu integrieren, zu unterstützen und langfristig im Ostalbkreis
zu halten. Es sollen jährlich zwei Netzwerktreffen stattfinden. Das Landratsamt ermittelt und benennt demzufolge außerdem Angebotslücken und unterstützt beim Aufbau entsprechender Angebote zu Themen wie Sprachkurse, Wohnraum oder Mobilität. Außerdem ist es Kontaktstelle für die Bündnispartner sowie die ausländischen Pflegekräfte und unterstützt bei Herausforderungen und im Integrationsprozess. Für diese Koordination ist eine 50-Prozent-Stelle vorgesehen. Die Bündnispartner beteiligen sich finanziell. an den Personal- und Sachkosten jeweils entsprechend der Größe der Einrichtungen. Nach derzeitigem Stand beläuft sich der Verwaltung zufolge die finanzielle Beteiligung der Bündnispartner auf
29.000 Euro, der Kreis muss rund 21.000 Euro aufwenden.
Verena Weber wies darauf hin, dass sich die Altersstruktur ändert und dass die Nachfrage nach professioneller Pflege und Unterstützung im Alltag wächst. Qualifiziertes Personal werde zu einer immer wertvolleren Ressource. Neben der Ausbildung und Rekrutierung im Inland müsse man daher verstärkt auf ausländische Pflegekräfte zurückgreifen. Das aber funktioniere nur in einem großen Netz, unterstrich Landrat Joachim Bläse, ein einzelner Träger allein schaffe dies nicht. „Wir brauchen die Kirchen und die Vereine und viele andere mehr.“Nur wenn der Ostalbkreis attraktiv sei, blieben die ausländischen Kräfte.
Es brauche legale Migration und ein Gesamtkonzept für die
Rahmenbedingungen, sagte Kreisrat Peter Högerle (CDU. Wichtig sei jedoch, dass die angeworbenen Kräfte nicht in ihrem Herkunftsland fehlen. Und man solle illegale Migranten nicht abschieben, wenn man sie hier brauchen könne und wenn sie dazu bereit seien. Es gebe aber auch Schattenseiten, sagte Ute Schlipf (Grüne) und berichtete von ausländischen jungen Frauen, die hier im Elend lebten, weil sie kaum über die Runden kämen, von ihrer Familie getrennt seien und diese auch noch finanziell unterstützen müssten. Ein Scheitern in der Ausbildung könnten sie sich erst recht nicht leisten. Also seien sie ausgeliefert.
Das seien bedauerliche Einzelschicksale, sagte der Landrat, aber genau dies wolle man nicht.
Deshalb suche sich der Kreis die entsprechenden Partner, damit dies nicht stattfinde. Das Bündnis sei wichtig, sagte Bernhard Richter (SPD), aber man müsse den Angeworbenen auch Integration und Teilhabe bieten. Sein Fraktionskollege Herbert Hieber verwies auf Menschen, die in der Landeserstaufnahmestelle in Ellwangen untergebracht sind und bei denen man auch rekrutieren könne. Außerdem solle man niemand abschieben, der bereit sei, hier eine Ausbildung zu durchlaufen. Zweimal sei er zum Rechtsbruch aufgefordert worden, schmunzelte der Landrat. Aber auch er wolle nicht, sagte Bläse, dass Menschen wegen ihres Status heimgeschickt würden, obwohl man sie hier brauchen könnte und sie auch dazu bereit wären.