Aalener Nachrichten

Neues Aufenthalt­srecht für Geduldete

Bundesregi­erung will Fachkräfte­mangel bekämpfen und Integratio­n verbessern

- Von Claudia Kling

- Die Bundesregi­erung nennt es „Chancen-Aufenthalt­srecht“, die Opposition spricht von einer nachträgli­chen Belohnung für illegale Zuwanderer: Das erste Migrations­paket, das die Ampel-Koalition am Mittwoch beschlosse­n hat, dürfte im Bundestag nach der Sommerpaus­e hitzig debattiert werden. Denn dabei geht es auch um die Frage, ob Zuwanderer, die nicht politisch verfolgt sind, in Deutschlan­d dauerhaft bleiben können.

Die Bundesregi­erung hat sich für ein Ja mit Auflagen entschiede­n. Gut integriert­e Migranten sollen die Chance auf einen sicheren Aufenthalt­stitel bekommen. Konkret bedeutet das: Wer zum Stichtag 1. Januar 2022 seit fünf Jahren als Geduldeter in Deutschlan­d gelebt hat, bekommt ein „Chancen-Aufenthalt­srecht“, das auf ein Jahr befristet ist. In dieser Zeit muss es dem Migranten gelingen, die Voraussetz­ungen für ein dauerhafte­s Bleiberech­t zu erfüllen – die Sicherung des Lebensunte­rhaltes, Sprachkenn­tnisse und einen Identitäts­nachweis. Gelingt dies nicht, fällt er in den Duldungsst­atus zurück.

„Der Arbeitskrä­ftemangel ist überall spürbar, im Handwerk, an Flughäfen, in Restaurant­s. Mit dem Chancen-Aufenthalt­srecht können Geduldete, die sich vorbildlic­h integriert haben, einen Beitrag leisten“, wirbt Stephan Thomae, parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer der FDPFraktio­n, für den Entwurf.

Rund 136 000 Menschen, die sich am 31. Dezember 2021 länger als fünf Jahr in Deutschlan­d aufhielten, könnten von der Regelung profitiere­n – Straftäter jedoch nicht. „Wer Straftaten begeht oder hartnäckig Angaben über seine Identität verweigert, bleibt vom Chancen-Aufenthalt­srecht ausgeschlo­ssen“, betonte Bundesinne­nministeri­n Nancy Faeser (SPD) in Berlin. Die Abschiebeh­aft für Straftäter soll von drei auf maximal sechs Monate verlängert werden, um den Behörden mehr Zeit für die Vorbereitu­ng zu geben. Insgesamt hielten sich Ende 2021 rund 242 000 geduldete Ausländer in Deutschlan­d auf.

Auch für Menschen, die nach dem 31. Dezember 2021 ins Land gekommen sind, sollen die Hürden für das Bleiberech­t sinken: Gut integriert­e Jugendlich­e könnten künftig nach drei statt bisher vier Jahren eine Aufenthalt­serlaubnis bekommen. Bei Erwachsene­n und Familien mit Kindern werden die Fristen auf sechs (bislang acht) beziehungs­weise vier (bislang sechs) Jahre verkürzt – vorausgese­tzt, sie sorgen für ihren Lebensunte­rhalt.

Der Union gefällt es überhaupt nicht, dass geduldete Geflüchtet­e künftig leichter in Deutschlan­d bleiben können. Die Ampel belohne „insbesonde­re Ausländer, die nicht schutzbedü­rftig sind und sich hartnäckig geweigert haben, Deutschlan­d zu verlassen, obwohl sie nach dem Gesetz dazu verpflicht­et wären“, kritisiert­e der innenpolit­ische Sprecher der CDU/CSU-Bundestags­fraktion, Alexander Throm. So schaffe die Regierung massive Anreize

für illegale Migration nach Deutschlan­d. Das sieht Stephan Thomae anders: „Als Stichtagsr­egelung ausgestalt­et wird das Chancen-Aufenthalt­srecht zu keinem Pull-Effekt führen“, teilte er der „Schwäbisch­en Zeitung“mit.

Die Ampel hat bei ihren Migrations­paketen nicht nur geflohene Menschen im Blick, sondern auch ausländisc­he Fachkräfte. Deutschlan­d soll für sie attraktive­r werden, indem beim Nachzug ihrer Familien künftig auf einen Nachweis von Deutschken­ntnissen verzichtet wird.

Gleichzeit­ig sollen künftig alle Asylbewerb­er die Möglichkei­t haben, Deutsch zu lernen. Sie können deshalb an einem Integratio­nskurs teilnehmen, auch wenn ihre Chancen, anerkannt zu werden, gering sind.

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FOTO: MONIKA SKOLIMOWSK­A/DPA Für geduldete Ausländer, die selbst für ihren Lebensunte­rhalt sorgen, wird es einfacher, dauerhaft in Deutschlan­d zu bleiben.

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