Ein weiterer Flüchtlingsgipfel mit Faeser
Kommunen wollen Zuwanderung zur Chefsache machen – Mehr Anstrengungen bei Abschiebungen gefordert
- Die Kommunen erhöhen den Druck auf die Bundesregierung. Sie fordern mehr Unterstützung bei der Aufgabe, die vielen Flüchtlinge unterzubringen, die im vergangenen Jahr nach Deutschland gekommen sind. Und sie drängen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), die Probleme bei der Versorgung der Menschen zur Chefsache zu machen. Das Bundesinnenministerium reagierte mit der Ankündigung eines zweiten Flüchtlingsgipfels noch im Februar.
„Es fehlt an Wohnungen, an Kitaplätzen, an Lehrern für Schulen und Sprachkurse“, sagte Reinhard Sager (CDU), Präsident des Deutschen Landkreistags und Landrat des Kreises Ostholstein. Auch deshalb vergrößerten sich die gesellschaftlichen Spannungen. Im Jahr 2022 sind nahezu 1,1 Millionen Geflüchtete aus der Ukraine nach Deutschland gekommen, rund 244.000 Menschen aus anderen Ländern haben einen Asylantrag gestellt. „Das ist eine angespannte Lage, das sind sehr, sehr viele Menschen,
die unterzubringen sind“, sagte Maximilian Kall, Sprecher des Innenministeriums, in Berlin.
Der Wunsch der Kommunen, dass Scholz die Migration zu seiner Angelegenheit macht, wird wohl aber nicht erhört werden. Eine Teilnahme des Kanzlers am Flüchtlingsgipfel sei nicht geplant, sagte ein Sprecher der Bundesregierung am Montag.
Die Innenministerin selbst sicherte den Kommunen zu, sie bei dieser Kraftanstrengung nicht allein zu lassen. Diese Aufgabe müssten Bund, Länder und Kommunen gemeinsam stemmen, sagte Nancy Faeser bei einer Veranstaltung der SPD-Bundestagsfraktion. Auch Bauministerin Klara Geywitz (SPD) soll beim nächsten Flüchtlingsgipfel wieder dabei sein, da an vielen Orten Unterkünfte fehlen. Schon im November hatte der Bund Hilfe versprochen. Von den 330 Liegenschaften mit rund 68.000 Plätzen, die den Ländern zur Verfügung gestellt wurden, sind nach Angaben des Ministeriumssprechers Kall 64 Prozent belegt. Zudem stehen hierzulande rund 1,6 Millionen Wohnungen leer, die befinden sich laut Bauministerium vornehmlich im Osten Deutschlands.
Eine der ungelösten Fragen in der Migrationspolitik ist die gerechtere Verteilung von Flüchtlingen auf die Mitgliedsländer der Europäischen Union. Darüber will Faeser am Freitag in Berlin mit EU-Innenkommissarin Ylva Johansson sprechen. Im Vergleich zu den westlichen und südlichen Nachbarn hat Deutschland beispielsweise sehr viel mehr Ukraine-Flüchtlinge aufgenommen. Auch die Abschiebung ausreisepflichtiger Ausländer verspricht Faeser voranzutreiben, insbesondere von „Gefährdern und Straftätern“. Dies will sie über sogenannte Migrationsabkommen erreichen. „Das ist das Mittel der Wahl und nicht andere Verfahren“, so die Ministerin.
Die baden-württembergische Migrationsministerin Marion Gentges (CDU) sieht bei der „Rückführungsoffensive“, die im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien angekündigt wurde, noch Luft nach oben. Es brauche jetzt „konkrete Maßnahmen“, so die Ministerin. Erforderlich seien „effektive Rückführungsabkommen mit wichtigen Herkunftsländern“. Gentges äußerte zudem ihr Unverständnis über die Weigerung Faesers, unkooperative Herkunftsländer mit erschwerten Visa-Bedingungen zu sanktionieren. Es könne nicht sein, dass „ausgerechnet die Bundesinnenministerin sich einem Vorschlag auf EU-Ebene“entgegenstelle, sagte sie auf Anfrage.